🟠 • Vitalzeichen, Vitalparameter
Vitalzeichen Mindmap: Herzfrequenz, Atmung, Blutdruck, Temperatur. Essentielles Wissen prüfungsrelevant für Medizinstudium & internationale Ärzte.
Definition und Terminologie der Vitalzeichen
Vitalzeichen, auch Vitalparameter genannt, sind messbare oder beobachtbare Indikatoren für die grundlegenden Vitalfunktionen des Körpers. Obwohl die Begriffe im klinischen Alltag oft synonym verwendet werden, bezeichnen Vitalwerte streng genommen die spezifischen Messwerte der jeweiligen Vitalzeichen. Man unterscheidet zwischen Vitalzeichen erster und zweiter Ordnung.
- Vitalzeichen 1. Ordnung: Bewusstsein (Vigilanz), Atemfrequenz, Puls, Blutdruck und Körpertemperatur.
- Vitalzeichen 2. Ordnung: Bezieht sich ebenfalls auf die Temperatur und weitere Parameter wie die Sauerstoffsättigung.
Bewusstsein (Vigilanz)
Das Bewusstsein, auch als Vigilanz oder Wachheit bezeichnet, ist ein zentrales Vitalzeichen. Es beschreibt den Grad der Ansprechbarkeit eines Patienten und ist von der Orientierung zu unterscheiden.
Bestimmung nach dem AVPU-Schema
Die klinische Beurteilung des Bewusstseinszustands erfolgt häufig nach dem einfachen AVPU-Schema, das den Grad einer Bewusstseinsstörung kategorisiert:
- A (Alert): Der Patient ist wach, orientiert und reagiert auf normale Ansprache (ansprechbar).
- V (Verbal/Voice): Der Patient reagiert nur auf laute Ansprache.
- P (Pain): Der Patient reagiert ausschließlich auf Schmerzreize.
- U (Unresponsive): Der Patient ist bewusstlos und zeigt keinerlei Reaktion (nicht ansprechbar).
Eine detailliertere quantitative Erfassung erfolgt mit der Glasgow Coma Scale (GCS).
Atemfrequenz (AF)
Die Atemfrequenz (AF) ist die Anzahl der Atemzüge pro Minute und das primäre pulmonale Vitalzeichen. Die Messung erfolgt durch Zählen der Atemzüge, idealerweise bei abgelenktem Patienten mittels Auskultation.
Physiologische und pathologische Werte
- Normopnoe: Die normale, physiologische Atemfrequenz bei gesunden Erwachsenen liegt zwischen 8–12 und 20 Atemzügen/min.
- Tachypnoe: Eine pathologisch erhöhte Atemfrequenz von ≥ 20/min. Werte über 35/min deuten auf eine mögliche akute respiratorische Insuffizienz hin.
- Bradypnoe: Eine pathologisch verlangsamte Atemfrequenz von < 8–12/min. Ursachen können Intoxikationen (z.B. mit Opioiden, Benzodiazepinen) oder ein Coma diabeticum sein.
Herzfrequenz (HF)
Die Herzfrequenz (HF) gibt die Anzahl der Ventrikelkontraktionen pro Minute an. Der Referenzbereich für Erwachsene (Normofrequenz) liegt zwischen 50 und 100 Schlägen pro Minute.
Pathologie: Bradykardie
Eine Bradykardie ist eine pathologisch verlangsamte Herzfrequenz von unter 50–60 Schlägen/min bei Erwachsenen (bei Leistungssportlern kann der Wert physiologisch niedriger sein).
- Ursachen: Zu den häufigsten Ursachen zählen eine verminderte Sinusknotenfrequenz (Sinusbradykardie) durch kardiale Ischämie, Hypoxie, Hypothyreose oder Medikamente (z.B. Betablocker, Kalziumantagonisten). Auch Erregungsleitungsstörungen wie ein AV-Block können ursächlich sein.
- Symptome: Eine zerebrale Minderperfusion kann zu Schwindel und Synkopen (Bewusstseinsverlust) führen.
- Therapie (Notfall): Bei einer instabilen Bradykardie ist Atropin (0,5–1 mg i.v.) die erste Wahl. Bei unzureichender Wirkung können Katecholamine oder eine Schrittmachertherapie notwendig werden.
Blutdruck (RR)
Der Blutdruck ist der Druck, den das Blut auf die Gefäßwände der Arterien ausübt. Er wird in mmHg angegeben und in einen systolischen (oberen) und diastolischen (unteren) Wert unterteilt. Der Normbereich liegt bei 100–140 mmHg systolisch und 60–90 mmHg diastolisch.
Messung und Fehlerquellen
Die klassische Messung erfolgt auskultatorisch nach Riva-Rocci. Dabei wird eine Manschette am Oberarm aufgepumpt und der Druck langsam abgelassen, während mit dem Stethoskop die Korotkow-Geräusche abgehört werden. Häufige Fehlerquellen sind eine zu schmale Manschette (führt zu falsch hohen Werten) oder eine "auskultatorische Lücke", bei der die Geräusche temporär verschwinden (Gefahr falsch niedriger systolischer Werte).
Pathologische Befunde
- Arterielle Hypertonie/Hypotonie: Dauerhaft zu hohe bzw. zu niedrige Blutdruckwerte.
- Blutdruckdifferenz: Eine Seitendifferenz von > 15–20 mmHg zwischen beiden Armen kann ein Hinweis auf eine Aortenstenose, Aortendissektion oder ein Aortenbogensyndrom sein.
- Erhöhte Blutdruckamplitude: Eine große Differenz zwischen systolischem und diastolischem Wert ist typisch für eine Aortenklappeninsuffizienz.
Körpertemperatur
Die Körperkerntemperatur wird in Grad Celsius (°C) gemessen. Der Normalbereich (Normothermie) liegt bei etwa 36,4–37,2 °C (oral gemessen).
Pathologie: Fieber, Hyperthermie und Hypothermie
- Fieber (Pyrexie): Eine Erhöhung der Körperkerntemperatur durch eine Sollwertverstellung im Hypothalamus, meist als Reaktion auf eine Entzündung. Man unterscheidet subfebrile Temperaturen (37,1–37,9 °C), mäßiges Fieber (38,0–38,4 °C) und hohes Fieber (ab 38,5 °C).
- Hyperthermie: Ein Anstieg der Körpertemperatur ohne Sollwertverstellung, z.B. durch Hitzschlag oder Medikamente. Im Gegensatz zum Fieber ist die Wärmeregulation des Körpers hierbei überfordert.
- Hypothermie: Eine Körperkerntemperatur von ≤ 36 °C. Im EKG können typische J-Wellen (Osborn-Wellen) sichtbar sein.
Sauerstoffsättigung (sO2)
Die Sauerstoffsättigung gibt den prozentualen Anteil des mit Sauerstoff beladenen Hämoglobins am Gesamthämoglobin an. Sie ist ein wichtiger Indikator für die Oxygenierung.
- Messung: Die SpO2 wird nicht-invasiv mittels Pulsoxymetrie gemessen und entspricht meist der arteriellen Sättigung. Die SaO2 wird exakt in einer arteriellen Blutprobe bestimmt.
- Referenzbereich: Die arterielle Sauerstoffsättigung sollte bei Raumluft zwischen 94 % und 97 % liegen.