⭕ • Harnwegsinfektionen/Harnwegsinfekte (HWI), Zystitis / Blasenentzündung, asymptomatische Bakteriurie
HWI MindMap: Prüfungsvorbereitung für Medizinstudenten & Ärzte. Wichtigstes zu Pathophysiologie, Diagnostik & Therapie kompakt erklärt.
Harnwegsinfektionen (HWI): Ein Überblick
Harnwegsinfektionen (HWI), oft auch als Blasenentzündung oder Zystitis bezeichnet, gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionskrankheiten. Sie stellen eine Infektion der ableitenden Harnwege dar und sind ein sehr häufiger Grund für einen Arztbesuch. Die folgende Zusammenfassung bietet einen Überblick über Epidemiologie, Ursachen, Symptome, Diagnostik und Therapie.
Epidemiologie und Risikofaktoren
Harnwegsinfekte treten besonders häufig bei Frauen auf, was primär durch die kürzere Harnröhre (Urethra) begünstigt wird. Weitere wesentliche Risikofaktoren umfassen:
- Schwangerschaft
- Vorerkrankungen wie Restharnbildung (z.B. durch Prostatavergrößerung), Urolithiasis (Harnsteine) oder vaginale Beschwerden
- Iatrogene Faktoren wie Blasen- oder Doppel-J-Katheter
- Lebensstilfaktoren wie häufiger Geschlechtsverkehr, unzureichende Flüssigkeitszufuhr oder übertriebene Intimhygiene
Ätiologie und Erreger
Die Infektion wird meist durch Bakterien verursacht, die in die Harnwege aufsteigen. Der häufigste Erreger ist mit Abstand:
- Escherichia coli (E. coli), verantwortlich für ca. 80 % der Fälle.
- Weitere gramnegative Erreger wie Klebsiellen und Proteus mirabilis.
- Bei nosokomialen (im Krankenhaus erworbenen) HWI spielen auch Staphylokokken und Enterokokken eine Rolle.
Einteilung von Harnwegsinfektionen
HWI werden nach verschiedenen Kriterien klassifiziert, was für die Wahl der richtigen Therapie entscheidend ist.
Nach Schweregrad und Lokalisation
- Untere HWI (Zystitis): Eine unkomplizierte Infektion, bei der die Symptome auf den unteren Harntrakt beschränkt sind (z.B. Brennen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang). Es liegen keine relevanten anatomischen oder funktionellen Anomalien vor.
- Obere HWI (Pyelonephritis): Eine Nierenbeckenentzündung, die ein schweres Krankheitsbild darstellt. Zusätzlich zu den Zystitis-Symptomen treten hier Fieber (>38°C), Flankenschmerzen und ein klopfschmerzhaftes Nierenlager auf. Eine Pyelonephritis kann zur Urosepsis führen.
Nach Frequenz und Verlauf
- Sporadisch/Akut: Einzeln auftretende Episode.
- Rezidivierend: Definiert als mindestens zwei symptomatische Episoden innerhalb von sechs Monaten oder mindestens drei Episoden innerhalb von zwölf Monaten.
Sonderform: Asymptomatische Bakteriurie
Hierbei handelt es sich um den Nachweis von Bakterien im Urin ohne das Vorliegen von Symptomen. Dies ist oft ein harmloser Routinebefund und wird in den meisten Fällen nicht behandelt.
Symptome und Diagnostik
Typische Symptome einer Zystitis
Die Leitsymptome einer unkomplizierten unteren Harnwegsinfektion sind:
- Algurie/Dysurie: Schmerzen oder Brennen beim Wasserlassen.
- Pollakisurie: Häufiger Harndrang mit Entleerung kleiner Urinmengen.
- Imperativer Harndrang: Plötzlicher, starker Harndrang.
- Gelegentlich suprapubische Schmerzen (Schmerzen über dem Schambein) und eine sichtbare Blutbeimengung im Urin (Makrohämaturie). Fieber und Flankenschmerzen fehlen typischerweise.
Diagnostische Schritte
Die Diagnose stützt sich auf die Anamnese und die Urindiagnostik.
- Urinteststreifen: Ein positiver Nachweis von Nitrit und/oder Leukozyten im Urin erhärtet den Verdacht.
- Urinkultur: Eine Anzüchtung der Erreger ist nicht immer notwendig, aber absolut indiziert bei Verdacht auf Pyelonephritis, bei rezidivierenden HWI, bei Männern, in der Schwangerschaft oder bei komplizierten Verläufen.
Therapie von Harnwegsinfektionen
Allgemeinmaßnahmen
Bei leichten Symptomen können oft schon Allgemeinmaßnahmen Linderung verschaffen:
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr (mindestens 2 Liter täglich)
- Regelmäßige und vollständige Blasenentleerung
- Lokale Wärmeanwendungen (z.B. Wärmflasche)
Antibiotikatherapie
Die Wahl des Antibiotikums richtet sich nach dem Schweregrad, der Lokalisation und Patientengruppe.
Unkomplizierte Zystitis der Frau
Antibiotika der 1. Wahl sind kurzzeitige Therapien mit Substanzen, die eine geringe Resistenzrate aufweisen:
- Fosfomycin: 3 g als Einmalgabe
- Nitrofurantoin: 100 mg zweimal täglich für 5 Tage
- Nitroxolin: 250 mg dreimal täglich für 5 Tage
Fluorchinolone und Cephalosporine sind aufgrund von Nebenwirkungen und Resistenzentwicklung nicht mehr Mittel der ersten Wahl.
Wichtige Therapiegrundsätze für spezielle Gruppen
- Asymptomatische Bakteriurie: Wird in der Regel nicht behandelt, auch nicht bei Schwangeren, Männern oder älteren Patientinnen. Eine Therapie ist nur in Ausnahmesituationen (z.B. vor urologischen Eingriffen) indiziert.
- Harnwegsinfektion bei Männern: Gilt grundsätzlich als komplizierte Infektion, da die Prostata beteiligt sein kann. Die Therapie dauert daher länger (mindestens 7 Tage) und erfordert eine differenzierte Abklärung.
- HWI in der Schwangerschaft: Eine symptomatische HWI muss immer antibiotisch behandelt werden, gefolgt von einer Kontroll-Urinkultur, um das Risiko für Komplikationen wie eine Pyelonephritis zu senken.