Sulfonylharnstoffe (SH) als orale Antidiabetika
Sulfonylharnstoffe (SH) sind eine Klasse von oralen Antidiabetika, die zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzt werden, wenn konservative Maßnahmen wie Diät und Bewegung nicht ausreichen.
Wirkstoffe und Handelsnamen
Zu den gängigen Wirkstoffen dieser Gruppe gehören:
- Glibenclamid (z.B. Euglucon®): Dies ist der am häufigsten eingesetzte Sulfonylharnstoff. Er wird in der Leber verstoffwechselt (hepatisch metabolisiert) und über die Nieren ausgeschieden (renal eliminiert). Aus diesem Grund besteht eine signifikant erhöhte Hypoglykämiegefahr bei Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz.
- Glimepirid (z.B. Amaryl®)
- Gliclazid (z.B. Diamicron Uno®)
- Gliquidon (z.B. Glurenorm®)
Wirkmechanismus und Hypoglykämierisiko
Die Wirkung von Sulfonylharnstoffen setzt eine noch vorhandene körpereigene Insulinproduktion voraus. Die Wirkstoffe binden an ATP-abhängige Kaliumkanäle (KATP-Kanäle) an den Betazellen des Pankreas und blockieren diese. Diese Blockade führt zu einer Depolarisation der Zellmembran und stimuliert eine gesteigerte Freisetzung von Insulin.
Das zentrale und wichtigste Risiko der Sulfonylharnstoff-Therapie ist die Hypoglykämie. Die Insulinausschüttung erfolgt unabhängig vom aktuellen Blutzuckerspiegel, also auch dann, wenn wenig oder keine Glukose im Blut vorhanden ist. Die lange Halbwertszeit der Wirkstoffe kann dieses Risiko zusätzlich erhöhen und zu langanhaltenden Unterzuckerungen führen.
Indikationen
Die primäre Indikation für Sulfonylharnstoffe ist der Diabetes mellitus Typ 2, wenn eine Monotherapie mit Metformin nicht ausreicht oder kontraindiziert ist und keine Adipositas vorliegt.
Unerwünschte Wirkungen (UAW)
Die relevantesten Nebenwirkungen umfassen:
- Hypoglykämie: Diese kann schwerwiegend sein und insbesondere bei älteren Patienten lange andauern.
- Gastrointestinale Beschwerden
- Potenzielle Kardiotoxizität
Kontraindikationen (KI)
Sulfonylharnstoffe dürfen unter anderem in folgenden Fällen nicht eingesetzt werden:
- Diabetes mellitus Typ 1
- Diabetisches Koma oder Präkoma
- Schwere Leber- und/oder Niereninsuffizienz
- Adipositas (aufgrund der gewichtsfördernden Wirkung)
Wechselwirkungen
Die blutzuckersenkende Wirkung von Sulfonylharnstoffen kann durch andere Medikamente beeinflusst werden.
- Verstärkung der Wirkung (erhöhtes Hypoglykämierisiko) durch: Beta-Blocker, Alkohol, ASS, ACE-Hemmer.
- Verringerung der Wirkung (Hyperglykämierisiko) durch: β2-Sympathomimetika, Schilddrüsenhormone, Glucocorticoide, Thiaziddiuretika.