🟠 • Leistenhernie(n)/Inguinalhernie(n) (Leistenbruch), Femoralhernie(n), Sportlerleiste
Leistenhernie kompakt: Anatomie, Pathogenese, Diagnostik, Management. Optimale Prüfungsvorbereitung für Medizinstudenten & Ärzte.
Definition und Einteilung von Leisten-, Schenkel- und Sportlerleistenhernien
Eine Leistenhernie (Hernia inguinalis), umgangssprachlich Leistenbruch, ist eine Hernie, die oberhalb des Leistenbandes (Ligamentum inguinale) auftritt. Dabei treten Bauchorgane, meist Darmanteile, durch eine angeborene oder erworbene Lücke in der Bauchwand nach außen. Man unterscheidet verschiedene Formen, deren korrekte Diagnose für die Therapie entscheidend ist.
Einteilung nach anatomischer Lage
Die Klassifikation von Hernien in der Leistenregion erfolgt primär nach ihrer anatomischen Position im Verhältnis zu wichtigen Leitstrukturen.
- Indirekte (laterale) Leistenhernie: Dies ist die häufigste Form (ca. 80 %), die oft angeboren ist. Die Bruchpforte liegt lateral der epigastrischen Gefäße. Der Bruchsack verläuft durch den Leistenkanal und kann bei Männern bis in den Hodensack (Skrotalhernie) oder bei Frauen in die großen Schamlippen reichen.
- Direkte (mediale) Leistenhernie: Diese Form ist immer erworben und tritt medial der epigastrischen Gefäße im Hesselbach-Dreieck durch eine Schwäche der Bauchwand auf. Eine frühe Form der direkten Hernie wird als "Sportlerleiste" bezeichnet.
- Femoralhernie (Schenkelhernie): Diese Hernie tritt häufiger bei Frauen auf. Die Bruchpforte befindet sich unterhalb des Leistenbandes. Femoralhernien bergen ein besonders hohes Risiko für eine Einklemmung (Inkarzeration) und erfordern daher besondere Aufmerksamkeit.
Symptome und Diagnostik
Typische Symptome sind ziehende Schmerzen und eine sicht- oder tastbare Schwellung in der Leistengegend, die sich beim Husten oder Pressen verstärken kann. Die Diagnose wird meist klinisch gestellt.
Klinische Untersuchung
Die Untersuchung erfolgt im Stehen und Liegen, wobei immer beide Leistenregionen verglichen werden. Ein zentrales diagnostisches Kriterium ist die Reponierbarkeit des Bruchs.
- Reponible Hernie: Der Bruchsackinhalt lässt sich manuell in die Bauchhöhle zurückdrücken.
- Irreponible Hernie: Der Bruchsack lässt sich nicht zurückdrücken. Dies ist ein alarmierendes Zeichen und deutet oft auf eine Einklemmung hin, die mit starken Schmerzen verbunden ist.
Ein positiver "Hustenanprall" (eine spürbare Vorwölbung beim Husten) bestätigt den Verdacht. Bei unklaren Befunden wird eine Sonografie (Ultraschall) eingesetzt.
Therapieansätze
Die Behandlungsstrategie hängt von den Symptomen, dem Hernientyp und dem Geschlecht des Patienten ab.
- Männer: Bei asymptomatischen, nicht fortschreitenden Leistenhernien kann eine Strategie des "watchful waiting" (kontrolliertes Abwarten) in Betracht gezogen werden.
- Frauen: Aufgrund des hohen Risikos einer Einklemmung, insbesondere bei Femoralhernien, wird bei Frauen in der Regel eine primäre Operation empfohlen.
- Säuglinge: Hier wird ebenfalls eine elektive operative Versorgung angestrebt.
Für die operative Versorgung stehen offene Verfahren (z.B. OP nach Lichtenstein mit Netz, OP nach Shouldice als Nahtverfahren) und laparoskopische Verfahren (TEP, TAPP) zur Verfügung.
Komplikationen: Die Inkarzeration
Die gefährlichste Komplikation eines Leistenbruchs ist die Inkarzeration (Einklemmung). Dies ist ein chirurgischer Notfall.
Pathomechanismus und Symptome
Bei einer Einklemmung wird die Blutzufuhr zum Bruchsackinhalt (z.B. Darm) unterbrochen. Dies führt zu einer venösen Stauung, einem Ödem und schließlich zu einer arteriellen Durchblutungsstörung, die zum Absterben des Gewebes (Nekrose) führen kann. Unbehandelt drohen eine Darmperforation, Bauchfellentzündung (Peritonitis) und eine lebensbedrohliche Sepsis.
Symptome einer Inkarzeration sind plötzlich einsetzende, starke Schmerzen, eine prall-elastische und irreponible Schwellung, begleitet von Übelkeit und Erbrechen.
Management der Inkarzeration
Eine irreponible, schmerzhafte Hernie erfordert eine sofortige ärztliche Abklärung und in der Regel eine Notfalloperation. Ein Repositionsversuch darf nur unter strengen Kriterien und kurz nach Symptombeginn erfolgen, da sonst die Gefahr einer Schädigung des eingeklemmten Darms besteht.