Terminologie und Definition
Infektionen mit dem Varizella-Zoster-Virus (VZV), auch Humanes Herpesvirus 3 (HHV-3) genannt, manifestieren sich in zwei unterschiedlichen Krankheitsbildern. Die Varizellen, umgangssprachlich als Windpocken bekannt, stellen die akute, hochansteckende Primärinfektion dar. Der Herpes zoster, auch Gürtelrose genannt, ist hingegen die Folge einer Reaktivierung des latent im Körper verbliebenen Virus.
Epidemiologie und Infektiologie
Varizellen (Windpocken)
Varizellen sind eine typische Kinderkrankheit, die als Erstinfektion mit dem VZV auftritt. Die Übertragung erfolgt primär über Tröpfcheninfektion, aber auch durch direkten Kontakt mit dem infektiösen Bläscheninhalt.
Herpes zoster (Gürtelrose)
Der Herpes zoster tritt typischerweise im Erwachsenenalter auf und resultiert aus der Reaktivierung latenter Viren aus den Spinalganglien. Wichtig für die Ansteckung ist, dass nur die Flüssigkeit der Zoster-Bläschen infektiös ist. Der Kontakt mit dieser Flüssigkeit kann bei Personen ohne bestehende Immunität Varizellen (Windpocken) auslösen, jedoch nicht direkt einen Herpes zoster. Getrocknete Krusten sind nicht mehr ansteckend.
Symptomatik und klinisches Bild
Symptome bei Varizellen
Nach einer möglichen Prodromalphase mit Fieber, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen beginnt der charakteristische Hautausschlag. Initial zeigen sich die Effloreszenzen meist am Stamm und im Gesicht, begleitet von starkem Juckreiz. Später breitet sich der Ausschlag zentrifugal über den gesamten Körper aus, wobei typischerweise auch die behaarte Kopfhaut und gelegentlich Schleimhäute (z.B. in der Mundhöhle) befallen sind.
Symptome bei Herpes zoster
Auch hier kann eine Prodromalphase mit Fieber und Abgeschlagenheit auftreten. Charakteristisch sind jedoch initial auftretende Missempfindungen und Schmerzen im betroffenen Hautareal, noch bevor Hautveränderungen sichtbar werden. Später entwickeln sich starke, brennende oder stechende Schmerzen und die typischen Effloreszenzen in dem betroffenen Dermatom.
Diagnostik
Diagnostik bei Varizellen
Die Diagnose erfolgt in der Regel als Blickdiagnose anhand des charakteristischen Hautbildes. Das klinische Leitbild ist der sogenannte "Sternenhimmel" (auch Heubnersche Sternenkarte), bei dem verschiedene Effloreszenzen – Maculae, Papeln, mit heller Flüssigkeit gefüllte Bläschen und Krusten – gleichzeitig in unterschiedlichen Entwicklungsstadien vorliegen. Dies entsteht durch den schubweisen Verlauf der Erkrankung.
Diagnostik bei Herpes zoster
Auch die Gürtelrose ist meist eine klinische Diagnose. entscheidend ist der charakteristische Befund von gruppierten Bläschen (Vesikeln) auf gerötetem Grund, die sich streng einseitig und segmental in einem oder mehreren benachbarten Dermatomen ausbreiten.
Therapie
Therapie der Varizellen
Bei unkomplizierten Verläufen, insbesondere bei Kindern, erfolgt eine rein symptomatische Behandlung mit juckreizstillenden Maßnahmen, Fiebersenkung und lokalen Antiseptika zur Vermeidung bakterieller Superinfektionen.
Eine antivirale Therapie mit Aciclovir ist bei Risikopatienten indiziert. Dazu gehören:
- Patienten mit Immunsuppression
- Neugeborene mit neonatalen Varizellen
- Schwangere
- Erwachsene, da bei ihnen das Komplikationsrisiko höher ist
Therapie des Herpes zoster
Die Behandlung des Herpes zoster stützt sich auf zwei Säulen:
- Adäquate und frühzeitige Analgesie: Zur Linderung der akuten Schmerzen und zur Prävention der postherpetischen Neuralgie. Bei starken Schmerzen können Opioide erforderlich sein.
- Antivirale Therapie: Diese sollte so früh wie möglich begonnen werden. Indikationen sind u.a. ein Alter über 50 Jahre, ein Befall im Kopf-Hals-Bereich, starke Schmerzen oder eine bestehende Immunsuppression. Eingesetzt werden Virostatika wie Aciclovir, Valaciclovir oder Famciclovir, bei schweren Verläufen wird Aciclovir intravenös verabreicht.
Komplikationen
Zu den möglichen Komplikationen beider Erkrankungen gehören bakterielle Sekundärinfektionen der Hautläsionen. Seltener können systemische Komplikationen wie eine Zerebellitis (Entzündung des Kleinhirns) oder eine Myokarditis auftreten. Die gefürchtetste Langzeitkomplikation des Herpes zoster ist die postherpetische Neuralgie (Post-Zoster-Neuralgie), bei der die Schmerzen über Monate bis Jahre nach Abheilen des Hautausschlags anhalten können.