🟠 ∙∙ Intubation, endotracheale Intubation / intubiert
Intubation Mindmap: Essenzielle Inhalte für Medizinstudium & Ärzte. Umfassendes Kernwissen zur Atemwegssicherung für effiziente Prüfungsvorbereitung.
Definition
Die endotracheale Intubation ist ein medizinisches Verfahren, bei dem ein Tubus (ein flexibler Schlauch) durch den Mund oder die Nase in die Luftröhre (Trachea) eingeführt wird. Hauptziele sind die Sicherung der Atemwege, um diese offenzuhalten, und die Ermöglichung einer künstlichen Beatmung.
Indikationen
Die endotracheale Intubation gilt als Goldstandard der Atemwegssicherung, da sie als einziges Verfahren einen umfassenden Schutz vor Aspiration (Einatmen von Mageninhalt) bietet. Im Zweifel wird eher zur Intubation geraten. Wichtige Indikationen sind:
- Allgemeinanästhesie: Zur Sicherung der Atemwege und Gewährleistung einer optimalen Ventilation und Oxygenierung.
- Aspirationsgefahr: Bei nicht-nüchternen Patienten, Ileus, gastroösophagealem Reflux, Schwangerschaft oder Adipositas permagna.
- Spezifische Operationen: Eingriffe im Kopf-, HNO-, Thorax-, Herz- oder Bauchbereich sowie Operationen in Bauchlage.
- Notfallmedizin: Bei Polytrauma, Schädel-Hirn-Trauma (insbesondere bei einem Glasgow Coma Scale (GCS) von ≤ 8), großflächigen Verbrennungen oder drohender Atemwegsverlegung.
- Absolute Indikationen: Bewusstlosigkeit/Koma und schwere Hirnfunktionsstörungen mit erloschenen Schutzreflexen.
- Weitere Gründe: Respiratorische Insuffizienz, Atemstillstand und im Rahmen der kardiopulmonalen Reanimation.
Zugangswege
Die Intubation kann über verschiedene Wege erfolgen:
- Orotracheale Intubation: Der häufigste Zugangsweg durch den Mund.
- Nasotracheale Intubation: Durch die Nase, oft bei Eingriffen im Mund- und Kieferbereich.
- Pertracheale Intubation: Durch eine Tracheo- oder Koniotomie, vor allem bei Langzeitbeatmung oder in Notfallsituationen.
Ablauf der Intubation
Vorbereitung
Eine sorgfältige Vorbereitung ist entscheidend. Dazu gehören die Überprüfung der Indikation und die Evaluation von Risikofaktoren wie Nüchternheit, Zahnstatus und potenziellen Halswirbelsäulen-Verletzungen (Reklination des Kopfes ist hier kontraindiziert). Das Risiko eines schwierigen Atemwegs wird oft mittels LEMON-Score eingeschätzt.
Rapid Sequence Induction (RSI)
Die RSI (auch Blitzeinleitung) ist eine spezielle Technik für Patienten mit hohem Aspirationsrisiko (z.B. nicht nüchtern, Ileus, Trauma). Im Gegensatz zur normalen Intubation wird hier auf eine Zwischenbeatmung mit der Maske verzichtet, um das Einbringen von Luft in den Magen zu vermeiden. Oft wird zusätzlich der Sellick-Handgriff (Krikoiddruck) angewendet.
Medikation
Für die Intubation werden in der Regel drei Medikamentenklassen kombiniert:
- Hypnotikum: Meist Propofol. Cave: Kann zu einem Blutdruckabfall (Hypotension) führen. Alternativen bei Kreislaufinstabilität sind Etomidat oder Ketamin.
- Analgetikum: Ein starkes Schmerzmittel, typischerweise ein Opioid wie Fentanyl.
- Muskelrelaxans: Zur Erschlaffung der Muskulatur, z.B. Rocuronium. Bei der RSI wird oft Succinylcholin verwendet, das jedoch bei bestimmten Zuständen (z.B. Hyperkaliämie, Verbrennungen, Sepsis) kontraindiziert ist.
Durchführung und Verifizierung
Der Patient wird optimal gelagert (Jackson-Position) und der Tubus unter direkter Sicht mittels Laryngoskop durch die Stimmbandebene in die Trachea eingeführt. Anschließend wird der Cuff (eine aufblasbare Manschette am Tubusende) geblockt.
Die korrekte Lage des Tubus muss sofort überprüft werden. Der Goldstandard hierfür ist die Kapnographie, die kontinuierlich das ausgeatmete Kohlendioxid (etCO2) misst. Weitere Zeichen sind die beidseitige Auskultation der Lunge, symmetrische Thoraxexkursionen und das Beschlagen des Tubus.
Sichere Intubationszeichen
Die Bestätigung der korrekten Tubuslage ist ein kritischer Schritt, um lebensbedrohliche Komplikationen zu vermeiden.
Primäre (sichere) Zeichen
- Goldstandard: Der Nachweis von endtidalem CO2 (etCO2) mittels Kapnographie. Dies ist der schnellste und sicherste Indikator für eine korrekte tracheale Lage.
- Die direkte visuelle Bestätigung, dass der Tubus die Stimmbänder passiert hat.
Sekundäre (unsichere) Zeichen
Diese Zeichen können hinweisend sein, sind aber allein nicht ausreichend:
- Beidseitig symmetrische Atemgeräusche bei der Auskultation.
- Symmetrische Bewegungen des Brustkorbs.
- Beschlagen des Tubusinneren während der Ausatmung.
Cave: Diese sekundären Zeichen können auch bei einer Fehllage in der Speiseröhre (ösophageale Intubation) täuschend positiv sein.
Komplikationen und Risiken
Die Intubation ist ein invasives Verfahren und birgt mehrere Risiken.
Akute Komplikationen
- Fehllagen: Eine ösophageale Fehllage ist ein lebensbedrohlicher Notfall, der zu schwerer Hypoxämie führt. Eine zu tiefe, endobronchiale Lage führt zur einseitigen Beatmung.
- Mechanische Verletzungen: Zahnschäden, Verletzungen an Lippen, Schleimhäuten oder Stimmbändern. Eine Trachealruptur ist eine seltene, aber vital bedrohliche Komplikation.
- Aspirationsrisiko: Das Einatmen von Mageninhalt kann zu einer schweren Lungenentzündung (Mendelson-Syndrom) führen. Die RSI dient der Prophylaxe.
- Vegetative Reaktionen: Es kann zu Bradykardie (Pulsverlangsamung) durch vagale Stimulation oder zu Tachykardie und Hypertonie (Puls- und Blutdruckanstieg) durch sympathische Reaktion kommen.
Langzeitkomplikationen
Bei längerer Intubation können Druckschäden an der Trachealschleimhaut, Intubationsgranulome oder narbige Verengungen (Stenosen) auftreten.
Prävention
Zur Vermeidung von Komplikationen sind die Wahl der korrekten Tubusgröße und die regelmäßige Kontrolle des Cuffdrucks entscheidend. Der Cuffdruck sollte zwischen 20 und 30 cmH₂O liegen, um die Trachealschleimhaut zu schonen und gleichzeitig eine Aspiration zu verhindern.
Extubation
Die Entfernung des Tubus (Extubation) erfolgt, wenn der Patient die Kriterien für eine sichere Spontanatmung erfüllt. Dazu gehören eine stabile Hämodynamik, ausreichende Spontanatmung und zurückgekehrte Schutzreflexe (Husten, Schlucken).
Ein entscheidender Parameter ist die Messung der neuromuskulären Funktion mittels "Train-of-Four" (TOF). Eine sichere Extubation erfordert eine TOF-Ratio von > 0,9, um eine Restrelaxierung auszuschließen, die das Aspirationsrisiko erhöhen würde.
Tubusformen und Hilfsmittel
Tubusformen
Der Standardtubus (Magill-Tubus) besitzt einen Niederdruck-Cuff, der mit großem Volumen und niedrigem Druck die Trachealschleimhaut schont. Der Cuffdruck muss regelmäßig kontrolliert werden (Ziel: < 30 mmHg bzw. 20-30 cmH₂O), um Drucknekrosen zu vermeiden. Für spezielle Anwendungen gibt es u.a. Doppellumentuben (Thoraxchirurgie) oder verstärkte Tuben (z.B. Woodbridge-Tubus).
Wichtige Hilfsmittel
- Laryngoskop: Das Standardinstrument zur Darstellung des Kehlkopfs, meist mit einem gebogenen Spatel (Macintosh).
- Videolaryngoskop: Verbessert die Sicht auf die Stimmbänder und wird insbesondere bei erwartet schwierigem Atemweg eingesetzt.
- Weitere Hilfsmittel: Führungsstäbe (z.B. Bougie), Absaugvorrichtung, Beatmungsbeutel und supraglottische Atemwegshilfen (z.B. Larynxmaske) für den Notfall.