Definition und Terminologie der Proteinurie
Proteinurie bezeichnet die pathologische Ausscheidung von Proteinen (Eiweiß) über den Urin. Während eine geringe Menge an Protein im Urin physiologisch sein kann, deuten erhöhte Werte auf eine zugrundeliegende Erkrankung hin. Im ICD-10 wird die isolierte Proteinurie unter dem Code R80 klassifiziert.
Referenzbereiche und pathologische Werte
Die Unterscheidung zwischen physiologischen und pathologischen Werten ist für die klinische Bewertung entscheidend. Die Messung erfolgt entweder im 24-Stunden-Sammelurin oder als Protein-Kreatinin-Quotient im Spontanurin.
Proteinurie (Gesamtprotein)
- Physiologisch: Eine Proteinausscheidung von < 150 mg/d gilt als normal. In der Schwangerschaft ist ein Wert von < 300 mg/d akzeptabel.
- Pathologisch: Werte von ≥ 150 mg/d (bzw. ≥ 300 mg/d in der Schwangerschaft) werden als pathologische Proteinurie eingestuft.
Albuminurie
Die Albuminurie beschreibt spezifisch die Ausscheidung des Proteins Albumin und ist ein wichtiger Marker für Nierenschäden, insbesondere bei Diabetes mellitus. Zur Bestätigung sollte die Messung mindestens zweimal im Abstand von 2–4 Wochen erfolgen.
- Mikroalbuminurie: Dies ist ein frühes Anzeichen einer Nierenschädigung. Die Werte liegen im Spontanurin bei 20–200 mg/l oder bei einer Albumin-Kreatinin-Ratio von 20–200 mg/g. Im 24-Stunden-Sammelurin entspricht dies 30–300 mg/24 h.
- Makroalbuminurie: Dies deutet auf eine fortgeschrittene Nierenschädigung hin. Die Werte liegen im Spontanurin bei > 200 mg/l oder einer Albumin-Kreatinin-Ratio von > 200 mg/g. Im 24-Stunden-Sammelurin sind es > 300 mg/24 h.
Ursachen (Ätiologie)
Die Ursachen einer Proteinurie sind vielfältig und reichen von benignen, vorübergehenden Zuständen bis hin zu schweren systemischen Erkrankungen.
- Benigne Proteinurie: Kann durch körperliche Anstrengung (Sport), Stress, Fieber oder Unterkühlung ausgelöst werden und ist nach Beseitigung der Ursache reversibel.
- Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus ist eine der häufigsten Ursachen, wobei die Albuminurie ein Frühzeichen der diabetischen Nephropathie darstellt. Auch Schilddrüsenerkrankungen können eine Rolle spielen.
- Nierenerkrankungen: Glomerulonephritis und das nephrotische Syndrom sind primäre renale Ursachen.
- Systemische Erkrankungen: Systemischer Lupus erythematodes (SLE), Amyloidose oder das Goodpasture-Syndrom können zu einer Proteinurie führen.
- Tumorerkrankungen: Ein Plasmozytom kann zur sogenannten Bence-Jones-Proteinurie führen.
- Infektionen: Chronische Pyelonephritis, Hepatitis B/C oder eine Post-Streptokokken-Glomerulonephritis sind mögliche infektiöse Ursachen.
Einteilung der Proteinurie
Je nach Ursprung und Art der ausgeschiedenen Proteine wird die Proteinurie weiter unterteilt.
Prärenale (Überlauf-)Proteinurie
Entsteht durch einen massiven Anfall von niedermolekularen Proteinen im Blut, welche die Rückresorptionskapazität der Nierentubuli überschreiten. Typische Beispiele sind Leichtketten beim Plasmozytom (Bence-Jones-Proteinurie) oder Myoglobin bei einer Rhabdomyolyse.
Renale Proteinurie
- Glomeruläre Proteinurie: Die häufigste Form, verursacht durch eine Schädigung der glomerulären Filtrationsbarriere (Schrankenstörung). Charakteristisch ist eine erhöhte Ausscheidung von Albumin. Man unterscheidet eine selektive (nur Albumin, Transferrin) von einer nicht-selektiven Form (zusätzlich größere Proteine wie IgG).
- Tubuläre Proteinurie: Entsteht durch eine gestörte Rückresorption von normal filtrierten, niedermolekularen Proteinen im Tubulussystem. Charakteristisch ist hier die Ausscheidung von Alpha-1-Mikroglobulin.
Diagnostik
Die Diagnostik beginnt in der Regel mit einem Urin-Teststreifen, erfordert zur genauen Quantifizierung und Differenzierung jedoch weitere Laboruntersuchungen.
Urin-Teststreifen
Konventionelle Teststreifen reagieren primär auf Albumin und sind erst ab Konzentrationen von ca. 300 mg/l positiv. Sie können somit eine Makroalbuminurie nachweisen.
- Diagnostische Lücke: Standard-Teststreifen erfassen eine Mikroalbuminurie nicht. Ebenso werden niedermolekulare Proteine, wie die Leichtketten beim Multiplen Myelom (Bence-Jones-Proteine), nicht detektiert. Bei entsprechendem Verdacht sind spezifische Tests erforderlich.
Weiterführende Diagnostik
Zur genauen Bestimmung der Proteinmenge wird der Protein-Kreatinin-Quotient im Spontanurin oder die Messung im 24-Stunden-Sammelurin verwendet. Eine Urin-Elektrophorese kann helfen, zwischen glomerulärer und tubulärer Proteinurie zu unterscheiden oder Paraproteine nachzuweisen.
Therapie
Die Behandlung der Proteinurie richtet sich konsequent nach der zugrundeliegenden Ursache. Die Therapie der Grunderkrankung steht im Vordergrund, um eine weitere Schädigung der Nieren zu verhindern oder zu verlangsamen.