Hepatozelluläres Karzinom (HCC): Definition und Epidemiologie
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC), auch Leberzellkarzinom genannt, ist ein hochmaligner Tumor, der von den Hepatozyten, den Zellen des Leberparenchyms, ausgeht. Weltweit stellt es das sechst-häufigste Malignom und die dritthäufigste Krebstodesursache dar. Während die Inzidenz in Deutschland im globalen Vergleich eher selten ist, zeigt sie eine steigende Tendenz. In etwa 80 % der Fälle entwickelt sich das HCC auf dem Boden einer bestehenden Leberzirrhose.
Ätiologie und Risikofaktoren
Der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für die Entstehung eines HCC ist die Leberzirrhose. Die zugrundeliegenden Ursachen für die Zirrhose sind in Deutschland vorrangig:
- Alkoholische Lebererkrankung (ALD)
- Chronische Virushepatitis (insbesondere Hepatitis C und B)
- Metabolisch-assoziierte steatotische Lebererkrankung (MASLD/MASH), oft im Kontext des Metabolischen Syndroms
Einige Faktoren können auch ohne vorbestehende Zirrhose direkt onkogen wirken. Besonders das Hepatitis-B-Virus (HBV) kann durch die Integration viraler DNA in das Genom der Hepatozyten direkt zur Tumorentstehung führen. Weitere Risikofaktoren umfassen die Exposition gegenüber Aflatoxinen (Schimmelpilzgifte), die langjährige Einnahme von Anabolika sowie genetische Erkrankungen wie die Hämochromatose.
Symptomatik
Das HCC bleibt lange Zeit asymptomatisch, weshalb die Symptome der zugrundeliegenden Leberzirrhose oft im Vordergrund stehen. Erst im fortgeschrittenen Stadium treten spezifischere Beschwerden auf, wie Druckschmerz im rechten Oberbauch, ein tastbarer Tumor, unerklärlicher Gewichtsverlust (Tumorkachexie) und eine Verschlechterung der Leberfunktion. Auch paraneoplastische Syndrome wie Fieber, Polyglobulie oder Hyperkalzämie können vorkommen.
Diagnostik des HCC
Labordiagnostik
Der wichtigste Tumormarker für das HCC ist das α-Fetoprotein (AFP). Es wird sowohl für das Screening bei Patienten mit Leberzirrhose als auch zur Verlaufsbeobachtung unter Therapie eingesetzt. Allerdings ist die Sensitivität begrenzt, da der AFP-Wert nur bei etwa 50 % der Patienten mit HCC erhöht ist.
Apparative Diagnostik
Die bildgebenden Verfahren sind entscheidend für die Diagnose. In der kontrastmittelgestützten Schnittbildgebung (MRT oder CT) zeigt das HCC ein charakteristisches Verhalten:
- In der arteriellen Phase kommt es zu einer schnellen, kräftigen Kontrastmittelanreicherung (Hypervaskularisation).
- In der nachfolgenden portalvenösen Phase zeigt sich ein schnelles Auswaschen des Kontrastmittels ("Wash-out"-Phänomen), wodurch der Tumor im Vergleich zum umgebenden Lebergewebe hypodens bzw. hypointens erscheint.
Bei Patienten mit Leberzirrhose ist dieser Befund so spezifisch, dass die Diagnose oft ohne histologische Sicherung durch eine Biopsie gestellt werden kann. Eine Biopsie wird aufgrund der Gefahr einer Tumorzellverschleppung kontrovers diskutiert.
Stadieneinteilung und Therapieplanung
Für die Therapieentscheidung ist die BCLC-Klassifikation (Barcelona Clinic Liver Cancer) maßgeblich. Sie berücksichtigt nicht nur das Tumorstadium (Größe, Anzahl, Gefäßinvasion), sondern auch die verbliebene Leberfunktion (evaluiert durch den Child-Pugh-Score) und den Allgemeinzustand des Patienten (ECOG-Status).
Therapie des Leberzellkarzinoms
Die Therapieentscheidung wird individuell in einer interdisziplinären Tumorkonferenz getroffen. Leider sind über 80 % der Patienten bei Diagnosestellung nicht mehr kurativ operabel.
Kurative Ansätze
In frühen Stadien (BCLC 0/A) sind kurative Behandlungen möglich:
- Operative Resektion: Eine Leberteilresektion mit dem Ziel einer kompletten Tumorentfernung im Gesunden (R0-Resektion, Sicherheitsabstand > 0,5 cm).
- Lebertransplantation: Bei Patienten mit stark eingeschränkter Leberfunktion, die bestimmte Kriterien (z.B. Mailand-Kriterien) erfüllen.
- Lokal ablative Verfahren: Methoden wie die Radiofrequenzablation (RFA) können bei kleinen, nicht resektablen Tumoren eingesetzt werden.
Palliative Ansätze
Für intermediäre oder fortgeschrittene Stadien stehen palliative Optionen zur Verfügung:
- Transarterielle Chemoembolisation (TACE): Ein lokoregionäres Verfahren, bei dem ein Chemotherapeutikum gezielt über die Leberarterie in den Tumor eingebracht und die Blutzufuhr blockiert wird. Dies ist die Standardtherapie im intermediären BCLC-Stadium B.
- Systemische Therapie: Im fortgeschrittenen Stadium (BCLC C) kommen Multi-Tyrosinkinaseinhibitoren (z.B. Sorafenib) oder Immuncheckpoint-Inhibitoren zum Einsatz, um das Tumorwachstum zu verlangsamen.
Prognose und Komplikationen
Die Prognose des hepatozellulären Karzinoms ist insgesamt sehr schlecht, mit einer durchschnittlichen 5-Jahres-Überlebensrate von unter 10 %. Häufigste Todesursachen sind das Leberversagen, die Tumorkachexie oder Blutungen aus Ösophagusvarizen als Folge der portalen Hypertension bei Leberzirrhose.