🟠 • Hirndrucksyndrom / erhöhter Hirndruck / Hirndrucksteigerung, intrakranieller Druck (ICP)
Mindmap zum erhöhten Hirndruck (ICP): Ursachen, Symptome, Diagnose, Therapie kompakt für Medizinstudium & Ärzte. Das Wichtigste für die Prüfung.
Hirndrucksyndrom: Definition und Terminologie
Das Hirndrucksyndrom, auch als Hirndrucksteigerung bekannt, beschreibt die klinischen Folgen eines erhöhten intrakraniellen Drucks (ICP). Der intrakranielle Druck ist der Druck, der innerhalb des Schädels herrscht. Von einem erhöhten Hirndruck spricht man definitionsgemäß bei einem Druck von über 20 mmHg. Ein entscheidender Wert in diesem Zusammenhang ist der zerebrale Perfusionsdruck (CPP), der die Blutversorgung des Gehirns sicherstellt.
Ätiologie: Ursachen der Hirndrucksteigerung
Ein erhöhter Hirndruck kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Die häufigsten Ursachen sind:
- Intrakranielle Raumforderungen: Dazu zählen Blutungen (z.B. intrakranielle Blutungen, IKB) und Hirntumoren, die zusätzlichen Platz im Schädel beanspruchen.
- Störungen des Liquorflusses: Ein gestörter Abfluss oder eine unzureichende Resorption von Hirnwasser (Liquor) führt zu einem Volumenanstieg.
- Hirnödem: Eine Schwellung des Gehirns durch Flüssigkeitseinlagerungen in oder zwischen den Zellen, was das Hirnvolumen und somit den Druck erhöht.
Einteilung der Hirndruckwerte
Der intrakranielle Druck wird in verschiedene Schweregrade eingeteilt:
- Normaler ICP: < 10 mmHg
- Leicht erhöhter ICP: 11–20 mmHg
- Stark erhöhter ICP: 21–40 mmHg
- Sehr stark erhöhter ICP: > 40 mmHg
Symptomatik: Die klassischen Hirndruckzeichen
Die Symptome eines erhöhten Hirndrucks, auch Hirndruckzeichen genannt, entwickeln sich oft schrittweise.
Frühe Hirndruckzeichen
- Starke, oft lageabhängige Kopfschmerzen
- Übelkeit und (Nüchtern-)Erbrechen
- Vigilanzstörungen wie Müdigkeit und Somnolenz
- Psychomotorische Unruhe oder aggressives Verhalten
- Sehstörungen und Anisokorie (ungleiche Pupillenweite)
Späte und lebensbedrohliche Hirndruckzeichen
Bei fortschreitender Druckerhöhung treten lebensbedrohliche Symptome auf, die sofortiges Handeln erfordern.
- Cushing-Trias: Ein klassisches Zeichen der Einklemmung, bestehend aus arterieller Hypertonie (insbesondere systolische Spitzen), Bradykardie (langsamer Herzschlag) und pathologischen Atmustern (z.B. Cheyne-Stokes-Atmung).
- Zerebrale Krampfanfälle
- Bewusstlosigkeit bis hin zum Koma
Diagnostik bei Verdacht auf erhöhten Hirndruck
Bei Verdacht auf ein Hirndrucksyndrom sind schnelle und gezielte diagnostische Maßnahmen entscheidend.
Sofortdiagnostik
- Bildgebung: Die wichtigste Erstmaßnahme ist ein Notfall-Computertomogramm des Schädels (cCT) ohne Kontrastmittel. Ein typischer Befund ist eine Verlagerung der Mittellinie. Bei Verdacht auf einen Tumor wird ein cCT mit Kontrastmittel ergänzt.
- Invasive Hirndruckmessung: Die direkte Messung des ICP mittels Ventrikelkatheter oder Parenchymsonde ist der Gold-Standard. Der Ventrikelkatheter ermöglicht nicht nur die Messung, sondern auch eine therapeutische Liquorableitung zur Drucksenkung.
Ergänzende und Verlaufsdiagnostik
- Sonographie: Die transkranielle Sonografie und die sonographische Messung des Optikusnervenscheidendurchmessers (ONSD) sind nicht-invasive Methoden zur Verlaufskontrolle und schnellen Einschätzung.
- Fundoskopie: Im Verlauf kann eine Augenhintergrundspiegelung eine Stauungspapille (Schwellung des Sehnervenkopfes) zeigen, die ein chronisch erhöhtes Druckniveau anzeigt.
Therapie des erhöhten Hirndrucks
Die Behandlung erfolgt intensivmedizinisch und zielt darauf ab, den Hirndruck zu senken und den zerebralen Perfusionsdruck zu sichern.
Allgemeine und intensivmedizinische Maßnahmen
- Lagerung: Eine Oberkörperhochlagerung von 15-30° kann den venösen Abfluss verbessern, muss aber unter Kontrolle des CPP erfolgen.
- Beatmung und Sedierung: Bei einem Glasgow Coma Scale (GCS) von ≤ 8 sind eine Analgosedierung und Intubation mit kontrollierter Beatmung indiziert. Eine strenge Normokapnie (PaCO2 35–45 mmHg) ist essenziell.
- Aufrechterhaltung der Homöostase: Strikte Normothermie (Temperatursenkung ab 37,5°C), Normoglykämie und Ausgleich von Elektrolytstörungen sind entscheidend.
- Therapieziele: Angestrebt wird ein ICP von < 23 mmHg und ein zerebraler Perfusionsdruck (CPP) von > 60 mmHg.
Medikamentöse und operative Therapie
- Osmotherapie: Hypertone NaCl-Lösungen oder Mannitol werden eingesetzt, um dem Gehirn Wasser zu entziehen. Dies muss kontrolliert erfolgen, um Rebound-Effekte zu vermeiden.
- Glukokortikoide: Dexamethason ist nur bei vasogenen Ödemen (z.B. bei Hirntumoren oder bakterieller Meningitis) wirksam.
- Operative Entlastung: Bei therapierefraktärem Hirndruck, insbesondere nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma, kann eine Entlastungskraniotomie (operative Entfernung eines Teils des Schädelknochens) notwendig werden. Eine externe Ventrikeldrainage (EVD) dient der Ableitung von Liquor.
Absolute Kontraindikation
Eine Lumbalpunktion ist bei Verdacht auf erhöhten Hirndruck absolut kontraindiziert, da der plötzliche Druckabfall im Spinalkanal zu einer lebensbedrohlichen Einklemmung des Hirnstamms führen kann.