Terminologie und Definition des Tumor-Gradings
Das Grading, abgekürzt als "G" (z.B. G1–G4), ist ein zentraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik. Es beschreibt die histopathologische Beurteilung des Differenzierungsgrades von Tumorzellen. Im Wesentlichen gibt das Grading an, wie stark das Tumorgewebe bzw. die Tumorzellen im Vergleich zum ursprünglichen, gesunden Gewebe verändert oder entartet sind. Es ist ein Maß für die Entdifferenzierung eines Tumors.
Kriterien und prognostische Einteilung
Die Beurteilung des Gradings basiert auf spezifischen histomorphologischen Kriterien, die unter dem Mikroskop bewertet werden:
- Grad der Differenzierung: Die Ähnlichkeit der Tumorzellen mit dem Ursprungsgewebe.
- Zellkernpolymorphie: Unterschiede in Größe und Form der Zellkerne.
- Mitoserate: Die Häufigkeit von Zellteilungen als Indikator für die Proliferationsaktivität.
Basierend auf diesen Kriterien erfolgt eine Einteilung, die eine wichtige prognostische Aussagekraft hat:
- Low-Grade: Bezeichnet gut (G1) bis mäßig (G2) differenzierte Tumoren. Diese haben eine vergleichsweise bessere Prognose.
- High-Grade: Umfasst schlecht (G3) bis undifferenzierte (anaplastische) Tumoren. Diese sind mit einer vergleichsweise schlechteren Prognose assoziiert.
Spezifische Grading-Systeme in der Praxis
Je nach Tumorentität kommen unterschiedliche, standardisierte Grading-Systeme zur Anwendung.
Prostatakarzinom: Gleason-Score und Grade Groups
Beim Prostatakarzinom wird der Gleason-Score verwendet. Er berechnet sich aus der Summe des primären (häufigsten) und sekundären (zweithäufigsten) histologischen Wachstumsmusters. Darauf aufbauend erfolgt die moderne und prognostisch relevantere Einteilung in die Gleason Grade Groups (GGG):
- GGG 1 (Score ≤ 6): Niedriges Risiko
- GGG 2 (Score 7, 3+4): Intermediäres Risiko (günstig)
- GGG 3 (Score 7, 4+3): Intermediäres Risiko (ungünstig)
- GGG 4 (Score 8): Hohes Risiko
- GGG 5 (Score 9-10): Sehr hohes Risiko
Mammakarzinom: Nottingham-Grading (Elston-Ellis)
Für das Mammakarzinom wird das Nottingham-Grading (auch B.R.E.-Score) herangezogen. Es basiert auf der Summe von drei Kriterien, die jeweils mit 1-3 Punkten bewertet werden:
- Tubulusbildung
- Kernpolymorphie
- Mitoserate
Die Gesamtpunktzahl ergibt den finalen Grad:
- G1 (gut differenziert): 3–5 Punkte
- G2 (mäßig differenziert): 6–7 Punkte
- G3 (schlecht differenziert): 8–9 Punkte
ZNS-Tumoren: WHO-Grade
Bei Tumoren des Zentralen Nervensystems (ZNS) kommt die Klassifikation der WHO zur Anwendung. Die WHO-Grade berücksichtigen neben der Histologie zunehmend auch molekulare Marker wie die IDH-Mutation oder die 1p/19q-Kodeletion, die entscheidenden Einfluss auf Prognose und Therapie haben. Beispielsweise wird ein Glioblastom vom IDH-Wildtyp immer als WHO-Grad 4 eingestuft, während IDH-mutierte Astrozytome je nach weiteren Kriterien als Grad 2, 3 oder 4 klassifiziert werden können.