Definition und Aufbau eines Herzschrittmachers
Ein Herzschrittmacher (HSM), auch Schrittmacher (SM) genannt, ist ein medizinisches Gerät, das elektrische Impulse erzeugt, um den Herzmuskel über implantierte Elektroden zu stimulieren. Seine Hauptfunktionen sind die Regulierung, Kontrolle und Messung des Herzrhythmus sowie die Unterdrückung (Inhibition) von krankhaften Herzaktionen.
Bestandteile des Systems
- Aggregat: Dies ist die eigentliche Geräteeinheit, ein elektronischer Impulsgenerator, der die Batterie und die Steuerungselektronik enthält. Es wird meist subkutan oder submuskulär implantiert.
- Elektroden (Sonden): Dies sind dünne, isolierte Kabel, die das Aggregat mit dem Herzen verbinden. Sie detektieren die herzeigene elektrische Aktivität und leiten bei Bedarf stimulierende Impulse an den Herzmuskel weiter.
Typisierung: Der NBG-Schrittmachercode
Die Funktion eines Herzschrittmachers wird international durch den NBG-Code (NASPE/BPEG Generic Code) beschrieben. Dieser besteht aus drei bis fünf Buchstaben, wobei die ersten drei die grundlegende Funktion definieren:
- 1. Buchstabe (Ort der Stimulation): Gibt an, wo der Impuls abgegeben wird. (A = Atrium/Vorhof, V = Ventrikel/Kammer, D = Dual, also Vorhof und Kammer).
- 2. Buchstabe (Ort der Detektion): Gibt an, wo die Eigenaktivität des Herzens wahrgenommen wird. (A, V oder D).
- 3. Buchstabe (Funktionsweise): Beschreibt die Reaktion des Schrittmachers auf eine wahrgenommene Eigenaktion. (I = Inhibiert, d.h. der Schrittmacher unterdrückt seinen Impuls; T = Getriggert, d.h. eine Eigenaktion löst einen Impuls aus; D = Dual, also beides ist möglich).
- 4. Buchstabe (Optional): R steht für Frequenzadaptation (Rate Modulation), bei der die Schrittmacherfrequenz an körperliche Belastung angepasst wird.
Herzschrittmacher-Systeme und ihre Indikationen
Einkammerschrittmacher (AAI, VVI)
Diese Systeme verwenden nur eine Elektrode, die entweder im Vorhof (AAI) oder in der Herzkammer (VVI) platziert wird.
- AAI-System (Vorhofdemandschrittmacher): Stimuliert und detektiert im rechten Vorhof. Indiziert bei Sinusknotenstörungen mit intakter AV-Überleitung. Der Vorteil ist der Erhalt der AV-Synchronizität.
- VVI-System (Ventrikeldemandschrittmacher): Stimuliert und detektiert im rechten Ventrikel. Eine häufige Indikation ist eine Bradyarrhythmie bei Vorhofflimmern. Ein wesentlicher Nachteil ist die fehlende AV-Synchronizität, was das Risiko für ein Schrittmachersyndrom erhöht.
Zweikammerschrittmacher (DDD)
Dies ist das heute am häufigsten implantierte System. Es besitzt je eine Elektrode im rechten Vorhof und im rechten Ventrikel. Es ermöglicht eine AV-sequenzielle Stimulation, die der physiologischen Herzaktion am nächsten kommt. DDD-Schrittmacher sind vielseitig einsetzbar, insbesondere bei AV-Blockierungen II. und III. Grades sowie beim Sinusknoten-Syndrom.
Dreikammer-Schrittmacher (CRT-Systeme)
Systeme zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT), auch biventrikuläre Schrittmacher genannt, verwenden drei Elektroden: im rechten Vorhof, im rechten Ventrikel und über den Sinus coronarius zur Stimulation des linken Ventrikels. Hauptindikationen sind eine höhergradige, symptomatische Herzinsuffizienz in Kombination mit einem kompletten Linksschenkelblock und einer desynchronisierten linksventrikulären Kontraktion.
Implantierbarer Kardioverter-Defibrillator (ICD)
Ein ICD ist kein klassischer Herzschrittmacher zur Dauerstimulation. Seine Hauptfunktion ist die Abgabe eines starken elektrischen Schocks zur Beendigung lebensbedrohlicher Rhythmusstörungen wie ventrikulärer Tachykardien oder Kammerflimmern. Er dient der Prävention des plötzlichen Herztodes, z.B. bei Patienten mit Brugada-Syndrom. Moderne Geräte kombinieren oft ICD- und Schrittmacherfunktionen (z.B. CRT-D).
Schrittmacherimplantation und Nachsorge
Die Implantation erfolgt in der Regel in Lokalanästhesie. Das Aggregat wird in einer sogenannten "Schrittmachertasche" unter der Haut oder dem Brustmuskel platziert. Die korrekte Lage der Elektroden und des Aggregats wird mittels Röntgenthorax kontrolliert. Nach dem Eingriff sind regelmäßige Kontrollen zur Überprüfung der Funktion und Batterielebensdauer notwendig.
Patienten erhalten einen Schrittmacherausweis mit allen wichtigen technischen Informationen über das implantierte System. Dieses Dokument sollte stets mitgeführt werden, um im Notfall oder bei ärztlichen Untersuchungen schnellen Zugriff auf die Gerätedaten zu ermöglichen.
Mögliche Komplikationen
Schrittmachersyndrom
Das Schrittmachersyndrom entsteht durch eine unphysiologische Stimulation, die zu einer Konkurrenz zwischen der Eigenaktion des Herzens und den Impulsen des Schrittmachers führt. Dies resultiert in einem verminderten Herzzeitvolumen. Es tritt vor allem bei VVI-Systemen mit erhaltenem Sinusrhythmus auf. Typische Symptome sind Palpitationen, Schwindel und Bewusstseinsstörungen.
Weitere Komplikationen
- Venenthrombosen durch die Elektroden
- Elektrodendislokation oder Elektrodenbruch
- Irritationen oder Infektionen der Schrittmachertasche