Definition und Ziel des passiven Beinhebens (PLR)
Das passive Anheben der Beine (Englisch: Passive Leg Raising, PLR) ist ein dynamischer Test zur Beurteilung des Volumenstatus und zur Vorhersage der Volumenreagibilität bei kritisch kranken Patienten. Es handelt sich um ein Manöver, mit dem festgestellt wird, ob ein Patient von einer Volumengabe profitieren würde.
Das primäre Ziel des PLR-Tests ist die Vermeidung einer schädlichen, übermäßigen Volumengabe (Volumenüberschuss) bei einer vermuteten Hypovolämie. Dadurch sollen Komplikationen wie Lungenödeme und Perfusionsstörungen verhindert werden. Ein wesentlicher Vorteil des Manövers ist, dass sein Effekt im Gegensatz zu einer intravenösen Flüssigkeitsgabe schnell und vollständig reversibel ist.
Wirkungsweise: Die Autotransfusion zur Vorlasterhöhung
Durch das Anheben der Beine und das gleichzeitige Absenken des Oberkörpers wird venöses Blut aus den unteren Extremitäten zum Herzen verlagert. Dieser Vorgang bewirkt eine Art "Autotransfusion" von circa 300 ml Blut, was zu einer Erhöhung der kardialen Vorlast (Preload) führt. Bei einem Patienten mit Volumenmangel führt diese akute Vorlasterhöhung zu einer messbaren Steigerung des Schlagvolumens und des Herzzeitvolumens. Bleibt diese Reaktion aus, ist eine positive Reaktion auf eine weitere Flüssigkeitstherapie unwahrscheinlich.
Korrekte Durchführung des PLR-Tests
Für ein valides Ergebnis ist eine standardisierte Durchführung unter Beachtung mehrerer kritischer Punkte unerlässlich.
Ablauf und Messung
- Ausgangsposition: Der Test beginnt in einer halb-sitzenden Position, bei der der Oberkörper des Patienten um 45° hochgelagert ist.
- Messparameter: Entscheidend ist die direkte und kontinuierliche Messung des Herzzeitvolumens (HZV). Eine alleinige Blutdruckmessung ist für die Beurteilung nicht ausreichend. Geeignete Methoden sind unter anderem die arterielle Pulskonturanalyse, die Echokardiografie (TTE oder TEE) oder die transösophageale Doppler-Sonografie.
- Zeitfenster: Der hämodynamische Effekt des PLR ist kurzlebig (oft weniger als eine Minute). Daher ist eine Echtzeit-Messung des HZV vor, während und nach dem Manöver zwingend erforderlich, um die maximale Veränderung zu erfassen.
Reduzierung von Störfaktoren
Die Validität des Tests kann durch verschiedene Faktoren beeinträchtigt werden, die eine sympathoadrenerge Reaktion auslösen können. Diese müssen kontrolliert werden:
- Störreize vermeiden: Schmerz, Husten, Unruhe oder Aufwachen des Patienten können die Messergebnisse verfälschen. Eventuell vorhandenes Bronchialsekret sollte daher vor dem Test abgesaugt werden.
- Passive Bewegung: Das Manöver muss passiv durch die Bewegung des Bettes erfolgen, nicht durch eine aktive Bewegung des Patienten, um muskuläre Anstrengungen zu vermeiden.