Rheumatoide Arthritis (RA): Definition und Terminologie
Die rheumatoide Arthritis (RA), auch als chronische Polyarthritis (cP) bekannt, ist eine chronisch-entzündliche, autoimmune Systemerkrankung. Sie ist charakterisiert durch eine destruierende Synovialitis (Entzündung der Gelenkschleimhaut), die zu einer fortschreitenden Zerstörung von Gelenken führt. Obwohl der Fokus auf den Gelenken liegt, sind auch periartikuläre und seltener extraartikuläre Manifestationen möglich.
Epidemiologie und Ätiologie
Die RA ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung in Deutschland und betrifft etwa 1 % der Bevölkerung, wobei Frauen zwei- bis dreimal häufiger erkranken als Männer. Die genaue Ursache (Ätiologie) ist unbekannt, jedoch wird eine genetische Prädisposition aufgrund familiärer Häufungen vermutet.
Symptomatik der Rheumatoiden Arthritis
Die Erkrankung beginnt oft schleichend mit unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit und subfebrilen Temperaturen. Typisch sind jedoch spezifische Gelenksymptome.
Charakteristische Gelenksymptome
- Morgensteifigkeit: Ein zentrales Leitsymptom ist eine Morgensteifigkeit der Gelenke, insbesondere in den Fingern und Vorfüßen, die typischerweise länger als 30 Minuten andauert.
- Gelenkbefall: Die Arthritis beginnt meist symmetrisch an den kleinen Gelenken der Hände und Füße. Charakteristisch ist der Befall der Fingergrundgelenke (MCP) und Fingermittelgelenke (PIP), während die Fingerendgelenke (DIP) fast nie betroffen sind. Im Verlauf können auch größere Gelenke wie Knie, Schultern und die Halswirbelsäule (HWS) beteiligt sein.
Fortgeschrittene Krankheitszeichen
Bei fortschreitender Erkrankung kommt es zur Gelenkdestruktion mit Funktionsverlust, Muskelatrophie und typischen Fehlstellungen:
- Schwanenhalsdeformität: Überstreckung im PIP-Gelenk und Beugung im DIP-Gelenk.
- Knopflochdeformität: Beugung im PIP-Gelenk und Überstreckung im DIP-Gelenk.
- Ulnardeviation: Abweichung der Finger in den Grundgelenken zur Ellenseite hin.
- Hammer- und Krallenzehen.
Peri- und extraartikuläre Manifestationen
Neben den Gelenken können auch gelenknahe Strukturen betroffen sein (z.B. Sehnenscheidenentzündung, Bursitis). Ein typisches Zeichen sind Rheumaknoten, indolente subkutane Knoten, oft an den Fingern oder am Ohr. Seltener treten extraartikuläre Manifestationen an Organen wie Lunge (Pleuritis, Lungenfibrose), Herz (Perikarditis) oder Augen (Keratoconjunctivitis sicca) auf.
Diagnostik
Die Diagnose stützt sich auf die klinische Symptomatik, Laboruntersuchungen und bildgebende Verfahren. Ein wichtiges klinisches Zeichen ist das positive Gaenslen-Zeichen (Schmerz bei seitlicher Kompression der Finger- oder Zehengrundgelenke).
Labordiagnostik
Im Labor zeigen sich oft unspezifische Entzündungszeichen wie eine erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und erhöhtes C-reaktives Protein (CRP). Die immunologische Diagnostik ist entscheidend:
- Rheumafaktoren (RF): IgM-Antikörper, die bei ca. 75 % der Patienten nachweisbar sind (seropositive RA), aber eine geringe Spezifität aufweisen.
- Anti-CCP-Antikörper: Antikörper gegen zyklisch citrullinierte Peptide. Diese sind mit >95 % Spezifität ein sehr starker Hinweis auf eine RA und oft schon im Frühstadium positiv.
Apparative Diagnostik
- Arthrosonografie (Gelenkultraschall): Kann frühzeitig Gelenkergüsse, Synovialitis und beginnende Erosionen nachweisen.
- Röntgen: Im Frühstadium oft unauffällig, zeigt im fortgeschrittenen Verlauf charakteristische Zeichen wie gelenknahe Osteoporose, Gelenkspaltverschmälerung und knöcherne Erosionen bis hin zu Ankylosen (Gelenkversteifung) im Endstadium.
Therapie der Rheumatoiden Arthritis
Eine kausale Heilung ist nicht möglich. Das Therapieziel ist die Kontrolle der Entzündungsaktivität (Remission), die Verhinderung von Gelenkzerstörung und der Erhalt der Lebensqualität.
Systemische Pharmakotherapie
Die Therapie folgt einem Stufenschema und basiert auf sogenannten Basistherapeutika (DMARDs).
- Akuter Schub: Zur schnellen Symptomkontrolle werden Glucocorticoide eingesetzt, eventuell ergänzt durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR).
- Langzeittherapie (Basistherapie): Das Ziel ist, die Krankheitsprogression aufzuhalten.
- 1. Wahl ist Methotrexat (MTX), ein konventionelles DMARD (csDMARD). Alternativen sind Leflunomid oder Sulfasalazin.
- Bei unzureichendem Ansprechen wird eine Kombinationstherapie eingeleitet, z.B. durch die Kombination mehrerer csDMARDs oder die Ergänzung von MTX mit einem Biologikum (bDMARD) wie TNF-α-Inhibitoren (z.B. Adalimumab) oder anderen zielgerichteten Wirkstoffen (z.B. Januskinase-Inhibitoren).
Weitere Maßnahmen
Ergänzend zur medikamentösen Therapie sind Physiotherapie, Ergotherapie und eine entzündungshemmende Ernährung wichtige Säulen der Behandlung. Bei starkem Befall einzelner Gelenke können lokale Steroidinjektionen oder eine Radiosynoviorthese (Verödung der Gelenkschleimhaut) erwogen werden.
Prognose
Die rheumatoide Arthritis verläuft chronisch-progredient. Prognostisch ungünstige Faktoren sind ein früher, hochentzündlicher Beginn, der Nachweis von hochtitrigen Rheumafaktoren und Anti-CCP-Antikörpern, extraartikuläre Manifestationen sowie ein frühzeitiger radiologischer Nachweis von Erosionen.