🟠 Wundarten (Schürfwunden/Abschürfungen, Risswunden, Quetschwunden, Platzwunden, Schnittwunden, Bisswunden, Stichwunden, Schusswunden, Pfählungsverletzungen, Handverletzungen, Gesichtsverletzungen,...
Wundarten Mindmap: Prüfungswissen kompakt für Medizinstudierende & Ärzte. Ursachen, Diagnose, Therapie relevanter Wunden effizient lernen.
Schürfwunden (Abschürfungen)
Schürfwunden, auch Abschürfungen genannt, sind oberflächliche Verletzungen. Die Behandlung umfasst die Reinigung und Desinfektion der Wunde, bei Bedarf unter Lokalanästhesie. Während kleine, oberflächliche Wunden oft keiner weiteren Maßnahmen bedürfen, erfordern tiefere und größere Schürfwunden eine sorgfältigere Versorgung.
- Wunddébridement: Bei größeren Wunden kann ein Débridement zur Entfernung von Schmutz und totem Gewebe notwendig sein.
- Sterile Abdeckung: Um ein Verkleben des Verbandes mit der Wunde zu verhindern, werden spezielle Wundauflagen wie Fettgaze, Hydrokolloid-Verbände oder Silikongitter empfohlen. Diese lassen sich beim Verbandswechsel leicht von der Wunde lösen.
Riss-, Quetsch- und Platzwunden
Diese Wundarten zeichnen sich durch unregelmäßige Wundränder und gequetschtes Gewebe aus. Eine wesentliche Komplikation ist die hohe Nekrosegefahr im Bereich der Wundränder. Die Standardversorgung umfasst eine Lokalanästhesie, gefolgt von einem gründlichen Wunddébridement und einer Wundexzision (Wundausschneidung), um avitales Gewebe zu entfernen und eine saubere Basis für den anschließenden Wundverschluss zu schaffen.
Schnittwunden
Schnittwunden haben typischerweise glatte Wundränder. Die erste Priorität ist die Beurteilung der Wundtiefe, um Verletzungen tiefer liegender Strukturen wie Sehnen, Nerven oder Gefäße auszuschließen und diese gegebenenfalls zu versorgen. Die Behandlung richtet sich nach der Größe und dem Zustand der Wunde:
- Kleine Wunden: Können oft mit Wundnahtstreifen (Steristrips) versorgt werden.
- Unkomplizierte Schnittwunden: Werden in der Regel unter Lokalanästhesie (Infiltrationsanästhesie) genäht.
- Wunden mit hohem Infektionsrisiko: Hier sollte auf einen dichten Wundverschluss verzichtet werden, um den Abfluss von Wundsekret zu ermöglichen.
Bisswunden
Bisswunden sind aufgrund der Keimflora im Speichel des beißenden Tieres oder Menschen hochgradig kontaminiert und infektionsgefährdet. Die Versorgung erfordert besondere Maßnahmen:
- Reinigung: Intensive Spülung mit einer antiseptischen Lösung ist essenziell.
- Wundinspektion und Antibiose: Eine gründliche Wundinspektion zur Beurteilung von Tiefenverletzungen sowie eine prophylaktische systemische Antibiose (z.B. mit Amoxicillin/Clavulansäure) sind immer indiziert.
- Chirurgische Versorgung: Meist erfolgen ein Wunddébridement und eine Exzision unter Lokalanästhesie. Der Wundverschluss wird oft nur partiell oder die Wunde zur Infektionsprophylaxe ganz offen gelassen.
- Tollwutprophylaxe: Bei Verdacht auf eine Tollwutinfektion des Tieres (z.B. in tollwutgefährdeten Gebieten oder bei auffälligem Verhalten) muss umgehend eine aktive und passive Tollwut-Immunisierung (Impfung) erfolgen.
Stich-, Schuss- und Pfählungsverletzungen
Bei diesen Verletzungen ist die äußere Wunde oft klein, täuscht aber über das Ausmaß der inneren Schäden hinweg. Es besteht eine hohe Gefahr für schwere Verletzungen in der Tiefe, die lebensbedrohlich sein können. Ein entscheidender Grundsatz der Erstversorgung lautet:
- Fremdkörper belassen: Noch im Körper steckende Fremdkörper (z.B. Messer, Geschossteile, Pfähle) dürfen präklinisch und in der Notaufnahme nicht entfernt werden. Sie müssen bis zur definitiven chirurgischen Versorgung im Operationssaal belassen werden, da sie potenziell große Blutgefäße tamponieren und eine unkontrollierbare Blutung auslösen könnten.
Handverletzungen
Die Hand ist eine komplexe anatomische Struktur. Verletzungen in diesem Bereich können schnell zu schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen führen. Daher sollte die Therapie von Handverletzungen in der Regel in einer Spezialklinik für Handchirurgie erfolgen, um eine optimale Wiederherstellung der Funktion zu gewährleisten.
Gesichtsverletzungen
Wunden im Gesicht haben aufgrund der exzellenten Durchblutung eine gute Heilungstendenz. Dies erlaubt eine Besonderheit in der Versorgung:
- Primärverschluss: Eine primäre Wundversorgung (Naht) ist hier oft auch bei Wunden möglich, die älter als die üblichen 6–8 Stunden sind.
- Spezialisierte Versorgung: Die Behandlung sollte idealerweise in einer Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG) erfolgen. Bei Verletzungen der Augen, Augenlider oder Tränenwege ist eine augenärztliche Vorstellung zwingend erforderlich.
Traumatische Amputationen
Bei traumatischen Amputationen ist das oberste Ziel die erfolgreiche Replantation des abgetrennten Körperteils. Der Faktor Zeit und die korrekte Lagerung des Amputats sind hierbei entscheidend.
- Zeitfenster: Eine Replantation ist nur innerhalb eines engen Zeitfensters von maximal 6–12 Stunden nach dem Unfall möglich.
- Lagerung des Amputats: Das Amputat muss korrekt bei 4 °C in einem speziellen Replantat-Beutel transportiert werden. Ein direkter Kontakt des Gewebes mit dem Kühlmittel (z.B. Eis) muss unbedingt vermieden werden, um Kälteschäden zu verhindern.
- Versorgung: Die Verlegung in eine Spezialklinik mit mikrochirurgischer Expertise ist anzustreben. Bei einer subtotalen Amputation, bei der noch eine Gewebebrücke besteht, darf diese unter keinen Umständen durchtrennt werden.