Grundbegriffe der Pharmakologie
Die Pharmakologie ist die Wissenschaft von den Wechselwirkungen zwischen chemischen Substanzen (Pharmaka) und lebenden Organismen. Sie gliedert sich in zwei zentrale Bereiche: die Pharmakokinetik und die Pharmakodynamik.
Pharmakokinetik: Was der Körper mit dem Wirkstoff macht
Die Pharmakokinetik beschreibt den Weg eines Arzneistoffs durch den Körper, von der Aufnahme bis zur Ausscheidung. Dieser Prozess wird oft mit dem LADME-Schema zusammengefasst:
- Liberation (Freisetzung): Die Freisetzung des Wirkstoffs aus seiner Darreichungsform (z.B. Tablette). Die Galenik befasst sich mit diesen Vorgängen.
- Absorption (Aufnahme): Die Resorption des Wirkstoffs in die Blutbahn, beeinflusst durch den Applikationsweg und den First-Pass-Metabolismus.
- Distribution (Verteilung): Die Verteilung des Wirkstoffs im Körper, abhängig von Faktoren wie Membranpermeabilität und Plasmaproteinbindung.
- Metabolismus (Verstoffwechselung): Die biochemische Umwandlung des Wirkstoffs, oft in der Leber, zur Entgiftung oder zur Aktivierung (Prodrug).
- Exkretion (Ausscheidung): Die Elimination des Wirkstoffs und seiner Metaboliten, hauptsächlich über die Nieren (renal) oder die Galle (biliär).
Pharmakodynamik: Was der Wirkstoff mit dem Körper macht
Die Pharmakodynamik untersucht die biochemischen und physiologischen Effekte eines Arzneistoffs am Wirkort. Sie beschreibt, wie ein Medikament seine Wirkung entfaltet, typischerweise durch die Bindung an spezifische Rezeptoren. Die Beziehung zwischen der Konzentration eines Wirkstoffs und seiner Wirkung wird in der Dosis-Wirkungs-Kurve dargestellt.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW / NW)
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW), auch Nebenwirkungen (NW) genannt, sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf ein Medikament bei therapeutischer Dosierung und korrekter Anwendung. Sie sind klar von Intoxikationen durch Überdosierung oder Anwendungsfehlern abzugrenzen.
Man unterscheidet UAWs nach ihrer Vorhersagbarkeit:
- Dosisabhängige UAW: Diese sind aufgrund der pharmakologischen Eigenschaften des Wirkstoffs vorhersehbar und am häufigsten.
- Allergische UAW: Immunvermittelte Reaktionen, die nicht vorhersehbar sind.
- Idiosynkratische UAW: Nicht vorhersehbare Reaktionen, die nur bei einem kleinen Teil der Patienten auftreten, oft mit Verzögerung und ohne klare Dosis-Wirkungs-Beziehung. Sie können schwerwiegend sein und sind häufig genetisch determiniert (z.B. Clozapin-induzierte Agranulozytose).
Ein häufiges Beispiel für eine UAW ist das Arzneimittelexanthem, eine allergische Hautreaktion. Eine weitere wichtige Organtoxizität ist die Nephrotoxizität, die schädigende Wirkung von Substanzen wie bestimmten Antibiotika, Zytostatika oder NSAR auf die Niere.
Rezeptoren und Wirkmechanismen
Die Wirkung von Pharmaka wird meist über die Bindung an Rezeptoren vermittelt. Je nach Struktur und Funktion unterscheidet man verschiedene Rezeptortypen, darunter ligandengesteuerte Ionenkanäle, G-Protein-gekoppelte Rezeptoren und intrazelluläre Rezeptoren.
Agonisten und Antagonisten
- Agonisten: Substanzen, die an einen Rezeptor binden und diesen aktivieren, wodurch sie eine physiologische Reaktion auslösen (z.B. Salbutamol als β2-Agonist). Man unterscheidet volle Agonisten (maximale Wirkung) und partielle Agonisten (geringere Wirkung).
- Antagonisten: Substanzen, die an einen Rezeptor binden, ihn aber nicht aktivieren. Sie blockieren die Bindungsstelle und verhindern so die Wirkung eines Agonisten. Sie besitzen eine Affinität zum Rezeptor, aber keine intrinsische Aktivität.
Dosis-Wirkungs-Beziehung
Die Dosis-Wirkungs-Beziehung beschreibt den Zusammenhang zwischen der verabreichten Menge eines Arzneistoffs und der Stärke des ausgelösten Effekts. Sie ist entscheidend für die Bestimmung der richtigen Dosierung.
Dosis-Wirkungs-Kurven
Diese Kurven stellen grafisch dar, wie die Wirkung eines Pharmakons mit steigender Konzentration zunimmt. Wichtige Kenngrößen sind:
- EC50/ED50: Die Konzentration oder Dosis, bei der 50 % der maximalen Wirkung erreicht wird.
- Potenz: Die Wirkstärke eines Medikaments. Eine hohe Potenz bedeutet, dass bereits eine geringe Dosis für einen signifikanten Effekt ausreicht.
Ceiling-Effekt
Der Ceiling-Effekt beschreibt das Phänomen, dass die maximale Wirkung eines Medikaments erreicht ist und durch eine weitere Dosissteigerung nicht mehr erhöht werden kann. Stattdessen nehmen oft nur die Nebenwirkungen zu. Man unterscheidet "High-Ceiling-Pharmaka" (z.B. Schleifendiuretika) mit hoher maximaler Wirkung und "Low-Ceiling-Pharmaka" (z.B. Thiaziddiuretika).
Therapeutische Breite
Die therapeutische Breite ist ein Maß für die Sicherheit eines Arzneimittels. Sie beschreibt den Abstand zwischen der Dosis, die für den gewünschten therapeutischen Effekt notwendig ist (therapeutische Dosis), und der Dosis, bei der toxische Wirkungen auftreten (toxische Dosis). Eine große therapeutische Breite bedeutet ein geringeres Risiko für den Patienten, während eine geringe therapeutische Breite eine sorgfältige Überwachung der Dosierung erfordert.