Definition und Terminologie von HIV und AIDS
Die HIV-Infektion (humane Immundefizienz-Viruskrankheit) ist eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV), die zu einem erworbenen Immundefekt durch den fortschreitenden Verlust von CD4-T-Helferzellen führt. AIDS (Acquired Immunodeficiency Syndrome, erworbenes Immundefektsyndrom) stellt das Spätstadium der HIV-Infektion dar und wird nach der CDC-Klassifikation als Kategorie C definiert.
Ätiologie und Übertragung
Erreger
Der Erreger ist das Humane Immundefizienz-Virus (HIV), ein Retrovirus aus der Gruppe der Lentiviren. Man unterscheidet hauptsächlich zwischen HIV-1, das in Europa vorherrscht, und HIV-2.
Übertragung
Die Übertragung erfolgt über virushaltige Körperflüssigkeiten. Die Hauptübertragungswege sind:
- Sexuelle Übertragung: Ungeschützter Sexualkontakt (Sperma, Vaginalsekret).
- Parenterale Übertragung: Intravenöser Drogenkonsum durch gemeinsames Nutzen von Nadeln ("Needle-Sharing") sowie durch Blut und Blutprodukte.
- Vertikale Übertragung: Von der Mutter auf das Kind, insbesondere peripartal oder beim Stillen über die Muttermilch.
Die Übertragungswahrscheinlichkeit ist stark von der Viruslast abhängig und besonders hoch kurz nach der Infektion sowie im späten Stadium (AIDS). Koinfektionen mit anderen sexuell übertragbaren Krankheiten (STDs) erhöhen das Risiko signifikant.
Stadieneinteilung nach CDC
Die Einteilung der HIV-Infektion erfolgt nach der Zahl der T-Helferzellen und dem klinischen Erscheinungsbild.
Einteilung nach CD4-T-Helferzellzahl
- Stadium 1: > 500 Zellen/µl
- Stadium 2: 200–499 Zellen/µl
- Stadium 3: < 200 T-Helferzellen/µl oder das Vorhandensein einer AIDS-definierenden Erkrankung.
Klinische Kategorien
- Kategorie A (Akutes retrovirales Syndrom / Asymptomatische Latenzphase): Beginnt 5-30 Tage nach der Ansteckung mit grippeähnlichen Symptomen und hoher Viruslast, gefolgt von einer oft jahrelangen asymptomatischen Latenzphase.
- Kategorie B (Symptomatische HIV-Infektion): Auftreten von HIV-assoziierten Symptomen wie Fieber, Gewichtsverlust oder opportunistischen Infektionen (z.B. orale Candidose, Herpes Zoster), die noch nicht AIDS-definierend sind.
- Kategorie C (AIDS): Vorliegen von AIDS-definierenden Erkrankungen. Dazu zählen schwere opportunistische Infektionen, HIV-typische Malignome und andere schwere Krankheitsbilder.
Wichtige AIDS-definierende Erkrankungen (Kategorie C)
- Opportunistische Infektionen: Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie, zerebrale Toxoplasmose, CMV-Retinitis, Tuberkulose, systemische Mykosen.
- Maligne Tumoren: Kaposi-Sarkom (assoziiert mit HHV8), Non-Hodgkin-Lymphome (oft EBV-assoziiert), invasives Zervixkarzinom (assoziiert mit HPV).
- Andere Zustände: HIV-assoziierte Enzephalopathie (HIV-Demenz) und das Wasting-Syndrom (schwere Kachexie).
Diagnostik
Die Diagnose erfolgt nach einem etablierten Stufenschema und erfordert die Einwilligung des Patienten.
HIV-Stufendiagnostik
- HIV-Screeningtest (Suchtest): Ein hochsensitiver Test (z.B. ELISA) zum Nachweis von Antikörpern gegen HIV-1/HIV-2. Bei positivem Ergebnis ist ein Bestätigungstest zwingend erforderlich.
- Bestätigungstest: Ein hochspezifischer Test (z.B. Immunoblot oder PCR) wird aus derselben Blutprobe durchgeführt, um ein falsch-positives Ergebnis des Suchtests auszuschließen.
Ein positives Ergebnis unterliegt der nicht-namentlichen Meldepflicht an das Robert-Koch-Institut. Die Mitteilung an den Patienten darf nicht telefonisch erfolgen. Zur Prognoseabschätzung und Therapieüberwachung werden anschließend die Viruslast (mittels PCR) und die Anzahl der CD4-T-Helferzellen bestimmt.
Therapie
Eine kausale Heilung der HIV-Infektion ist bisher nicht möglich. Das Ziel der Therapie ist die maximale und dauerhafte Unterdrückung der Virusreplikation, um den Krankheitsfortschritt zu verlangsamen und die Lebensqualität zu verbessern.
Antiretrovirale Therapie (ART)
Die Standardtherapie ist die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART), eine Kombinationstherapie aus mindestens drei antiretroviralen Medikamenten aus verschiedenen Wirkstoffklassen (z.B. 2 NRTI + 1 NNRTI oder 1 Proteaseinhibitor). Diese Kombination ist entscheidend, um die Entwicklung von Resistenzen zu verhindern.
Therapiemonitoring
Der Erfolg der ART wird regelmäßig durch die Messung von zwei zentralen Laborparametern überwacht:
- Die Viruslast: Ziel ist es, die Virusmenge im Blut unter die Nachweisgrenze zu senken.
- Die CD4-Zellzahl: Ein Anstieg der T-Helferzellen zeigt die Erholung des Immunsystems an.
Prävention
Die Prävention umfasst die Aufklärung über Übertragungswege (Expositionsprophylaxe) und den Schutz beim Geschlechtsverkehr. Nach einer möglichen Exposition gibt es die Postexpositionsprophylaxe (PEP), eine medikamentöse Therapie, die so schnell wie möglich (idealweise innerhalb von 24 Stunden) begonnen werden sollte, um eine Infektion zu verhindern.