Definition und Terminologie von Opioiden
Opioide sind Substanzen, die an Opioidrezeptoren binden und eine morphinähnliche Wirkung entfalten. Der Begriff umfasst sowohl natürliche als auch synthetische Stoffe. Sie werden auch als Opioid-Analgetika bezeichnet.
Indikationen und Kontraindikationen
Opioid-Agonisten werden hauptsächlich zur Behandlung von akuten und chronischen Schmerzen sowie bei starkem Husten eingesetzt. Zu den wichtigsten Kontraindikationen zählen eine bestehende Opioidabhängigkeit und eine schwere Ateminsuffizienz.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Die Anwendung von Opioiden ist mit einer Reihe von typischen Nebenwirkungen verbunden:
- Atemdepression: Eine der gefährlichsten Nebenwirkungen, die bei Überdosierung lebensbedrohlich sein kann.
- Kreislaufdepressive Wirkung (Blutdrucksenkung)
- Obstipation (Verstopfung) durch spasmogene Wirkung
- Sedierung
- Abhängigkeit: Führt bei Absetzen zu einer Entzugssymptomatik.
- Toleranzentwicklung: Die Wirkung einer Dosis lässt mit der Zeit nach, was eine Dosissteigerung erforderlich machen kann.
Wechselwirkungen (WW)
Eine sorgfältige Medikamentenanamnese ist entscheidend, um gefährliche Wechselwirkungen zu vermeiden.
Pharmakodynamische Wechselwirkungen
- Zentral dämpfende Substanzen: Die Kombination mit Alkohol, Sedativa (z.B. Benzodiazepine) oder Neuroleptika verstärkt die sedierende und atemdepressive Wirkung erheblich und erhöht das Risiko für Bewusstlosigkeit und Atemstillstand.
- MAO-Hemmer: Können das Risiko für ein Serotonin-Syndrom erhöhen.
Pharmakokinetische Wechselwirkungen
- CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Ketoconazol) können die Opioid-Plasmaspiegel erhöhen und das Risiko einer Überdosierung steigern.
- CYP3A4-Induktoren (z.B. Rifampicin) können die Wirkung von Opioiden verringern und Entzugssymptome auslösen.
Einteilung von Opioiden
Nach Rezeptoraktivität
- Reine Agonisten: Binden an Opioidrezeptoren und aktivieren diese vollständig (z.B. Morphin, Fentanyl, Codein).
- Partielle Agonisten: Aktivieren die Rezeptoren nur teilweise (z.B. Buprenorphin).
- Reine Antagonisten: Binden an die Rezeptoren, ohne sie zu aktivieren, und heben so die Wirkung von Agonisten auf. Der wichtigste Vertreter ist Naloxon, das als Antidot bei Opioid-Überdosierungen und zur Aufhebung der Atemdepression eingesetzt wird. Naltrexon wird in der Entzugstherapie verwendet.
- Gemischte Agonisten-Antagonisten: Wirken an verschiedenen Rezeptortypen agonistisch und antagonistisch (z.B. Nalbuphin).
Wirkmechanismus
Opioide wirken über G-Protein-gekoppelte Rezeptoren, von denen es drei Haupttypen gibt: μ (My), δ (Delta) und κ (Kappa). Die meisten analgetischen und auch die unerwünschten Wirkungen wie Atemdepression, Euphorie, Miosis und Obstipation werden über die Aktivierung von μ-Rezeptoren vermittelt.
Starke Opioide
Starke Opioide sind hochpotente Analgetika, die meist als reine Agonisten am μ-Rezeptor wirken. Ihre analgetische Potenz wird oft im Verhältnis zu Morphin oral (MO = 1) angegeben.
Wichtige Hinweise zu starken Opioiden
- Alle starken Opioide unterliegen dem Betäubungsmittel-Gesetz (BtM-Gesetz) und erfordern ein spezielles BtM-Rezept.
- Bei Überdosierung besteht ein hohes Risiko für eine lebensbedrohliche Atemdepression. Die intravenöse Gabe muss daher langsam und titrierend unter engmaschigem Monitoring erfolgen.
Ausgewählte Wirkstoffe
- Fentanyl: Sehr potent (ca. 100–300x stärker als Morphin).
- Morphin: Referenzsubstanz (Potenz = 1). Vorsicht bei Niereninsuffizienz wegen Akkumulation aktiver Metaboliten.
- Piritramid: Eine Alternative zu Morphin bei höhergradiger Niereninsuffizienz.
- Pethidin: Wirkt nur schwach spasmogen und eignet sich daher bei starken Schmerzen im Magen-Darm-Trakt (z.B. Gallenkoliken).
- Oxycodon, Hydromorphon, Methadon
Schwache Opioide
Schwach wirksame Opioide sind meist partielle Agonisten und weisen einen sogenannten Ceiling-Effekt auf, was bedeutet, dass eine Dosissteigerung ab einem bestimmten Punkt keine zusätzliche analgetische Wirkung mehr erzielt. Sie sind rezeptpflichtig, aber nicht BtM-pflichtig.
Ausgewählte Wirkstoffe
- Tramadol: Wirkt nicht nur als schwacher μ-Opioid-Rezeptoragonist, sondern auch als Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Diese Wirkungskombination führt zu einem erhöhten Abhängigkeitspotenzial.
- Tilidin: Oft in Kombination mit dem Antagonisten Naloxon, um den Missbrauch zu erschweren.
- Codein / Dihydrocodein
Wichtige Anwendungshinweise
Ein zentraler Grundsatz in der Schmerztherapie ist: Schwache Opioide dürfen nicht mit starken Opioiden kombiniert werden. Aufgrund des kompetitiven Agonismus können schwache Opioide die Wirkung starker Opioide am Rezeptor blockieren und deren analgetische Wirkung vermindern, was besonders bei unzureichender Schmerzkontrolle gefährlich ist.