Definitionen und Grundlagen der Immunisierung
Eine Impfung ist die Verabreichung eines Impfstoffes mit dem Ziel, den Organismus gegen eine spezifische Infektionskrankheit zu immunisieren. Man unterscheidet zwei grundlegende Prinzipien der Immunisierung:
- Aktive Immunisierung: Hierbei wird der Körper durch die Gabe von Antigenen (in Form von Lebend- oder Totimpfstoffen) zur eigenen Bildung von spezifischen Antikörpern und Gedächtniszellen angeregt. Dies führt zu einem langfristigen, oft lebenslangen Schutz.
- Passive Immunisierung: Bei dieser Methode werden fertige, konzentrierte Antikörper (Immunglobuline) verabreicht. Dies bietet einen sofortigen, jedoch nur temporären Schutz, da der Körper kein eigenes immunologisches Gedächtnis aufbaut.
Eine Auffrischimpfung dient der Reaktivierung des Impfschutzes nach einer abgeschlossenen Grundimmunisierung, um die Immunität aufrechtzuerhalten.
Arten von Impfstoffen
Impfstoffe lassen sich hauptsächlich in Lebend- und Totimpfstoffe unterteilen, die sich in ihrer Zusammensetzung und Wirkungsweise unterscheiden.
Lebendimpfstoffe
Lebendimpfstoffe enthalten abgeschwächte (attenuierte), aber noch vermehrungsfähige Krankheitserreger. Sie ahmen eine natürliche Infektion nach und erzeugen dadurch eine sehr robuste und langanhaltende Immunantwort. Typische Beispiele sind die Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln (MMR) und Varizellen (Windpocken).
- Wichtige Kontraindikationen für Lebendimpfstoffe sind Schwangerschaft und schwere Immundefizienzen, da ein Risiko für eine unkontrollierte Vermehrung der Impferreger besteht.
Totimpfstoffe
Totimpfstoffe enthalten inaktivierte (abgetötete) Erreger oder nur einzelne Bestandteile davon (z.B. Proteine oder Toxoid-Formen). Sie können sich im Körper nicht vermehren und sind daher auch für immungeschwächte Personen und Schwangere sicher. Beispiele sind die Impfstoffe gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Hepatitis B und HPV. Sie erfordern in der Regel mehrere Dosen für eine vollständige Grundimmunisierung sowie regelmäßige Auffrischungen.
Kombinationsimpfstoffe
Diese enthalten Antigene gegen mehrere Krankheitserreger in einer einzigen Injektion, wie zum Beispiel die Sechsfachimpfung im Säuglingsalter. Dies reduziert die Anzahl der notwendigen Injektionen und verbessert die Impfakzeptanz.
Indikationen für Schutzimpfungen
Die Ständige Impfkommission (STIKO) klassifiziert Impfungen nach ihrer Indikation:
- Standardimpfungen (S): Allgemein empfohlene Impfungen für alle Altersgruppen gemäß dem öffentlichen Impfkalender.
- Indikationsimpfungen (I): Impfungen für Personen in Risikogruppen, z.B. aufgrund von chronischen Erkrankungen, beruflichem Risiko (medizinisches Personal) oder spezifischen Lebensumständen.
- Reiseimpfungen (R): Schutzimpfungen, die vor Reisen in Gebiete mit spezifischen Infektionsrisiken (z.B. Gelbfieber, Typhus) empfohlen werden.
- Postexpositionelle Prophylaxe (P): Impfung, die nach einem möglichen Kontakt mit einem Erreger verabreicht wird, um den Ausbruch der Krankheit zu verhindern oder abzuschwächen (z.B. bei Tetanus oder Tollwut).
Kontraindikationen bei Impfungen
Vor jeder Impfung muss eine sorgfältige Prüfung auf Kontraindikationen erfolgen.
- Absolute Kontraindikationen umfassen akute, schwere fieberhafte Erkrankungen (Fieber > 38,5 °C) und bekannte schwere allergische Reaktionen auf frühere Impfungen oder deren Bestandteile.
- Für Lebendimpfstoffe gelten zusätzlich Schwangerschaft und schwere Immundefekte als absolute Kontraindikationen.
- Keine Kontraindikationen sind hingegen banale Infekte mit Temperaturen unter 38,5 °C, die Einnahme von Antibiotika, chronische Erkrankungen oder Krampfanfälle in der Familienanamnese.
Aufklärung und Dokumentation
Vor jeder Impfung besteht eine besondere ärztliche Aufklärungspflicht. Das Aufklärungsgespräch muss umfassend über die zu verhütende Krankheit, den Nutzen der Impfung, mögliche Impfreaktionen und seltene Komplikationen informieren. Zudem müssen Kontraindikationen aktiv ausgeschlossen werden. Jede durchgeführte Impfung muss lückenlos dokumentiert werden, üblicherweise durch einen Eintrag im Impfausweis (Impfpass), der den Impfstoff, die Chargennummer, das Datum und den Stempel des Arztes enthält.
Impfreaktionen und Impfkomplikationen
Es ist wichtig, zwischen normalen Impfreaktionen und meldepflichtigen Impfkomplikationen zu unterscheiden.
- Impfreaktionen sind häufige, milde und vorübergehende lokale (Rötung, Schwellung) oder systemische (Fieber, Unwohlsein) Symptome. Sie zeigen die erwünschte Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff an und klingen meist nach wenigen Tagen ab.
- Impfkomplikationen sind seltene, schwerwiegende und über das übliche Maß hinausgehende gesundheitliche Schäden nach einer Impfung. Bereits der Verdacht auf eine Impfkomplikation ist nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) namentlich an das zuständige Gesundheitsamt meldepflichtig.