⭕ • klinische/körperliche Untersuchung des Herzens
Mindmap zur klinischen Herzuntersuchung: Das Wichtigste für Medizinstudenten & Ärzte. Ideal zur Prüfungsvorbereitung. Herzgeräusche, Pulse, Herzinsuffizienz.
Inspektion des Thorax
Die Inspektion des Herzens erfolgt am entkleideten Oberkörper des Patienten. Zunächst wird auf Narben, beispielsweise nach Herzoperationen, geachtet. Ein besonderes Augenmerk gilt den Symptomen einer Herzinsuffizienz, wie einer sichtbaren Halsvenenstauung als Zeichen einer Rechtsherzinsuffizienz.
Atypische Pulsationen an der Brustwand können wichtige Hinweise auf zugrundeliegende Erkrankungen geben:
- Pulsationen im 1. und 2. Interkostalraum (ICR): Können auf eine Aortenklappeninsuffizienz oder ein Aneurysma der Aorta ascendens hindeuten.
- Pulsationen im 2. und 3. ICR: Deuten auf einen Verdacht auf einen Vorhofseptumdefekt, eine Pulmonalstenose oder eine poststenotische Dilatation hin.
- Epigastrische Pulsationen: Können ein Zeichen für eine Rechtsherzhypertrophie, Rechtsherzinsuffizienz oder eine Trikuspidalklappeninsuffizienz sein.
Palpation
Die Palpation konzentriert sich auf die Beurteilung des Herzspitzenstoßes und des Pulsstatus.
Herzspitzenstoß
Der Herzspitzenstoß ist der tastbare Stoß der Herzspitze (Apex cordis) gegen die Brustwand, der am besten in Linksseitenlage des Patienten zu beurteilen ist. Normalerweise ist er im 5. ICR medial der linken Medioklavikularlinie (MCL) als schwacher, kurzer Stoß palpierbar oder gar nicht tastbar.
Pathologische Befunde sind klinisch hochrelevant:
- Lageveränderung: Ein nach lateral und kaudal verlagerter Herzspitzenstoß ist ein typisches Zeichen für eine Aortenklappeninsuffizienz.
- Qualität und Stärke:
- Ein hyperkinetischer (kräftiger, kurzer) Stoß kann auf eine Linksherzhypertrophie, eine arterielle Hypertonie oder eine Aortenklappenstenose hinweisen.
- Ein hebender (kräftiger, langanhaltender) Stoß ist ein Indiz für eine ausgeprägte Herzhypertrophie, wie sie bei einer Aortenklappeninsuffizienz oder chronischer Herzinsuffizienz auftritt.
- Ein tastbares "Schwirren", das am besten mit der flachen Hand gefühlt wird, entspricht einem lauten Herzgeräusch (Grad ≥ 4/6).
Auskultation des Herzens
Die Auskultation ist der zentrale Bestandteil der körperlichen Untersuchung des Herzens. Mit dem Stethoskop werden Herztöne, Herzgeräusche und eventuelle Reibegeräusche beurteilt.
Auskultationspunkte
Die Herzklappen werden an spezifischen Punkten auskultiert, idealerweise im Sitzen (ggf. vorgebeugt) oder in Linksseitenlage. Die empfohlene Reihenfolge ist:
- Erb-Punkt: 3. ICR links parasternal (zentraler Punkt für viele Geräusche).
- Pulmonalklappe: 2. ICR links parasternal.
- Mitralklappe: 5. ICR links medioklavikular (im Bereich des Herzspitzenstoßes).
- Trikuspidalklappe: 4. ICR rechts parasternal.
- Aortenklappe: 2. ICR rechts parasternal.
Herztöne (HT)
Physiologisch sind der 1. und 2. Herzton hörbar.
- 1. HT: Dumpfer Ton zu Beginn der Systole (Anspannung der Ventrikel).
- 2. HT: Hellerer, kürzerer Ton am Ende der Systole (Schluss der Aorten- und Pulmonalklappe). Eine atemunabhängige (fixierte) Spaltung des 2. HT ist ein starker Hinweis auf einen Vorhofseptumdefekt oder eine Pulmonalstenose.
- 3. und 4. HT: Diese "Extratöne" sind bei Erwachsenen pathologisch. Der 3. HT kann auf eine Herzinsuffizienz hindeuten, der 4. HT auf eine erhöhte Belastung des Vorhofs, z.B. bei einer Linksherzhypertrophie.
Herzgeräusche (HG)
Herzgeräusche sind meist pathologisch und deuten auf Herzklappenfehler oder Defekte der Herzscheidewand hin. Sie werden nach mehreren Kriterien beschrieben:
- Zeitpunkt: Ein Systolikum (während der Systole) tritt typischerweise bei einer Stenose der Aorten- oder Pulmonalklappe auf. Ein Diastolikum (während der Diastole) ist charakteristisch für eine Stenose der Mitral- oder Trikuspidalklappe sowie für eine Insuffizienz der Aorten- oder Pulmonalklappe.
- Lautstärke: Die Lautstärke wird auf einer Skala von 1/6 (sehr leise) bis 6/6 (ohne Stethoskop hörbar) angegeben. Ab einer Lautstärke von 4/6 ist ein tastbares Schwirren vorhanden.
- Form: Ein spindelförmiges (Crescendo-Decrescendo) Geräusch ist typisch für Klappenstenosen (z.B. Aortenstenose), während ein bandförmiges oder abschwellendes (Decrescendo) Geräusch auf eine Klappeninsuffizienz hindeutet.
- Punctum maximum (P.m.): Der Punkt der lautesten Auskultation.
Perikardreiben
Ein kratzendes, schabendes Geräusch, das synchron zur Herzaktion auftritt. Es ist charakteristisch und oft beweisend für eine akute Perikarditis. Das Geräusch ist typischerweise triphasisch ("Lokomotivgeräusch") und am besten bei vorgebeugtem Oberkörper in Exspiration zu hören.
Pulsdefizit
Ein Pulsdefizit liegt vor, wenn die am Herzen auskultierte Frequenz höher ist als die am peripheren Puls (z.B. A. radialis) getastete Frequenz. Dies ist ein klassisches Zeichen für hämodynamisch nicht wirksame Herzaktionen, wie sie bei Vorhofflimmern mit Tachyarrhythmie oder zahlreichen Extrasystolen auftreten.
Perkussion
Die Perkussion der Herzgrenzen zur Bestimmung der Herzgröße ist eine veraltete Methode. Sie gilt als ungenau und ist im klinischen Alltag nicht mehr üblich, da bildgebende Verfahren wie die Echokardiografie deutlich präzisere Ergebnisse liefern.