Mammakarzinom: Definition und Epidemiologie
Das Mammakarzinom, auch als Brustkrebs oder Mamma-Ca bekannt, ist eine maligne Neoplasie der Brust, die von den Brustdrüsen oder Milchgängen ausgeht. Es stellt die häufigste Krebserkrankung bei Frauen dar, wobei etwa jede siebte Frau im Laufe ihres Lebens betroffen ist. Das Erkrankungsrisiko steigt mit dem Alter, die meisten Neuerkrankungen treten zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr auf.
Ätiologie und Risikofaktoren
Die Entstehung von Brustkrebs ist multifaktoriell. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:
- Hormonelle Faktoren: Weibliches Geschlecht, eine frühe erste Regelblutung (Menarche), eine späte Menopause sowie Kinderlosigkeit oder eine späte erste Schwangerschaft erhöhen das Risiko. Stillen wirkt hingegen protektiv.
- Genetische Prädisposition: Eine familiäre Belastung spielt eine wesentliche Rolle. Besonders relevant sind Mutationen in den Tumorsuppressorgenen BRCA-1 und BRCA-2, die für etwa 5–10 % aller Fälle verantwortlich sind und auch das Risiko für Ovarialkarzinome erhöhen.
- Lebensstil und Umweltfaktoren: Alter über 50 Jahre, deutliches Übergewicht (Adipositas), regelmäßiger Alkoholkonsum, Rauchen und geringe körperliche Aktivität sind ebenfalls bekannte Risikofaktoren.
- Vorerkrankungen: Eine Mastopathie Grad II und III oder ein vorangegangenes Karzinom in der anderen Brust oder in anderen Organen (z.B. Endometrium, Ovarien) können das Risiko steigern.
Lokalisation und Metastasierung
Am häufigsten tritt das Mammakarzinom im oberen äußeren Quadranten der Brust auf (ca. 50 % der Fälle). Die Metastasierung erfolgt primär lymphogen in die axillären (achselseitigen) Lymphknoten. Eine hämatogene Streuung findet oft früh statt und betrifft vor allem Lunge, Leber, Knochen und Gehirn.
Einteilung und Histologie
Die häufigste histologische Form ist das invasive duktale Karzinom (NST - No Special Type). Eine Sonderform ist der Morbus Paget der Mamille, der sich als ekzemartige Veränderung der Brustwarze manifestiert. Die Einteilung des Tumorstadiums erfolgt nach der international gültigen TNM-Klassifikation (Tumorgröße, Lymphknotenbefall, Fernmetastasen) und dem histologischen Grading (G1-G3), das den Differenzierungsgrad der Tumorzellen beschreibt.
Diagnostik
Screening und klinische Untersuchung
Die Diagnostik beginnt mit der Selbstuntersuchung und der klinischen Untersuchung durch einen Arzt. In Deutschland wird ein regelmäßiges Mammografie-Screening für alle Frauen zwischen 50 und 70 Jahren empfohlen. Verdächtige klinische Befunde sind neu aufgetretene, derbe Knoten, Hauteinziehungen (Orangenhautphänomen), Asymmetrien der Brust oder blutige Sekretionen aus der Brustwarze.
Bildgebende Verfahren
Bei einem Verdachtsbefund ist die Kombination aus Mammografie und Mammasonografie (Ultraschall der Brust) der Goldstandard. In der Mammografie sind unscharf begrenzte, spikuliert (sternförmig) aussehende Herdbefunde und gruppierter, pleomorpher Mikrokalk hochgradig malignitätsverdächtig. Die Befunde werden nach dem BI-RADS-System (Breast Imaging Reporting and Data System) klassifiziert, wobei höhere Kategorien (BI-RADS 4 und 5) eine hohe Malignomwahrscheinlichkeit anzeigen und eine Biopsie erfordern.
Diagnosesicherung und molekulare Marker
Die definitive Diagnose wird stets durch eine Biopsie mit anschließender histopathologischer Untersuchung gesichert. Standardverfahren ist die sonografisch gesteuerte Stanzbiopsie. Das gewonnene Gewebe wird immunhistochemisch untersucht, um entscheidende prädiktive und prognostische Marker zu bestimmen:
- Hormonrezeptorstatus (ER/PR): Die Expression von Östrogen- (ER) und Progesteronrezeptoren (PR) ist entscheidend für die Indikationsstellung einer antihormonellen (endokrinen) Therapie.
- HER2/neu-Status: Eine Überexpression des "Human Epidermal Growth Factor Receptor 2" ist ein prognostisch ungünstiger Faktor, ermöglicht aber eine gezielte Anti-HER2-Therapie (z.B. mit Trastuzumab).
Ein Tumor, der negativ für alle drei Marker ist (ER-, PR-, HER2-), wird als triple-negatives Mammakarzinom bezeichnet und gilt als besonders aggressiv.
Therapie
Die Therapie des Mammakarzinoms ist multimodal und richtet sich nach dem Tumorstadium, der Tumorbiologie (Rezeptorstatus) und dem Allgemeinzustand der Patientin. Man unterscheidet zwischen kurativen und palliativen Ansätzen.
Operative Therapie
Die operative Entfernung des Tumors ist die primäre Behandlungsmaßnahme. Die zwei Hauptverfahren sind:
- Brusterhaltende Therapie (BET): Hierbei werden der Tumor und ein Saum gesunden Gewebes entfernt. Eine anschließende Bestrahlung der gesamten Brust ist obligatorisch, um das Lokalrezidivrisiko zu senken. Die Prognose ist bei korrekter Indikationsstellung identisch mit der Mastektomie.
- Mastektomie: Die vollständige Entfernung der Brustdrüse ist bei großen Tumoren, multizentrischem Befall oder Kontraindikationen gegen eine Bestrahlung notwendig.
Zusätzlich wird in der Regel eine Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (Entfernung des Wächterlymphknotens) durchgeführt, um den Befall der axillären Lymphknoten zu prüfen.
Adjuvante systemische Therapie
Nach der Operation folgt oft eine adjuvante (unterstützende) systemische Therapie, um Mikrometastasen zu zerstören und das Rückfallrisiko zu senken. Die Wahl der Therapie hängt von der Tumorbiologie ab:
- Endokrine (antihormonelle) Therapie: Bei hormonrezeptor-positiven Tumoren wird über 5-10 Jahre eine Therapie mit z.B. Tamoxifen oder Aromatasehemmern durchgeführt.
- Chemotherapie: Indiziert bei hormonrezeptor-negativen, HER2-positiven oder nodal-positiven Tumoren sowie bei hohem Rezidivrisiko.
- Anti-HER2-Therapie: Bei HER2-positiven Tumoren wird zusätzlich zur Chemotherapie der Antikörper Trastuzumab über ein Jahr verabreicht.
In manchen Fällen (z.B. bei großen oder aggressiven Tumoren) kann eine systemische Therapie auch neoadjuvant, also vor der Operation, erfolgen, um den Tumor zu verkleinern.