Definition und Terminologie der pAVK
Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), oft auch als Schaufensterkrankheit oder Raucherbein bezeichnet, ist eine chronische Gefäßerkrankung. Sie ist definiert als eine Durchblutungsstörung, die durch eine Stenosierung (Verengung) oder Okklusion (Verschluss) der Aorta oder der die Extremitäten versorgenden Arterien verursacht wird. Dies führt zu einer unzureichenden Blut- und Sauerstoffversorgung, vor allem der Beine.
Ätiologie und Risikofaktoren
Die mit Abstand häufigste Ursache der pAVK ist die Atherosklerose (> 95 % der Fälle), umgangssprachlich auch als "Arterienverkalkung" bekannt. Die Entstehung wird durch klassische kardiovaskuläre Risikofaktoren begünstigt:
- Rauchen (4-fach erhöhtes Risiko)
- Diabetes mellitus (2- bis 4-fach erhöhtes Risiko)
- Arterielle Hypertonie
- Hyperlipoproteinämie
Seltenere Ursachen sind entzündliche Gefäßerkrankungen (Vaskulitiden) wie die Thrombangiitis obliterans.
Einteilung und Stadien
Die pAVK wird klinisch nach der Symptomatik in vier Stadien nach Fontaine eingeteilt. Zudem erfolgt eine Einteilung nach der Lokalisation der Stenose.
Klassifikation nach Fontaine
- Stadium I: Asymptomatisch. Es liegen Gefäßveränderungen vor, aber der Patient hat keine Beschwerden.
- Stadium II: Belastungsabhängige Schmerzen (Claudicatio intermittens). Dieses Stadium wird weiter unterteilt:
- Stadium IIa: Schmerzfreie Gehstrecke von mehr als 200 Metern.
- Stadium IIb: Schmerzfreie Gehstrecke von weniger als 200 Metern.
- Stadium III: Ischämischer Ruheschmerz, insbesondere nachts im Liegen.
- Stadium IV: Trophische Störungen wie Ulzera (offene Geschwüre) oder Nekrosen (abgestorbenes Gewebe) bis hin zur Gangrän.
Einteilung nach Lokalisation
Die Lokalisation der Stenose bestimmt die Symptomatik. Über 90 % der Fälle betreffen die untere Extremität:
- Beckentyp (ca. 35%): Stenose der A. iliaca, führt zu Schmerzen im Oberschenkel.
- Oberschenkeltyp (ca. 50%): Stenose der A. femoralis oder A. poplitea, verursacht typische Wadenschmerzen.
- Unterschenkeltyp (ca. 15%): Stenosen der Unterschenkelarterien, führt zu Schmerzen im Fuß.
- Aorta-abdominalis-Typ (Leriche-Syndrom, ca. 1%): Verschluss im Bereich der Aortenbifurkation mit Schmerzen im Gesäß und Impotenz bei Männern.
Symptomatik und Klinik
Das Leitsymptom der pAVK ist die Claudicatio intermittens: belastungsabhängige, krampfartige Ischämieschmerzen distal der Stenose, die den Patienten zum Stehenbleiben zwingen und sich in Ruhe bessern. Begleitend können Kälte- und Schwächegefühle auftreten. Bei einem akuten Verschluss sind die "6 P nach Pratt" wegweisend: Pain (Schmerz), Paleness (Blässe), Pulselessness (Pulslosigkeit), Paralysis (Lähmung), Paresthesia (Gefühlsstörung) und Prostration (Schock/Kälte).
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst klinische Untersuchungen und apparative Verfahren.
Klinische Untersuchung
Bei der Inspektion können eine blasse, atrophische Haut und fehlende Behaarung auffallen. Die Palpation des Pulsstatus ist entscheidend, um die Höhe des Verschlusses einzugrenzen. Funktionstests wie die Lagerungsprobe nach Ratschow können eine Minderdurchblutung aufzeigen (pathologisch: Blässe der Füße beim Hochlagern, verzögerte Rötung beim Herabhängen).
Apparative Diagnostik
- Knöchel-Arm-Index (KAI / ABI): Dies ist die wichtigste Screeningmethode. Der systolische Blutdruck am Knöchel wird durch den am Arm geteilt.
- Normalwert: 0,9 – 1,2
- pAVK-Verdacht: < 0,9
- Kritische Ischämie: < 0,5
- Werte > 1,2 sind aufgrund nicht komprimierbarer Gefäße (Mediasklerose, z.B. bei Diabetes) nicht aussagekräftig.
- Farbduplexsonografie: Methode der Wahl zur Darstellung der Gefäßmorphologie, Lokalisation und Quantifizierung von Stenosen.
- Weitere Bildgebung: CT-, MR-Angiografie oder die digitale Subtraktionsangiografie (DSA) werden vor allem zur Planung invasiver Eingriffe eingesetzt.
Therapie
Die Therapie erfolgt stadiengerecht und zielt auf die Linderung der Symptome, die Verbesserung der Lebensqualität und die Reduktion des kardiovaskulären Risikos ab.
Allgemeinmaßnahmen und konservative Therapie
Grundlage jeder Therapie ist die konsequente Ausschaltung von Risikofaktoren, insbesondere der sofortige Rauchstopp.
- Stadium I: Risikofaktorenmanagement.
- Stadium II: Strukturiertes Gehtraining zur Förderung der Kollateralenbildung sowie medikamentöse Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern (ASS oder Clopidogrel) und Statinen.
Invasive Therapie
Eine Revaskularisation ist bei Stadium III und IV sowie bei stark eingeschränkter Lebensqualität im Stadium IIb indiziert.
- Endovaskuläre Verfahren: Perkutane transluminale Angioplastie (PTA), oft mit Ballondilatation und Stent-Implantation.
- Chirurgische Verfahren: Thrombendarteriektomie (TEA) oder eine Bypass-Operation.
- Ultima Ratio: Bei nicht mehr zu rettender Extremität (Stadium IV) kann eine Amputation notwendig werden. Hier gilt das "IRA-Prinzip": Zuerst Infektbeherrschung, dann Revaskularisation und erst dann die Amputation.
Prognose und Komplikationen
Die pAVK ist eine Markererkrankung für eine generalisierte Atherosklerose. Die Prognose wird daher nicht primär durch die Durchblutungsstörung der Beine, sondern durch kardiovaskuläre Folgeerkrankungen bestimmt. Die häufigsten Todesursachen bei pAVK-Patienten sind Myokardinfarkt und Schlaganfall. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei nur ca. 80 %.