Definition der Unterarmschaftfraktur
Eine Unterarmschaftfraktur ist ein Knochenbruch im Bereich der Diaphyse (Schaft) des Radius (Speiche), der Ulna (Elle) oder beider Unterarmknochen. Diese Verletzung tritt häufig bei Kindern auf, ist bei Erwachsenen jedoch seltener.
Einteilung der Unterarmschaftfrakturen
Unterarmschaftfrakturen werden nach den beteiligten Knochen und dem Verletzungsmuster klassifiziert. Man unterscheidet isolierte Frakturen, komplette Frakturen beider Knochen sowie komplexe Luxationsfrakturen.
Isolierte und komplette Frakturen
- Isolierte Fraktur: Nur ein Knochen ist gebrochen. Eine isolierte Ulnafraktur wird oft als "Parierfraktur" bezeichnet, da sie typischerweise durch eine Abwehrbewegung zum Schutz des Kopfes entsteht.
- Komplette Unterarmschaftfraktur: Beide Unterarmknochen (Radius und Ulna) sind gebrochen. Dies ist die häufigste Form und macht etwa 60 % der Fälle aus.
Sonderformen: Luxationsfrakturen
Luxationsfrakturen sind komplexe Verletzungen, bei denen ein Knochenbruch mit der Ausrenkung (Luxation) eines Gelenks kombiniert ist. Diese erfordern besondere Aufmerksamkeit in Diagnostik und Therapie.
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Monteggia-Verletzung: Dies ist die häufigste Luxationsfraktur des Unterarms. Sie ist definiert als eine Kombination aus einer Ulnaschaftfraktur und einer Luxation des Radiusköpfchens am Ellenbogen.
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Galeazzi-Läsion (Galeazzi-Fraktur): Diese Verletzung betrifft den distalen (handgelenksnahen) Unterarm. Sie besteht aus einer Radiusschaftfraktur in Kombination mit einer Luxation des Ulnaköpfchens im distalen Radioulnargelenk (DRUG). Häufig ist dabei auch die Membrana interossea, eine bindegewebige Membran zwischen den Knochen, gerissen.
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Essex-Lopresti-Läsion: Eine seltene, aber schwere Verletzung, die meist durch ein Hochrasanztrauma (z.B. Sturz aus großer Höhe) entsteht. Sie umfasst eine Radiusköpfchenfraktur, eine vollständige Zerreißung der Membrana interossea über die gesamte Länge des Unterarms und eine Luxation im distalen Radioulnargelenk.
Diagnostik
Die Diagnose wird durch eine klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren gesichert. Entscheidend ist die umfassende Beurteilung, um Begleitverletzungen nicht zu übersehen.
- Klinische Untersuchung: Neben den typischen Frakturzeichen wird der gesamte Arm untersucht, insbesondere die angrenzenden Gelenke (Ellenbogen und Handgelenk), um Luxationen zu erkennen.
- Röntgen: Zur Diagnosesicherung ist eine Röntgenaufnahme des gesamten Unterarms in zwei Ebenen (a.p. und seitlich) erforderlich. Wichtig ist dabei der Einschluss des Ellenbogen- und des Handgelenks, um Luxationsfrakturen wie die Monteggia- oder Galeazzi-Verletzung sicher zu diagnostizieren.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach dem Frakturtyp, dem Alter des Patienten und dem Ausmaß der Fehlstellung (Dislokation).
Konservative Therapie
Eine konservative Behandlung mittels Gipsruhigstellung ist nur in seltenen Fällen indiziert, beispielsweise bei unverschobenen oder nur gering dislozierten Frakturen wie der kindlichen Grünholzfraktur.
Operative Therapie
Bei Erwachsenen ist die operative Versorgung der Standard. Die Plattenosteosynthese gilt hier als Methode der Wahl. Die wichtigsten Indikationen für eine Operation sind:
- Stark dislozierte Frakturen
- Komplette Frakturen beider Unterarmknochen
- Alle Luxationsfrakturen (Monteggia, Galeazzi, Essex-Lopresti)
- Offene Frakturen oder solche mit erheblichem Weichteilschaden
Bei Kindern wird häufig eine schonendere intramedulläre Nagelung (ESIN) angewendet.
Komplikationen
Die gefährlichste akute Komplikation ist das Kompartmentsyndrom, ein medizinischer Notfall, der durch eine Druckerhöhung in den Muskellogen des Unterarms entsteht und zu bleibenden Nerven- und Muskelschäden führen kann.