Definition und Terminologie des Typ-1-Diabetes
Der Diabetes mellitus Typ 1, auch als Typ-1-Diabetes bekannt (die veraltete Bezeichnung "juveniler Diabetes" sollte vermieden werden), ist eine Form des Diabetes, die durch eine Zerstörung der insulinproduzierenden β-Zellen in den Langerhans-Inseln des Pankreas verursacht wird. Dies führt zu einem absoluten Insulinmangel. Die Erkrankung manifestiert sich häufig im Kindes- oder Jugendalter, kann aber in jedem Lebensalter auftreten. Aufgrund der autoimmunen Zerstörung der Betazellen müssen Betroffene lebenslang Insulin spritzen, um den Blutzuckerspiegel zu regulieren.
Ätiologie und Pathogenese
Die Entstehung des Typ-1-Diabetes ist multifaktoriell und basiert auf einer Kombination aus genetischer Prädisposition und Umweltfaktoren. Eine familiäre Häufung und die Assoziation mit bestimmten HLA-Allelen (insbesondere HLA-DR3/4) weisen auf die erbliche Komponente hin. Als auslösende Umweltfaktoren werden virale Infektionen und Toxine diskutiert, die Studienlage ist jedoch unklar.
Phasen der Krankheitsentwicklung
Die Pathogenese verläuft typischerweise in Phasen:
- Prädiabetische Phase: Nach einem initialen Trigger beginnt bei genetisch veranlagten Personen eine autoimmune Zerstörung der β-Zellen (Autoimmuninsulitis). In dieser Phase sind bereits Autoantikörper nachweisbar, während die Symptome noch fehlen.
- Klinische Manifestation: Symptome treten auf, wenn bereits 80-90 % der β-Zellen zerstört sind und ein manifester, absoluter Insulinmangel vorliegt.
- Remissionsphase ("Honeymoon-Phase"): Nach Beginn der Insulintherapie kann es zu einer vorübergehenden Erholung der restlichen β-Zellen kommen, was den Insulinbedarf temporär senkt.
Symptomatik bei Erstmanifestation
Die Erstmanifestation des Typ-1-Diabetes verläuft oft rasch und dramatisch mit einem akuten Krankheitsbild. Zu den Leitsymptomen gehören:
- Starke Polydipsie (übermäßiger Durst)
- Ausgeprägte Polyurie (häufiges Wasserlassen)
- Unerklärlicher und schneller Gewichtsverlust
- Leistungsminderung und starke Müdigkeit
- Inappetenz
- Häufig entwickelt sich eine diabetische Ketoazidose (DKA), die ein medizinischer Notfall ist und bis zum ketoazidotischen Koma führen kann. Anzeichen hierfür können heftige Bauchschmerzen (Pseudoperitonitis diabetica) sein.
Weitere mögliche Symptome umfassen passagere Sehstörungen, nächtliche Wadenkrämpfe durch Kaliummangel und eine erhöhte Anfälligkeit für Hautinfektionen.
Diagnostik
Die Diagnose stützt sich auf die typischen Symptome und die Messung der Blutzuckerwerte. Während die Diagnose bei Kindern oft eindeutig ist, kann sie bei Erwachsenen schwieriger sein und eine Abgrenzung zu anderen Diabetesformen erfordern. Eine frühe Diagnose ist entscheidend, um eine schwere Ketoazidose und deren neurologische Spätfolgen zu verhindern.
Therapie des Typ-1-Diabetes
Insulintherapie
Die Insulintherapie ist bei Diabetes mellitus Typ 1 immer und ausnahmslos indiziert, da ein absoluter Mangel an körpereigenem Insulin besteht. Die Behandlung erfordert eine sorgfältige und engmaschige Blutzuckerselbstkontrolle. Die Ersteinstellung erfolgt in der Regel stationär, verbunden mit einer umfassenden Patientenschulung. Viele Patienten nutzen heute eine Insulinpumpentherapie (CSII) für eine flexible und präzise Insulinabgabe.
Therapieziele und HbA1c-Wert
Das primäre Ziel ist die Vermeidung von akuten Komplikationen (Hypo- und Hyperglykämien) und diabetischen Folgeerkrankungen. Der HbA1c-Zielwert wird individuell festgelegt.
- Für die meisten Erwachsenen wird ein HbA1c-Zielwert von ≤ 7,5 % (≤ 58 mmol/mol) angestrebt.
- Bei geringem Hypoglykämierisiko kann ein strengerer Zielwert von ≤ 6,5 % (≤ 48 mmol/mol) sinnvoll sein.
- Bei Patienten mit häufigen schweren Hypoglykämien kann das Ziel auf ≤ 8,5 % (≤ 68 mmol/mol) angepasst werden.
Akute Komplikationen
Die Hauptkomplikationen, die im Rahmen der Therapie und des Krankheitsverlaufs auftreten können, sind:
- Hypoglykämien (Unterzuckerungen): Oft durch die Insulintherapie verursacht.
- Diabetische Ketoazidose (DKA): Eine schwere Stoffwechselentgleisung bei absolutem Insulinmangel.