Hypothyreose: Ein Überblick über die Schilddrüsenunterfunktion
Die Hypothyreose, auch als Schilddrüsenunterfunktion bekannt, ist eine häufige endokrine Erkrankung, die durch einen Mangel an den Schilddrüsenhormonen T3 (Trijodthyronin) und T4 (Thyroxin) gekennzeichnet ist. Dieser Mangel führt zu einer Verlangsamung zahlreicher Stoffwechselprozesse im Körper.
Einteilung der Hypothyreose
Die Klassifikation der Hypothyreose erfolgt primär nach der Ursache (Ätiologie) und dem Grad der Ausprägung.
Einteilung nach Ätiologie
- Primäre Hypothyreose: Dies ist die häufigste Form, bei der die Schilddrüse selbst geschädigt ist und nicht genügend Hormone produzieren kann. Die häufigste Ursache ist die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung. Weitere Ursachen sind Zustände nach Schilddrüsenoperationen (Strumektomie), Radiojodtherapie oder die Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Lithium, Amiodaron).
- Sekundäre Hypothyreose: Eine seltene Form, die durch eine Funktionsstörung des Hypophysenvorderlappens verursacht wird. Eine unzureichende Ausschüttung von TSH (Thyreotropin) führt zu einer mangelnden Stimulation der Schilddrüse.
- Tertiäre Hypothyreose: Diese sehr seltene Form entsteht durch eine Insuffizienz des Hypothalamus, was zu einem Mangel an TRH (Thyreotropin-releasing Hormon) und folglich zu einer verminderten TSH- und Schilddrüsenhormonproduktion führt.
- Kongenitale Hypothyreose: Eine angeborene Schilddrüsenunterfunktion. Unbehandelt führt sie zum Vollbild des Kretinismus mit irreversiblen Hirnschädigungen und schweren Entwicklungsstörungen.
Symptomatik der Schilddrüsenunterfunktion
Die Symptome entwickeln sich oft schleichend und sind vielfältig. Da Schilddrüsenhormone fast alle Körperfunktionen beeinflussen, kann ein Mangel zu einer breiten Palette von Beschwerden führen.
Typische Symptome bei Erwachsenen
- Allgemeine Verlangsamung: Müdigkeit, Antriebsarmut, Leistungsabfall und depressive Verstimmung.
- Stoffwechsel: Kälteintoleranz und eine Tendenz zur Gewichtszunahme.
- Haut und Haare: Blasse, kühle, trockene Haut sowie brüchige Haare und Haarausfall.
- Herz-Kreislauf-System: Bradykardie (verlangsamter Herzschlag).
- Gastrointestinaltrakt: Chronische Obstipation (Verstopfung).
- Stimme und Sprache: Heiserkeit, eine tiefe, raue Stimme (Dysphonie) durch Ödeme an den Stimmbändern.
Myxödem
Ein charakteristisches Zeichen der manifesten Hypothyreose ist das Myxödem. Hierbei handelt es sich um eine generalisierte, teigige und nicht eindrückbare Schwellung der Haut und Unterhaut. Diese entsteht durch die pathologische Einlagerung von Glykosaminoglykanen (Mukopolysacchariden) im Interstitium, nicht durch Flüssigkeit. Das Gesicht wirkt oft aufgeschwemmt und die Mimik ist reduziert.
Diagnostik
Die Diagnose basiert auf der klinischen Symptomatik und wird durch Labordiagnostik bestätigt.
Labordiagnostik
Die Bestimmung der Schilddrüsenwerte im Blut ist entscheidend. Die Konstellation der Hormone TSH, fT3 und fT4 ermöglicht die Diagnose und Differenzierung:
- Manifeste primäre Hypothyreose: Der TSH-Wert ist deutlich erhöht, während die freien Hormone fT3 und fT4 erniedrigt sind. Dies ist die klassische und wichtigste Konstellation.
- Subklinische (latente) primäre Hypothyreose: Der TSH-Wert ist erhöht, aber die fT3- und fT4-Werte liegen noch im Normalbereich.
- Sekundäre/Tertiäre Hypothyreose: Sowohl der TSH-Wert als auch die fT3- und fT4-Werte sind erniedrigt.
Zur Ursachenklärung, insbesondere bei Verdacht auf Hashimoto-Thyreoiditis, werden Antikörper wie Anti-TPO bestimmt. Eine Sonografie der Schilddrüse kann zusätzliche Informationen über deren Struktur liefern.
Neugeborenen-Screening
Aufgrund der schwerwiegenden Folgen einer unbehandelten kongenitalen Hypothyreose ist das Hypothyreose-Screening am 3. Lebenstag eine entscheidende präventive Maßnahme, bei der der TSH-Wert im Blut des Neugeborenen bestimmt wird.
Therapie
Die Behandlung der manifesten Hypothyreose ist in der Regel unkompliziert und sehr wirksam.
- Hormonsubstitution: Die Standardtherapie ist die lebenslange orale Einnahme von L-Thyroxin (Levothyroxin, LT4). Die Tablette wird üblicherweise morgens, etwa 30 Minuten vor dem Frühstück, eingenommen, um eine optimale Resorption zu gewährleisten.
- Dosisanpassung: Die Dosis wird individuell eingestellt. Die Steuerung erfolgt anhand des TSH-Wertes, der in einen Zielbereich von etwa 0,5–2,0 mU/l gebracht werden soll. Regelmäßige Kontrollen sind notwendig, um die Dosis bei Bedarf anzupassen.
Komplikationen
Myxödemkoma
Das Myxödemkoma ist die schwerste und lebensbedrohliche Komplikation einer langjährigen, unbehandelten Hypothyreose. Es ist heute selten, hat aber eine hohe Letalität. Typische Symptome sind Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, eine ausgeprägte Hypothermie (Körpertemperatur oft unter 30°C), Hypoventilation und Bradykardie. Die Behandlung erfordert eine intensivmedizinische Betreuung mit hochdosierter intravenöser Gabe von L-Thyroxin und Hydrocortison.