Ätiologie der Perikarditis
Die Perikarditis, auch als Herzbeutelentzündung bekannt, ist eine Entzündung des Perikards. Die Ursachen (Ätiologie) sind vielfältig, wobei die Erkrankung in den meisten Fällen als idiopathisch eingestuft wird. Das bedeutet, die genaue Ursache kann nicht ermittelt werden, obwohl oft eine virale Genese vermutet wird.
- Infektiöse Ursachen: Viren sind die häufigsten nachweisbaren Erreger (30–50 % der Fälle), insbesondere Coxsackie-Viren, ECHO-Viren und Adenoviren. Seltener sind bakterielle Infektionen, wie durch Mykobakterien.
- Nicht-infektiöse Ursachen:
- Urämisch: Im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz.
- Immunologisch: Bei Systemerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes (SLE) oder als Teil des Dressler-Syndroms, das 1–6 Wochen nach einem Myokardinfarkt oder einem kardiochirurgischen Eingriff auftreten kann.
- Maligne Erkrankungen: Durch Primärtumoren des Perikards oder metastatische Infiltration.
- Pericarditis epistenocardica: Als Frühkomplikation in der ersten Woche nach einem epikardnahen Myokardinfarkt.
Einteilung und Formen
Die Perikarditis wird hauptsächlich in eine akute und eine chronische Form unterteilt.
Akute Perikarditis
Die akute Form beginnt oft als "trockene" Perikarditis (Pericarditis sicca) und kann sich zu einer "feuchten" Perikarditis (Pericarditis exsudativa) mit Bildung eines Perikardergusses entwickeln.
Chronische Perikarditis
Die chronische Form, auch als konstriktive Perikarditis (Pericarditis constrictiva) bezeichnet, kann zu einer Verdickung und Verkalkung des Herzbeutels führen. Im Endstadium spricht man vom sogenannten "Panzerherz" (Pericarditis calcarea), das die Herzfunktion stark einschränkt.
Symptome und Klinik
Die Symptomatik kann stark variieren. Das Kardinalsymptom der akuten Perikarditis ist ein stechender, retrosternaler Brustschmerz. Charakteristisch für diesen Schmerz sind:
- Verstärkung in Rückenlage, bei tiefer Inspiration und beim Husten.
- Besserung im Sitzen mit vorgebeugtem Oberkörper.
Der Schmerz kann in Hals, Schultern oder den linken Arm ausstrahlen und ähnelt damit den Symptomen eines Myokardinfarkts. Häufige Begleitsymptome sind Fieber, Tachykardie, Dyspnoe (Atemnot) und ein allgemeines Krankheitsgefühl.
Diagnostik
Die Diagnose stützt sich auf Anamnese, klinische Untersuchung und technische Verfahren.
Körperliche Untersuchung
Bei der Auskultation kann ein pathognomonisches, schabendes Geräusch, das sogenannte Perikardreiben, hörbar sein.
EKG-Befunde bei akuter Perikarditis
Das Elektrokardiogramm (EKG) ist ein zentrales diagnostisches Instrument. Typische Befunde sind:
- Konkavbogige ST-Strecken-Hebungen in vielen Ableitungen, die sich keinem spezifischen koronaren Versorgungsgebiet zuordnen lassen.
- Fehlende korrespondierende (reziproke) ST-Strecken-Senkungen (außer in aVR).
- Gelegentlich eine Senkung der PR-Strecke.
Die EKG-Veränderungen durchlaufen typischerweise vier Stadien (nach Holzmann), von den initialen ST-Hebungen bis zur Normalisierung.
Weitere Diagnostik
- Labor: Erhöhte Entzündungsparameter (CRP, BSG) und eventuell leicht erhöhtes Troponin.
- Echokardiografie: Methode der Wahl zum Nachweis oder Ausschluss eines Perikardergusses.
- Röntgen-Thorax: Kann bei einem großen Erguss eine vergrößerte Herzsilhouette (Bocksbeutelform) oder bei einer chronischen konstriktiven Perikarditis Verkalkungen ("Panzerherz") zeigen.
Therapie
Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad.
Medikamentöse Basistherapie
Die primäre symptomatische Therapie bei unkomplizierten, meist viralen oder idiopathischen Fällen besteht aus:
- Nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen in hoher Dosierung für 1–2 Wochen.
- Colchicin zur rascheren Symptomlinderung und zur Prophylaxe von Rezidiven, meist über 3 Monate.
- Ein Protonenpumpeninhibitor (PPI) zum Magenschutz wird begleitend empfohlen.
Bei Rezidiven oder unzureichendem Ansprechen können Glukokortikoide eingesetzt werden.
Invasive Maßnahmen
Invasive Eingriffe sind bei Komplikationen indiziert:
- Perikardpunktion: Zur Entlastung eines großen symptomatischen Perikardergusses oder einer Herzbeuteltamponade.
- Perikardektomie: Die chirurgische Entfernung des Perikards ist die Therapie der Wahl bei der konstriktiven Perikarditis (Panzerherz).
Komplikationen
Perikarderguss und Herzbeuteltamponade
Die häufigste Komplikation ist der Perikarderguss, eine Flüssigkeitsansammlung im Herzbeutel. Eine schnelle oder sehr große Flüssigkeitsansammlung kann zu einer Herzbeuteltamponade führen – ein lebensbedrohlicher Notfall. Durch den erhöhten Druck im Perikard wird die diastolische Füllung des Herzens behindert, was zu einem kardiogenen Schock führen kann. Klinische Zeichen sind:
- Hypotonie (niedriger Blutdruck)
- Gestaute Halsvenen
- Abgeschwächte oder leise Herztöne
- Pulsus paradoxus (inspiratorischer Blutdruckabfall >10 mmHg)
Konstriktive Perikarditis
Eine chronische Entzündung kann zur Vernarbung und Verkalkung des Perikards führen (Panzerherz), was die Herzfüllung mechanisch behindert und Symptome einer Rechtsherzinsuffizienz (z.B. Ödeme, Aszites) verursacht.