Definition und Ziele der Wundversorgung
Die Begriffe Wundversorgung und Wundbehandlung beschreiben die chirurgische Versorgung von Wunden mit dem Ziel, Wundinfektionen zu verhindern und eine schnellstmögliche sowie funktionsgerechte Wundheilung zu gewährleisten. Das Wundmanagement umfasst darüber hinaus alle Strategien und Abläufe für eine interdisziplinäre Wundbehandlung, insbesondere bei chronischen Wunden, einschließlich einer sorgfältigen (Foto-)Dokumentation.
Allgemeiner Ablauf der Wundversorgung
Der konkrete Ablauf der Wundversorgung ist von mehreren Faktoren abhängig, darunter die Art, Lokalisation, das Alter und der Zustand der Wunde sowie eventuelle Begleitverletzungen und Grunderkrankungen des Patienten. Der allgemeine Prozess folgt jedoch etablierten Schritten:
- Anästhesie: In der Regel wird eine lokale Infiltrationsanästhesie angewendet. Bei Wunden an Fingern und Zehen kommt häufig die Lokalanästhesie nach Oberst zum Einsatz. Große oder komplexe Wunden können eine Allgemein- oder Leitungsanästhesie erfordern.
- Reinigung und Spülung: Die Wunde wird mechanisch von kleinen Fremdkörpern und Schmutz befreit, gegebenenfalls mit einer sterilen Bürste. Anschließend erfolgt eine Wundspülung mit NaCl- oder Ringerlösung.
- Einsatz von Antiseptika: Antiseptische Lösungen wie Polyhexanid oder Octenidin können zur Spülung verwendet werden. Es ist jedoch entscheidend, diese niemals zur Spülung in tieferen Gewebeschichten zu verwenden oder mit Druck zu applizieren. Aufgrund ihrer zytotoxischen Nebenwirkungen besteht sonst eine erhebliche Nekrosegefahr.
- Blutstillung: Eine sorgfältige Blutstillung, bei Bedarf unterstützt durch eine Blutsperre, ist essenziell für eine gute Übersicht der Wundverhältnisse.
- Wunddébridement und Wundexzision: Bei Bedarf wird ein Débridement durchgeführt, um Fremdkörper, nekrotisches oder infiziertes Gewebe zu entfernen. Die Wundexzision (nach Friedrich) bezeichnet das keilförmige Ausschneiden der Wundränder (ca. 2 mm im gesunden Gewebe), um die Perfusion zu verbessern und eine optimale Adaptation für den Wundverschluss zu schaffen.
- Wundverschluss und Verband: Nach der Vorbereitung wird die Wunde verschlossen, ein steriler Verband angelegt und die betroffene Extremität gegebenenfalls ruhiggestellt.
Methoden und Arten des Wundverschlusses
Methoden und Materialien
Für den Wundverschluss stehen verschiedene Techniken zur Verfügung:
- Chirurgische Naht: z.B. Einzelknopfnaht oder Hautklammern
- Wundverschlussstreifen: z.B. Steristrips (Klammerpflaster)
- Gewebekleber: z.B. Fibrin- oder Histoacrylkleber
Arten des Wundverschlusses
- Primärer Wundverschluss (Primärnaht): Dies ist die Methode der Wahl für saubere, frische Wunden mit gut durchbluteten, spannungsfrei adaptierbaren Wundrändern. Der primäre Wundverschluss sollte idealerweise innerhalb von 6–8 Stunden nach der Verletzung erfolgen. Kontraindikationen sind infizierte Wunden wie beispielsweise Bisswunden.
- Verzögert primärer Wundverschluss: Bei schweren Weichteilverletzungen wird die Wunde zunächst offen behandelt und erst nach 1–4 Tagen verschlossen.
- Sekundärer Wundverschluss (Sekundärnaht): Stark verschmutzte, infizierte oder ältere Wunden (> 12 h) werden zunächst offen behandelt, bis sich sauberes Granulationsgewebe gebildet hat. Der Verschluss erfolgt dann ab dem 6. Tag.
- Offene Wundversorgung: Bei hohem Infektionsrisiko (z.B. bei Bisswunden) wird die Wunde bewusst nicht direkt verschlossen, um eine Infektionskontrolle zu ermöglichen.
Versorgung spezieller Wundarten
Riss-, Quetsch- und Platzwunden
Diese Wunden weisen unregelmäßige Ränder und gequetschtes Gewebe auf, was die Nekrosegefahr erhöht. Eine sorgfältige Wundexzision und ein Débridement sind hier besonders wichtig vor dem Verschluss.
Bisswunden
Bisswunden gelten als stark kontaminiert. Die Versorgung umfasst eine gründliche Spülung, Débridement und in der Regel eine offene oder nur partielle Wundversorgung. Eine prophylaktische Antibiose (z.B. mit Amoxicillin/Clavulansäure) ist fast immer indiziert. Zudem muss der Tetanusschutz überprüft und bei Verdacht auf Tollwut eine entsprechende Impfung eingeleitet werden.
Stich-, Schuss- und Pfählungsverletzungen
Bei diesen Verletzungen besteht eine hohe Gefahr für schwere Schäden in der Tiefe. Im Körper steckende Fremdkörper (z.B. Messer, Geschosse) dürfen präklinisch unter keinen Umständen entfernt werden, sondern müssen bis zur definitiven chirurgischen Versorgung belassen werden, um schwere Blutungen zu verhindern.
Traumatische Amputationen
Ziel ist die schnellstmögliche Replantation, die innerhalb von 6–12 Stunden erfolgen sollte. Die korrekte Lagerung des Amputats ist entscheidend: Das Amputat sollte in einem Replantat-Beutel bei 4 °C transportiert werden, wobei ein direkter Kontakt mit dem Kühlmittel (z.B. Eis) unbedingt zu vermeiden ist.