Funktion des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS)
Das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, abgekürzt RAAS, ist ein fundamentaler hormoneller Regelkreis, der für die Regulation des Blutdrucks und des Flüssigkeitshaushalts im Körper verantwortlich ist.
Physiologie und Kaskade des RAAS
Die Aktivierung des Systems wird hauptsächlich durch einen Abfall des Blutdrucks ausgelöst, der von Barorezeptoren im Aortenbogen und Karotissinus wahrgenommen wird. Die physiologische Kaskade läuft in mehreren Schritten ab.
1. Freisetzung von Renin
Renin ist ein Enzym (eine Aspartatprotease), das als Prorenin in den juxtaglomerulären Zellen der Nieren gespeichert wird. Die Sekretion von Renin wird durch spezifische Auslöser stimuliert:
- Ein Abfall des renalen Perfusionsdrucks auf unter 70 mmHg, wie er bei Hypovolämie oder einer Nierenarterienstenose auftritt.
- Eine Aktivierung des Sympathikus, die zur Stimulation von β1-Rezeptoren am juxtaglomerulären Apparat führt.
- Eine Hyponatriämie (niedrige Natriumkonzentration im Blut).
2. Umwandlung zu Angiotensin II
Sobald Renin freigesetzt ist, startet eine enzymatische Kaskade:
- Renin spaltet das in der Leber gebildete Glykoprotein Angiotensinogen und erzeugt daraus das biologisch inaktive Dekapeptid Angiotensin I.
- Das Angiotensin-Converting-Enzyme (ACE), das sich vor allem in der Lunge und im Endothel der Blutgefäße befindet, wandelt Angiotensin I in das hochwirksame, biologisch aktive Angiotensin II um.
3. Wirkungen von Angiotensin II
Angiotensin II ist die zentrale Effektor-Substanz des RAAS und entfaltet seine Wirkung über die Bindung an AT1- und AT2-Rezeptoren. Die klinisch relevanten Effekte werden primär über den AT1-Rezeptor vermittelt:
- Gefäße: Es bewirkt eine starke Vasokonstriktion, die den totalen peripheren Widerstand erhöht und zu einem sofortigen Blutdruckanstieg führt.
- Nebennierenrinde: Es stimuliert die Synthese und Freisetzung von Aldosteron.
- Hypophyse: Es fördert die Ausschüttung von ADH (Antidiuretisches Hormon) aus dem Hypophysenhinterlappen, was die Wasserreabsorption in den Sammelrohren der Niere steigert.
- Zentralnervensystem: Es löst ein vermehrtes Durstgefühl und Salzhunger aus.
4. Wirkungen von Aldosteron
Das freigesetzte Aldosteron wirkt vorwiegend an den Nierentubuli und führt zu:
- Einer erhöhten Natrium- und Wasserresorption, was das Plasmavolumen vergrößert und den Blutdruck langfristig anhebt.
- Einer gesteigerten Kaliumausscheidung, was die Kaliumkonzentration im Plasma senkt.
Negative Rückkopplung und Pharmakologie
Der durch das RAAS bewirkte Anstieg des Blutdrucks hemmt die weitere Freisetzung von Renin. Dieser negative Feedback-Mechanismus reguliert das System. Das RAAS ist ein zentraler Angriffspunkt für wichtige blutdrucksenkende Medikamente:
- ACE-Hemmer: Blockieren die Umwandlung von Angiotensin I zu Angiotensin II. Dies führt reaktiv zu einer erhöhten Renin-Aktivität, da die negative Rückkopplung durch Angiotensin II ausbleibt.
- AT1-Rezeptor-Blocker (Sartane): Blockieren direkt die Wirkung von Angiotensin II am AT1-Rezeptor. Auch hier steigen Renin und Angiotensin II kompensatorisch an, da das negative Feedback am Rezeptor unterbrochen wird.