Typen und Arten der Osteosynthese
Die Osteosynthese umfasst verschiedene operative Verfahren zur Stabilisierung von Knochenbrüchen. Bei komplexeren Verletzungen können unterschiedliche Techniken kombiniert werden, um eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Man unterscheidet grundsätzlich zwischen extramedullären (auf dem Knochen) und intramedullären (im Knochen) Verfahren.
Extramedulläre Verfahren
Bei diesen Verfahren werden die Implantate auf der Außenseite des Knochens angebracht.
Plattenosteosynthese
Bei der Plattenosteosynthese wird eine Metallplatte mit Schrauben direkt auf dem Knochen fixiert, um die Fraktur zu schienen. Dieses Verfahren kommt vor allem bei Frakturen von Röhrenknochen und gelenknahen Frakturen zum Einsatz.
- Winkelstabile Platten: Diese modernen Platten verfügen über ein zusätzliches Gewinde, das die Schrauben nicht nur im Knochen, sondern auch in der Platte selbst verankert. Dies sorgt für eine deutlich höhere Stabilität, insbesondere bei schlechter Knochenqualität (z.B. Osteoporose) und ermöglicht die sichere Fixierung kleinerer Knochenfragmente.
- Dynamische Hüftschraube (DHS): Ein spezielles Plattensystem mit einer großvolumigen Gleitschraube, das primär zur Versorgung von Schenkelhalsfrakturen verwendet wird.
- Überbrückende Plattenosteosynthese: Hierbei werden die Schrauben mit möglichst großem Abstand zur Frakturzone platziert. Dies schont die Blutversorgung des Knochens und fördert die sekundäre Knochenheilung durch Kallusbildung.
- Kombination mit Zugschrauben: Eine Zugschraube besitzt nur an der Spitze ein Gewinde. Beim Anziehen komprimiert sie die Frakturenden und presst die Platte fest an den Knochen, was die Stabilität erhöht.
Schraubenosteosynthese
Bei der reinen Schraubenosteosynthese werden Knochenfragmente ausschließlich mit Schrauben fixiert. Voraussetzung hierfür ist, dass die Fragmente groß genug sind, um den Schrauben sicheren Halt zu bieten, und dass keine Rotationskräfte auf die Fraktur wirken.
- Spongiosaschraube: Besitzt ein breites, tiefes Gewinde für einen sicheren Halt in der weicheren, schwammartigen Spongiosa des Knochens.
- Kortikalisschraube: Hat ein feineres Gewinde für die feste Verankerung in der harten, äußeren Knochenschicht (Kortikalis).
- Stellschraube: Dient der temporären Fixierung eines Gelenks nach einer Fraktur, um eine stabile Ausheilung zu gewährleisten, und muss vor der Vollbelastung wieder entfernt werden.
Zuggurtungsosteosynthese
Die Zuggurtungsosteosynthese (auch "Zuggurtung" oder "Tension Band Wiring") ist ein Verfahren, das Zugkräfte von Sehnen und Muskeln in Druckkräfte im Frakturspalt umwandelt. Es kombiniert flexible Drähte (Drahtcerclage) mit stabilisierenden Kirschner-Drähten. Typische Anwendungsgebiete sind Frakturen mit starkem Muskelzug, wie die Olekranonfraktur (Ellenbogen) oder die Patellafraktur (Kniescheibe).
Fixateur externe
Der Fixateur externe ist ein externes Haltesystem, das außerhalb des Körpers angebracht wird. Er ist das Verfahren der Wahl bei offenen, stark verschmutzten oder infizierten Frakturen sowie bei schweren Weichteilschäden und komplexen Trümmerfrakturen. Das Osteosynthesematerial wird dabei weit entfernt von der eigentlichen Frakturzone im gesunden Knochen verankert, um das Infektionsrisiko zu minimieren.
- Unilateraler Fixateur: Stabile Schanz-Schrauben werden in den Knochen eingebracht und extern durch Metallstangen verbunden.
- Ringfixateur: Dünne Kirschner-Drähte werden durch den Knochen gebohrt und an externen Metallringen gespannt, was eine sehr hohe Stabilität und die Möglichkeit zur späteren Korrektur bietet.
Intramedulläre Verfahren
Bei diesen Verfahren werden die Implantate in der Markhöhle des Knochens platziert.
Marknagelung (Intramedulläre Schienung)
Die Marknagelung ist das Standardverfahren zur Stabilisierung von Schaftfrakturen langer Röhrenknochen wie dem Oberschenkel (Femur) oder dem Schienbein (Tibia). Dabei wird ein langer Metallnagel in die Markhöhle eingebracht, der die Fraktur von innen schient.
- Verrieglungsmarknagel: Dies ist die häufigste Form. Der Nagel wird proximal und distal der Fraktur mit quer eingebrachten Schrauben (Verriegelungsbolzen) im Knochen fixiert. Dies verhindert eine Verkürzung oder Rotation der Fragmente und sorgt für hohe Stabilität.
- Aufgebohrter vs. unaufgebohrter Marknagel: Vor dem Einbringen eines dickeren Nagels kann die Markhöhle aufgebohrt werden, um einen besseren Knochen-Implantat-Kontakt zu schaffen. Unaufgebohrte Nägel sind dünner und schonen die Durchblutung des Knochenmarks, was das Risiko einer Fettembolie senken kann.
- Spezialnägel: Für gelenknahe Frakturen gibt es spezielle Systeme wie den Proximalen Femurnagel (PFN/PFNA) zur Versorgung von hüftgelenksnahen Oberschenkelfrakturen.