Erreger und Pathophysiologie der Tuberkulose
Die Tuberkulose (TB, Tbc) ist eine Infektionskrankheit, die durch das Mycobacterium tuberculosis, ein säurefestes Stäbchenbakterium, verursacht wird. Die Übertragung erfolgt primär aerogen durch Tröpfcheninfektion. Nach der Erstinfektion bildet sich in der Lunge der sogenannte Primärkomplex (Ghon-Herd und befallene Lymphknoten), was als Primärtuberkulose bezeichnet wird. Diese Form ist in der Regel eine geschlossene Tuberkulose und somit nicht ansteckend. Nach einer Latenzphase kann es zur Reaktivierung kommen (postprimäre Tuberkulose), die häufig zu einer offenen, infektiösen Lungentuberkulose führt.
Einteilung nach Infektiosität
- Offene Tuberkulose: Erreger sind im Sputum nachweisbar, der Patient ist infektiös.
- Geschlossene Tuberkulose: Erreger sind im Sputum nicht nachweisbar, der Patient ist nicht infektiös.
Symptome und klinisches Bild
Die Symptomatik der Tuberkulose kann unspezifisch sein. Zu den Allgemeinsymptomen zählen Fieber, Nachtschweiß und ungewollter Gewichtsverlust (B-Symptomatik) sowie Abgeschlagenheit und Inappetenz.
Leitsymptom Husten
Das Leitsymptom der Lungentuberkulose ist chronischer Husten, mit oder ohne Auswurf. Bei jedem über drei Wochen andauernden, therapieresistenten Husten muss differenzialdiagnostisch an eine Tuberkulose gedacht werden. Selten können auch Hämoptysen (Bluthusten) auftreten. Bei Kindern verläuft die Infektion in etwa 50 % der Fälle asymptomatisch oder äußert sich lediglich durch eine Gedeihstörung.
Diagnostik der Tuberkulose
Die Diagnostik stützt sich auf Anamnese (insb. Reiseanamnese), klinisches Bild, bildgebende Verfahren und den direkten oder indirekten Erregernachweis.
Bildgebende Verfahren
Das primäre bildgebende Verfahren ist der Röntgenthorax. Bei unklaren Befunden oder zur Beurteilung von Komplikationen und Aktivität wird eine Computertomographie (CT) des Thorax durchgeführt. Ein MRT kann zur Abklärung einer extrapulmonalen Tuberkulose indiziert sein.
Mikrobiologischer und immunologischer Nachweis
Der Goldstandard zur Sicherung der Diagnose ist der Erregernachweis aus Untersuchungsmaterial wie Sputum, Magensaft oder Bronchialsekret.
- Mikroskopie: Mittels Ziehl-Neelsen-Färbung können säurefeste Stäbchen nachgewiesen werden.
- Kultur: Ermöglicht die genaue Speziesbestimmung und eine phänotypische Resistenztestung.
- Nukleinsäureamplifikationstests (NAT/PCR): Dienen dem schnellen Nachweis und der molekularen Resistenztestung.
- IGRA (Interferon-Gamma-Release-Assay): Dies ist der derzeit sensitivste und spezifischste immunologische Test. Er zeigt keine Kreuzreaktion nach einer BCG-Impfung.
- Tuberkulin-Hauttest (THT): Ein intrakutaner Test, der nach BCG-Impfung falsch-positiv ausfallen kann. Ein negatives Ergebnis schließt eine aktive Tbc nicht aus.
Vor Beginn jeder Tuberkulose-Therapie ist eine HIV-Serologie obligatorisch. Eine Hepatitis-Serologie wird ebenfalls empfohlen.
Therapie der Tuberkulose
Die Behandlung der Tuberkulose erfolgt mit einer Mehrfachkombination von speziellen Antibiotika, den sogenannten Tuberkulostatika, über mehrere Monate.
Standardtherapie
Die Standardtherapie dauert mindestens sechs Monate. Sie gliedert sich in:
- Initialphase (2 Monate): Eine Vierfachkombination aus Isoniazid (INH), Rifampicin (RMP), Pyrazinamid (PZA) und Ethambutol (EMB).
- Kontinuitätsphase (4 Monate): Eine Zweifachkombination aus Isoniazid (INH) und Rifampicin (RMP).
Wichtige Tuberkulostatika und Nebenwirkungen
- Isoniazid (INH): Kann eine periphere Polyneuropathie verursachen.
- Rifampicin (RMP): Bekannt für seine Hepatotoxizität.
- Ethambutol (EMB): Kann eine Optikusneuritis auslösen, weshalb regelmäßige augenärztliche Kontrollen zwingend erforderlich sind.
- Pyrazinamid (PZA)
- Streptomycin (SM): Wirkt oto- und nephrotoxisch.
Management und Isolation
Bei Verdacht auf eine offene Lungentuberkulose ist eine sofortige Isolation des Patienten erforderlich. Die Isolation wird erst nach drei aufeinanderfolgenden negativen Sputumproben aufgehoben. Engmaschige Umgebungsuntersuchungen bei Kontaktpersonen sind essenziell.
Meldepflicht
Für die Tuberkulose besteht in Deutschland eine umfassende namentliche Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz (IfSG). Meldepflichtig sind die Erkrankung, der Tod, der Beginn einer Therapie, die Verweigerung oder der Abbruch einer Behandlung sowie jeder mikrobiologische oder molekularbiologische Nachweis von M. tuberculosis inklusive der Ergebnisse der Resistenztestung.