⭕⚠️ • Polytrauma

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KI-generierte Zusammenfassung:

Definition des Polytraumas

Ein Polytrauma ist ein Zustand schwerster Verletzungen, der nach präzisen Kriterien definiert wird. Die moderne Definition basiert auf dem Injury Severity Score (ISS), wobei ein Wert von ≥ 16 Punkten als Grenzwert für ein Polytrauma gilt. Die klassische Definition nach Tscherne beschreibt gleichzeitig aufgetretene, schwere Verletzungen in mindestens zwei verschiedenen Körperregionen, von denen mindestens eine Verletzung allein oder die Kombination mehrerer für den Patienten lebensbedrohlich ist.

Strukturierte Übergabe im Schockraum: Das ATMIST-Schema

Für eine standardisierte und effiziente Übergabe von Traumapatienten vom Rettungsdienst an das Schockraum-Team wird das ATMIST-Schema verwendet, um alle relevanten Informationen präzise zu übermitteln:

  • A (Age): Alter und Name des Patienten.
  • T (Time): Genauer Zeitpunkt des Unfallereignisses.
  • M (Mechanism): Der Unfallmechanismus, z.B. ein Hochgeschwindigkeitstrauma, Sturz aus großer Höhe oder eine penetrierende Verletzung.
  • I (Injury): Die bekannten und vermuteten Verletzungen, systematisch von Kopf bis Fuß (Kopf, HWS, Thorax, Abdomen, Becken, Wirbelsäule, Extremitäten).
  • S (Symptoms/Signs): Die Vitalparameter und klinischen Befunde, strukturiert nach dem (c)ABCDE-Schema.
  • T (Treatment): Alle bisher durchgeführten präklinischen Maßnahmen, wie die Sicherung der Atemwege, Volumengabe, Analgesie und die Gabe von Tranexamsäure.

Algorithmus für Traumapatienten im Schockraum

Die klinische Versorgung von polytraumatisierten Patienten folgt einem strengen, prioritätenbasierten Algorithmus, der in eine Primary und eine Secondary Survey unterteilt ist, um die Überlebenschancen zu maximieren.

Primary Survey: Identifikation und Behandlung lebensbedrohlicher Zustände

Im Primary Survey laufen mehrere Prozesse parallel ab, um lebensbedrohliche Verletzungen sofort zu erkennen und zu behandeln. Eine ständige Reevaluation der Vitalfunktionen ist dabei entscheidend.

  • (c)ABCDE-Schema: Die Untersuchung und Behandlung folgt strikt dem Schema zur Priorisierung: Critical Bleeding (kritische Blutung), Airway (Atemweg), Breathing (Atmung), Circulation (Kreislauf), Disability (neurologisches Defizit), Exposure (Entkleiden/Umwelteinflüsse).
  • Standardmonitoring: Umfasst EKG, Blutdruckmessung, Pulsoxymetrie, Kapnografie bei beatmeten Patienten und die Messung der Körperkerntemperatur.
  • Bildgebung: Beginnt unmittelbar mit der eFAST-Sonografie (Extended Focused Assessment with Sonography for Trauma) zur Suche nach freier Flüssigkeit. Bei vital gefährdeten Patienten ist die Ganzkörper-CT („Traumaspirale“) mit Kontrastmittel der Goldstandard.
  • Diagnostische Adjuncts: Eine venöse Blutgasanalyse (BGA), viskoelastische Gerinnungstests (z.B. ROTEM/TEG) und die Bestimmung von Laktat sind für die Steuerung der Therapie essenziell.

Red Flags: Kritische Warnzeichen im Primary Survey

Besondere Aufmerksamkeit erfordern folgende klinische Warnzeichen, die auf spezifische, lebensbedrohliche Zustände hinweisen:

  • Steigender Beatmungsdruck: Kann auf einen Spannungspneumothorax oder eine Atemwegsverlegung hindeuten.
  • Hohes Laktat: Ist ein klares Zeichen für eine relevante Organhypoxie und einen Schockzustand.
  • Herzrhythmusstörungen: Mögliche Hinweise auf eine direkte Myokardschädigung, Hypothermie oder erhöhten Hirndruck.
  • Bradykardie in Kombination mit Hypotonie: Starker Verdacht auf eine traumatische Rückenmarksverletzung (neurogener Schock).
  • Fehlender Puls in Leisten/Kniekehlen: Kann auf eine Aortendissektion durch ein Dezelerationstrauma hindeuten.

Secondary Survey: Detaillierte Untersuchung und weitere Maßnahmen

Nach der initialen Stabilisierung des Patienten erfolgt eine vollständige körperliche Untersuchung von Kopf bis Fuß. Dies beinhaltet den „Log-roll“ (Drehen des Patienten als Block) zur Inspektion und Palpation der gesamten Wirbelsäule und des Rückens. Weitere spezielle Bildgebungen und die definitive Wundversorgung werden in dieser Phase geplant und durchgeführt.

Therapieentscheidung und Operationsstrategie

Die Therapieentscheidungen basieren auf den Befunden aus Primary und Secondary Survey. Die Priorisierung der notwendigen Interventionen erfolgt weiterhin nach dem ABCDE-Schema.

Indikationen für eine Sofortoperation

Eine Notfalloperation (Damage Control Surgery) ist bei folgenden Zuständen unumgänglich, um das Leben des Patienten zu retten:

  • Unkontrollierbare Blutung (z.B. im Bauchraum oder Brustkorb)
  • Spannungspneumothorax (falls nicht durch Drainage entlastbar)
  • Perikardtamponade
  • Offenes Schädel-Hirn-Trauma mit raumfordernder Blutung
  • Akutes Kompartmentsyndrom
  • Epidural- oder Subduralhämatom mit rascher neurologischer Verschlechterung

Abhängig vom physiologischen Zustand des Patienten wird zwischen den Operationsstrategien Damage Control Surgery (DCS), bei der nur lebensrettende Eingriffe erfolgen, und Early Total Care (ETC), der frühzeitigen definitiven Versorgung aller Verletzungen, entschieden.