Definition der glutensensitiven Enteropathie (Zöliakie)
Die glutensensitive Enteropathie, besser bekannt als Zöliakie, ist eine Autoimmunerkrankung, die durch eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten (Klebereiweiß) ausgelöst wird. Bei Betroffenen führt der Verzehr von Gluten zu einer Aktivierung des Immunsystems, was eine chronische Entzündung und Zerstörung der Dünndarmschleimhaut zur Folge hat. Dies beeinträchtigt die Nährstoffaufnahme und kann zu vielfältigen Symptomen führen.
Epidemiologie
Die Prävalenz der Zöliakie liegt bei etwa 1:100 bis 1:1000, wobei eine hohe Dunkelziffer vermutet wird. Die Erkrankung tritt gehäuft in Nordeuropa auf und kann in jedem Lebensalter diagnostiziert werden, mit einem Altersgipfel der Erstdiagnose um das 40. Lebensjahr.
Ätiologie und Risikogruppen
Zöliakie tritt häufig in Verbindung mit anderen Autoimmunerkrankungen auf. Zu den Risikogruppen gehören Personen mit:
- Diabetes mellitus Typ 1
- Autoimmunthyreoiditis (z.B. Hashimoto-Thyreoiditis)
- Autoimmunhepatitis oder primär biliärer Cholangitis
- Dermatitis herpetiformis Duhring
- Genetischen Syndromen wie dem Down- oder Turner-Syndrom
- Verwandten 1. Grades mit diagnostizierter Zöliakie
Pathogenese
Die Aufnahme von Gluten löst bei genetisch prädisponierten Personen eine Autoimmunreaktion aus. Diese IgA-vermittelte Entzündung im Dünndarm führt zur charakteristischen Schädigung der Darmschleimhaut, insbesondere zur Atrophie der Darmzotten.
Klinische Formen und Symptomatik
Die Zöliakie manifestiert sich in verschiedenen Formen, von der klassischen Form im Säuglingsalter mit gastrointestinalen Symptomen bis hin zu subklinischen oder atypischen Verläufen bei Erwachsenen.
Symptome
Die Symptome sind vielfältig und können gastrointestinale und extraintestinale Beschwerden umfassen:
- Gastrointestinal: Chronischer Durchfall, Blähungen (Trommelbauch), Bauchschmerzen, Appetitlosigkeit und Steatorrhö (Fettstuhl) durch Malabsorption.
- Mangelerscheinungen: Aufgrund der gestörten Nährstoffaufnahme kann es zu einem Mangel an Vitaminen und Mineralstoffen kommen.
- Bei Erwachsenen: Die Symptome sind oft unspezifisch. Ein wichtiges, aber oft übersehenes Anzeichen ist eine ungeklärte Unfruchtbarkeit bei Frauen.
- Extraintestinale Manifestationen: Hautveränderungen wie die Dermatitis herpetiformis Duhring sind möglich.
Diagnostik der Zöliakie
Bei Verdacht auf Zöliakie sollte die Indikation zur Diagnostik großzügig gestellt werden. Ein entscheidender Punkt ist, dass während der gesamten Diagnosephase keine glutenfreie Diät eingehalten werden darf, da sonst die serologischen und histologischen Marker falsch-negativ ausfallen können.
Diagnosesicherung
Die Diagnose stützt sich auf drei Säulen:
- Labordiagnostik: Der Nachweis spezifischer Autoantikörper ist der erste Schritt. Dazu gehören Antikörper gegen Gewebstransglutaminase (tTG-IgA) und Endomysium (EmA-IgA). Gleichzeitig muss das Gesamt-IgA bestimmt werden, um einen selektiven IgA-Mangel auszuschließen, der die Ergebnisse verfälschen würde.
- Dünndarmbiopsie: Die Dünndarmbiopsie gilt als Goldstandard zur Bestätigung der Diagnose bei Erwachsenen. Histologisch zeigen sich charakteristische Veränderungen wie eine Zottenatrophie, Kryptenhyperplasie und eine erhöhte Anzahl intraepithelialer Lymphozyten (klassifiziert nach Marsh).
- Ansprechen auf die Diät: Ein deutliches klinisches Ansprechen auf eine strikt glutenfreie Diät bestätigt die Diagnose und ist Teil des diagnostischen Prozesses.
Therapie
Die einzige wirksame Behandlung der Zöliakie ist eine lebenslange und strikt glutenfreie Diät. Die Erkrankung ist nicht heilbar, jedoch führt die Diät in der Regel zu einer vollständigen Rückbildung der Symptome und zur Regeneration der Darmschleimhaut. Gluten ist in Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel enthalten. Glutenfreie Alternativen sind unter anderem Reis, Mais, Hirse, Buchweizen, Kartoffeln, Obst und Gemüse.
Komplikationen
Wird die Zöliakie nicht oder unzureichend behandelt, besteht ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung maligner T-Zell-Lymphome des Gastrointestinaltrakts. Eine konsequente Diät kann dieses Risiko deutlich senken.