🟡 nichtpolypöses Kolonkarzinom-Syndrom (HNPCC), Amsterdam-II-Kriterien, Bethesda-Kriterien
Lynch-Syndrom Mindmap (HNPCC): Genetik, Kriterien, Management, Screening. Alles Wichtige für Medizinstudium & Ärzte zur Prüfung.
Nichtpolypöses Kolonkarzinom-Syndrom (HNPCC) / Lynch-Syndrom
Das hereditäre nichtpolypöse Kolonkarzinom-Syndrom (HNPCC), heute oft synonym mit dem Lynch-Syndrom verwendet, ist eine erbliche Erkrankung, die durch eine familiäre Häufung von kolorektalen Karzinomen und anderen assoziierten Tumoren gekennzeichnet ist. Im Gegensatz zur familiären adenomatösen Polyposis (FAP) liegt keine ausgeprägte Polyposis vor; es finden sich typischerweise nur einzelne Adenome.
Mit HNPCC assoziierte Tumoren umfassen:
- Endometriumkarzinom
- Dünndarmkarzinom
- Magenkarzinom
- Ovarialkarzinom
- Urothelkarzinome
- Hepatobiliäre Karzinome
- Hirntumoren
- Talgdrüsenadenome (als Kriterium für das Muir-Torre-Syndrom)
Diagnostische Kriterien
Zur klinischen Verdachtsdiagnose des HNPCC werden die Amsterdam-II-Kriterien oder die revidierten Bethesda-Kriterien herangezogen.
Amsterdam-II-Kriterien
Alle folgenden Kriterien müssen erfüllt sein (sogenannte 3-2-1-Regel):
- Mindestens 3 Familienangehörige mit einem HNPCC-assoziierten Karzinom (z.B. Kolon, Rektum, Endometrium, Dünndarm, Magen, Ovar).
- Einer dieser Patienten muss ein erstgradig Verwandter der beiden anderen sein.
- Die Erkrankungen müssen in mindestens 2 aufeinanderfolgenden Generationen aufgetreten sein.
- Mindestens 1 Patient muss die Diagnose vor dem 50. Lebensjahr erhalten haben.
- Eine familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) muss ausgeschlossen sein.
Revidierte Bethesda-Kriterien
Diese Kriterien sind sensitiver und werden verwendet, um zu entscheiden, bei welchen Tumoren eine Untersuchung auf Mikrosatelliteninstabilität (MSI) durchgeführt werden sollte. Mindestens eines der folgenden Kriterien muss zutreffen, um eine weitere Testung zu rechtfertigen:
- Kolorektales Karzinom (KRK) diagnostiziert vor dem 50. Lebensjahr.
- Synchrone oder metachrone Tumoren des HNPCC-Spektrums (unabhängig vom Alter).
- KRK mit Histologie eines MSI-Tumors (z.B. muzinös, Siegelringzellen) vor dem 60. Lebensjahr.
- Patient mit KRK und mindestens einem erstgradig Verwandten mit einem HNPCC-assoziierten Tumor, wobei eine der Krebserkrankungen vor dem 50. Lebensjahr diagnostiziert wurde.
- Patient mit KRK und mindestens zwei erst- oder zweitgradig Verwandten mit HNPCC-assoziierten Tumoren (unabhängig vom Alter).
Bei Erfüllung eines Bethesda-Kriteriums wird eine Testung auf Mikrosatelliteninstabilität (MSI) empfohlen.
Diagnostik
Die Diagnosesicherung erfolgt durch molekulargenetische Untersuchungen des Tumorgewebes und des Blutes:
- Immunhistochemische Analyse: Untersuchung der Mismatch-Repair-Proteine (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) im Tumorgewebe. Ein Verlust der Expression weist auf einen Defekt hin.
- Mikrosatelliteninstabilität (MSI): Analyse von DNA-Sequenzen (Mikrosatelliten) auf Längenveränderungen. Eine hohe Instabilität (MSI-H) ist charakteristisch für das Lynch-Syndrom.
- Keimbahnmutationsanalyse: Nachweis einer krankheitsverursachenden Mutation in einem der MMR-Gene (MLH1, MSH2, MSH6, PMS2) im Blut sichert die Diagnose Lynch-Syndrom.
Präventionsmaßnahmen
Für Anlageträger und deren Familien sind spezifische präventive Maßnahmen entscheidend:
- Angebot einer genetischen Beratung für Familienangehörige.
- Diskussion über prophylaktische Operationen wie Hysterektomie und Ovarektomie nach abgeschlossener Familienplanung bei Frauen.
- Psychosoziale Betreuung zur Unterstützung der Betroffenen und ihrer Familien.