🟠⚠️ ∙ Harnverhalt / Harnretention / Ischurie
Harnverhalt (Harnretention) MindMap: Ursachen, Symptome, Diagnose, Therapie. Essentiell für Medizinstudium & Prüfungsvorbereitung internationaler Ärzte.
Harnverhalt (Harnretention, Ischurie)
Der Harnverhalt, auch als Harnretention oder Ischurie bezeichnet, beschreibt die Unfähigkeit, die gefüllte Harnblase spontan zu entleeren, obwohl eine Urinproduktion stattfindet. Synonyme umfassen Harnsperre und Harnverhaltung. Ein akuter Harnverhalt stellt einen urologischen Notfall dar.
Formen des Harnverhalts
- Akuter Harnverhalt: Plötzlich auftretende Unfähigkeit zur Miktion, oft begleitet von starken Schmerzen.
- Chronischer Harnverhalt: Langsam entwickelnde oder unvollständige Blasenentleerung, die oft mild oder sogar asymptomatisch verläuft, aber das Risiko einer Niereninsuffizienz birgt.
Ätiologie: Ursachen des Harnverhalts
Die Ursachen für einen Harnverhalt sind vielfältig und können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden:
- Mechanische Hindernisse: Eine vergrößerte Prostata (z.B. bei benigner Prostatahyperplasie), Strikturen oder Tumoren der Harnröhre, Blutgerinnsel (Harnblasentamponade) oder eine Phimose.
- Störungen der Blaseninnervation (neurogene Ursachen): Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, Querschnittslähmung oder ein Bandscheibenvorfall. Auch postoperativ nach einer Spinalanästhesie kann es zu einem Harnverhalt kommen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente wie Antidepressiva, Anticholinergika und Opioide können eine Harnretention auslösen.
- Weitere Ursachen: Infektionen (Urethritis, Prostatitis), Alkoholabusus, schmerzreflektorische Reaktionen bei Koliken, Verletzungen wie eine Blasenruptur oder psychogene Faktoren.
Symptomatik und Klinik
Akuter Harnverhalt
Patienten mit einem akuten Harnverhalt leiden typischerweise unter:
- Starken, krampfartigen Schmerzen und einem ausgeprägten Druckgefühl im Unterbauch.
- Einem quälenden Harndrang bei gleichzeitiger Unfähigkeit, die Blase zu entleeren.
- Gegebenenfalls einer Überlaufinkontinenz mit ständigem Harnträufeln.
- Vegetativen Begleitsymptomen wie Kaltschweißigkeit, Unruhe und Blässe.
Chronischer Harnverhalt
Der chronische Harnverhalt verläuft oft schleichend und kann asymptomatisch oder mit nur milden Beschwerden einhergehen. Die größte Gefahr besteht hier in der Entwicklung einer Nierenschädigung.
Diagnostik
Die Diagnose wird primär durch die klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren gestellt.
- Sonografie: Die Ultraschalluntersuchung des Abdomens zeigt eine prall gefüllte Harnblase. Bei einem chronischen Verlauf können auch gestaute Nieren (Hydronephrose) sichtbar sein.
- Ursachensuche: Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen wie eine retrograde Urethrographie, eine Zystoskopie (Blasenspiegelung) oder eine CT/MRT-Untersuchung zur Abklärung der zugrundeliegenden Ursache notwendig sein.
Die wichtigste Differenzialdiagnose ist die Anurie, bei der keine Urinproduktion stattfindet und die Blase sonografisch leer ist.
Therapie des Harnverhalts
Die entscheidende und dringlichste Maßnahme bei einem Harnverhalt ist die sofortige Ableitung des gestauten Urins.
- Blasenkatheterisierung: In den meisten Fällen erfolgt die Entlastung durch die Anlage eines transurethralen Blasenkatheters. Bei Obstruktionen der Harnröhre kann ein suprapubischer Katheter (durch die Bauchdecke) erforderlich sein.
- Analgesie: Zur Linderung der starken Schmerzen werden Schmerzmittel verabreicht. Opioide sollten aufgrund ihrer spasmogenen Wirkung auf die Blasenmuskulatur vermieden werden.
- Überwachung: Nach der schnellen Druckentlastung der Blase besteht die Gefahr eines plötzlichen Blutdruckabfalls, weshalb kreislaufinstabile Patienten engmaschig überwacht werden müssen. Um Blutungen der Blasenschleimhaut zu vermeiden, sollte der Harn fraktioniert (in Portionen) abgelassen werden.
Komplikationen
Ein unbehandelter oder chronischer Harnverhalt kann zu ernsthaften Komplikationen führen:
- Wiederkehrende Harnwegsinfektionen durch Restharnbildung.
- Hydronephrose (Stauungsniere) durch den Rückstau des Urins.
- Postrenale Niereninsuffizienz mit Anstieg der Retentionswerte (harnpflichtige Substanzen).
- Überlaufinkontinenz.