Definition des Ösophaguskarzinoms
Das Ösophaguskarzinom ist ein maligner Tumor, der von der Schleimhaut der Speiseröhre (Ösophagus) ausgeht. Da die Diagnose häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt wird, ist die Prognose in der Regel ungünstig.
Epidemiologie
Männer sind mit einem Verhältnis von etwa 5:1 deutlich häufiger betroffen als Frauen. Der Altersgipfel für die Erkrankung liegt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr.
Einteilung
Histologische Typen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet hauptsächlich zwei histologische Typen, die sich in Ätiologie, Lokalisation und Tumorbiologie so stark unterscheiden, dass sie als getrennte Entitäten betrachtet werden:
- Plattenepithelkarzinom des Ösophagus
- Adenokarzinom des Ösophagus
Andere Formen wie neuroendokrine Tumoren sind sehr selten.
Einteilung nach Lokalisation
Der Tumor wird auch nach seiner Lage im Ösophagus eingeteilt:
- Oberer Abschnitt: ca. 15–25 cm ab Zahnreihe
- Mittlerer Abschnitt: ca. 25–32 cm ab Zahnreihe (häufigste Lokalisation)
- Unterer Abschnitt: ca. 32–42 cm ab Zahnreihe
Symptomatik
Das Ösophaguskarzinom bleibt lange Zeit asymptomatisch. Das Leitsymptom ist eine fortschreitende Dysphagie (Schluckstörung). Weitere mögliche Symptome sind:
- Retrosternale Schmerzen
- Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit
- Aufstoßen und Foetor ex ore (Mundgeruch)
- Heiserkeit durch Infiltration des Nervus laryngeus recurrens
- Husten und Aspirationspneumonie bei Bildung einer ösophagobronchialen Fistel
Metastasierung
Die Metastasierung erfolgt frühzeitig. Aufgrund der fehlenden Serosa im intrathorakalen Teil des Ösophagus kommt es schnell zu einer Ausbreitung:
- Lymphogen: Frühzeitiger Befall regionaler, zervikaler und zöliakaler Lymphknoten.
- Per continuitatem: Intramurales und submuköses Wachstum mit Infiltration von Nachbarstrukturen.
- Hämatogen: In späten Stadien erfolgt die Streuung vor allem in Lunge, Leber und Knochen.
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus
Risikofaktoren und Lokalisation
Die Hauptrisikofaktoren für das Plattenepithelkarzinom sind Nikotin- und Alkoholabusus. Weitere Faktoren umfassen die Aufnahme von Nitrosaminen und Präkanzerosen wie Achalasie oder Verätzungen. Typischerweise ist dieser Tumor im oberen bis mittleren Drittel des Ösophagus lokalisiert.
Therapieansätze
Die Therapie ist stadienabhängig. Bei operablen Tumoren ohne Fernmetastasen wird oft eine neoadjuvante Radiochemotherapie (RCTx) gefolgt von einer chirurgischen Resektion (subtotale Ösophagektomie) durchgeführt. Bei Inoperabilität ist die definitive RCTx die Methode der Wahl.
Adenokarzinom des Ösophagus
Ätiologie und Lokalisation
Das Adenokarzinom entsteht typischerweise auf dem Boden eines Barrett-Ösophagus, einer Zylinderzellmetaplasie, die durch chronischen gastroösophagealen Reflux verursacht wird. Es ist daher meist im unteren Drittel des Ösophagus zu finden. Die Abgrenzung zu Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs (AEG-Tumoren) ist klinisch relevant.
Therapieansätze
Auch hier ist die Therapie multimodal. Bei lokal fortgeschrittenen, operablen Tumoren wird häufig eine perioperative Chemotherapie (z.B. nach dem FLOT-Schema) oder eine neoadjuvante Radiochemotherapie vor der Operation eingesetzt. Die chirurgische Strategie umfasst oft eine radikale transmediastinale Ösophago-Fundektomie.
Diagnostik
Diagnosesicherung
Bei Verdacht auf ein Ösophaguskarzinom, meist aufgrund einer Dysphagie, ist die Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) mit Entnahme multipler Biopsien zur histopathologischen Untersuchung der Goldstandard zur Diagnosesicherung.
Staging-Diagnostik
Für das Staging, also die Bestimmung der Tumorausdehnung, sind folgende Untersuchungen entscheidend:
- Endosonografie (EUS): Zur Beurteilung der lokalen Infiltrationstiefe (T-Stadium) und des regionalen Lymphknotenbefalls (N-Stadium).
- Computertomografie (CT) von Hals, Thorax und Abdomen: Zum Nachweis von Lymphknoten- und Fernmetastasen (N- und M-Stadium).
- Ggf. Bronchoskopie: Zum Ausschluss einer Infiltration der Trachea oder der Bronchien.
Allgemeine Therapieprinzipien
Die Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist komplex und sollte in spezialisierten Zentren erfolgen. Der Ansatz ist stadienabhängig und multimodal, d.h. er kombiniert verschiedene Therapieformen.
- Frühstadien (T1a): Können oft endoskopisch reseziert werden.
- Lokal fortgeschrittene, operable Stadien: Meist eine Kombination aus neoadjuvanter (Radio-)Chemotherapie und anschließender Operation (Ösophagektomie).
- Metastasierte Stadien: Palliative Therapie zur Symptomkontrolle und Lebensverlängerung mittels Chemotherapie und/oder Strahlentherapie.
Zur Sicherstellung der Ernährung kann bei stenosierenden Tumoren die Anlage einer PEG-Sonde (perkutane endoskopische Gastrostomie) erforderlich sein.
Prognose
Die Prognose des Ösophaguskarzinoms ist insgesamt ungünstig, was sich in einer niedrigen 5-Jahres-Überlebensrate widerspiegelt. Dies liegt vor allem an der späten Diagnosestellung in fortgeschrittenen Stadien.