🟠 •• Magenkarzinom, Magen-Ca, Magenkrebs
Magenkarzinom (Magenkrebs) Mindmap für Medizinstudium & internationale Ärzte. Alle prüfungsrelevanten Infos kompakt und visuell aufbereitet.
Definition des Magenkarzinoms
Das Magenkarzinom, auch als Magenkrebs bekannt, ist die häufigste bösartige (maligne) Neubildung des Magens. Es handelt sich um eine maligne epitheliale Neoplasie, die in der ICD-10-Klassifikation unter C16.- geführt wird.
Epidemiologie und Risikofaktoren
Weltweit ist das Magenkarzinom das fünfthäufigste Karzinom, wobei die Inzidenz und Mortalität in westlichen Industrieländern wie Deutschland stark rückläufig sind. Hochinzidenzgebiete sind vor allem Japan, China, Osteuropa und Südamerika. Männer sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Frauen, und das mittlere Erkrankungsalter liegt bei Männern bei ca. 72 Jahren und bei Frauen bei ca. 76 Jahren.
Risikofaktoren
Die Entstehung von Magenkrebs ist multifaktoriell. Man unterscheidet zwischen exogenen (äußeren) und endogenen (inneren) Faktoren.
- Ernährung: Eine nitrat- und salzreiche Kost (z.B. gepökelte, geräucherte Speisen), geringer Konsum von Obst und Gemüse, Rauchen und Alkoholabusus erhöhen das Risiko.
- Infektionen: Die chronische Gastritis durch eine Infektion mit dem Bakterium Helicobacter pylori (Typ B) gilt als der wichtigste einzelne Risikofaktor. Die WHO stuft H. pylori als Karzinogen der Gruppe 1 ein. Auch eine EBV-Infektion kann ein Risikofaktor sein.
- Magen-spezifische Vorerkrankungen: Dazu zählen die chronisch-atrophische Autoimmungastritis (Typ A), der Zustand nach einer Magenteilresektion (z.B. Billroth I/II), Morbus Ménétrier (Riesenfaltengastritis) und adenomatöse Magenpolypen.
- Genetische Prädisposition: Eine familiäre Häufung, das hereditäre diffuse Magenkarzinom (CDH1-Gen-Mutation), das HNPCC (Lynch-Syndrom) und die Blutgruppe A sind mit einem erhöhten Risiko assoziiert.
Klassifikation des Magenkarzinoms
Magenkarzinome werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt, die für die Therapie und Prognose relevant sind.
Laurén-Klassifikation
Diese Einteilung nach dem Wachstumsverhalten ist therapeutisch relevant, da sie den notwendigen chirurgischen Sicherheitsabstand bestimmt.
- Intestinaler Typ: Wächst eher abgegrenzt, metastasiert später und hat eine bessere Prognose. Er ist häufiger mit H. pylori assoziiert. Der erforderliche Sicherheitsabstand bei der Operation beträgt 5 cm.
- Diffuser Typ: Wächst infiltrativ, metastasiert früh und hat eine schlechtere Prognose. Er ist oft genetisch bedingt. Der erforderliche Sicherheitsabstand beträgt hier 8 cm.
Histologie
Über 95 % aller Magenkarzinome sind Adenokarzinome. Eine besondere Form ist das Siegelringzellkarzinom, das typischerweise zum diffusen Typ gehört und eine ungünstigere Prognose hat. Seltener sind adenosquamöse, Plattenepithel- oder undifferenzierte Karzinome.
Symptome und Warnzeichen
Das Tückische am Magenkarzinom ist, dass es im Frühstadium meist keine oder nur sehr unspezifische Symptome verursacht. Dies führt oft zu einer späten Diagnose.
- Frühstadium: Oft asymptomatisch.
- Fortgeschrittenes Stadium: Unspezifische Oberbauchbeschwerden, postprandiales Völlegefühl, Appetitlosigkeit (Inappetenz) und leichte Übelkeit können auftreten.
- Warnzeichen (Alarmsymptome): Ein deutlicher, ungewollter Gewichtsverlust, Leistungsminderung, Schluckstörungen (Dysphagie) bei Tumoren am Mageneingang, Erbrechen bei Tumoren am Magenausgang sowie Anzeichen einer Blutung (Eisenmangelanämie, Teerstuhl) sind ernste Hinweise. Eine neu aufgetretene Abneigung gegen Fleisch gilt als pathognomonisch, also als ein sehr spezifisches und charakteristisches Zeichen für Magenkrebs.
Diagnostik und Staging
Primärdiagnostik
Die wichtigste und entscheidende Untersuchung zur Diagnosesicherung ist die Magenspiegelung (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie, ÖGD) mit der Entnahme von multiplen Gewebeproben (Biopsien) aus verdächtigen Arealen. Nur die histologische Untersuchung der Biopsien kann die Diagnose eines Magenkarzinoms beweisen.
Staging-Untersuchungen
Nach der Diagnosesicherung erfolgt das Staging, um die Tumorausbreitung (TNM-Stadium) zu bestimmen. Dies ist entscheidend für die Therapieplanung.
- Endosonografie: Ein Ultraschall von innen zur Bestimmung der Infiltrationstiefe des Tumors in die Magenwand (T-Stadium) und zum Nachweis befallener lokaler Lymphknoten (N-Stadium).
- Computertomografie (CT): CT-Untersuchungen von Brustkorb und Bauchraum dienen der Suche nach Fernmetastasen (M-Stadium), insbesondere in Leber, Lunge und Lymphknoten.
- Laparoskopie (Bauchspiegelung): Kann in manchen Fällen zur Abklärung eines möglichen Befalls des Bauchfells (Peritonealkarzinose) notwendig sein.
Therapie des Magenkarzinoms
Die Therapie wird individuell in einer interdisziplinären Tumorkonferenz festgelegt und hängt maßgeblich vom Tumorstadium ab.
Kurative Therapie
Bei lokal begrenzten Tumoren ohne Fernmetastasen ist das Ziel eine Heilung.
- Chirurgische Resektion: Das primäre Ziel ist die vollständige operative Entfernung des Tumors im Gesunden (R0-Resektion). Je nach Lage und Ausdehnung wird eine teilweise (subtotale) oder vollständige (totale) Entfernung des Magens (Gastrektomie) durchgeführt, immer in Kombination mit der Entfernung der zugehörigen Lymphknoten (Lymphadenektomie).
- Perioperative Chemotherapie: Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren (ab Stadium T2/T3) wird eine Chemotherapie vor (neoadjuvant) und nach (adjuvant) der Operation (z.B. nach dem FLOT-Schema) durchgeführt, um die Heilungschancen zu verbessern.
- Endoskopische Resektion: Bei sehr frühen Karzinomen, die auf die Schleimhaut begrenzt sind, kann eine Entfernung im Rahmen einer Magenspiegelung ausreichend sein.
Palliative Therapie
Wenn eine Heilung nicht mehr möglich ist (z.B. bei Fernmetastasen), zielt die palliative Therapie darauf ab, das Tumorwachstum zu verlangsamen, Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu erhalten. Dies umfasst palliative Chemotherapie, ggf. kombiniert mit zielgerichteten Therapien (z.B. Trastuzumab bei HER2-positiven Tumoren) oder Immuntherapien, sowie unterstützende Maßnahmen wie Stent-Implantationen zur Sicherung der Nahrungspassage oder Strahlentherapie bei schmerzhaften Metastasen.
Ernährung
Nach einer Magenentfernung ist eine lebenslange Anpassung der Ernährung notwendig. Patienten müssen viele kleine Mahlzeiten zu sich nehmen und benötigen eine lebenslange Substitution von Vitamin B12, da der für die Aufnahme notwendige Intrinsic Factor fehlt.
Prognose
Die Prognose des Magenkarzinoms ist insgesamt ernst, da die Diagnose oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium gestellt wird. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt in Deutschland über alle Stadien bei etwa 35 %.
- Der wichtigste prognostische Faktor ist das Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnose (pTNM-Stadium). Insbesondere der Befall von Lymphknoten (pN-Status) hat eine hohe prognostische Aussagekraft.
- Weitere wichtige Faktoren sind das Erreichen einer R0-Resektion, der histologische Typ (diffuser Typ hat eine schlechtere Prognose) und das Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie.
- Bei einem Frühkarzinom, das vollständig entfernt werden kann, ist die Prognose mit einer 5-Jahres-Überlebensrate von über 80 % sehr gut.