Einteilung und Wirkstoffe von Glukokortikoiden
Glukokortikoide sind Steroidhormone, die entweder natürlich in der Nebennierenrinde gebildet oder synthetisch für therapeutische Zwecke hergestellt werden. Das wichtigste körpereigene Glukokortikoid ist Cortisol. Die Wirkstoffe werden nach ihrem Ursprung und ihrer chemischen Struktur unterschieden.
Natürliche Glukokortikoide und ihre Derivate
Diese Substanzen werden direkt vom Körper produziert oder sind synthetische Äquivalente.
- Cortisol: Das primäre körpereigene Glukokortikoid, das den Stoffwechsel, das Immunsystem, den Blutdruck und die Stressreaktion reguliert. Es folgt einem zirkadianen Rhythmus mit den höchsten Spiegeln am Morgen.
- Hydrocortison: Die synthetische Form von Cortisol, die als Medikament eingesetzt wird. Es wird bei entzündlichen Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis), Allergien, Hauterkrankungen und bei Nebenniereninsuffizienz verwendet. Bei längerer Anwendung oder höherer Dosierung müssen Glukokortikoide wie Hydrocortison langsam ausgeschlichen werden, um die Gefahr einer lebensbedrohlichen Addison-Krise durch plötzliches Absetzen zu vermeiden.
Synthetische Glukokortikoide
Diese künstlich hergestellten Wirkstoffe sind oft potenter als Cortisol und werden in nicht-halogenierte und halogenierte Substanzen unterteilt.
Nicht-halogenierte Glukokortikoide
- Prednison und Prednisolon: Prednison ist ein Prodrug, das in der Leber zur aktiven Form Prednisolon umgewandelt wird. Prednisolon wirkt daher schneller. In der Praxis sind ihre Dosierungen meist austauschbar.
- Methylprednisolon: Besitzt eine etwa 5-fach stärkere antiinflammatorische Wirkung als Cortisol. Es wirkt zudem immunsuppressiv und antiproliferativ, indem es an Glukokortikoid-Rezeptoren bindet, Zellmembranen stabilisiert und Gefäße abdichtet.
Halogenierte Glukokortikoide
- Dexamethason: Ein fluoriertes Glukokortikoid mit einer etwa 25- bis 30-mal stärkeren entzündungshemmenden Wirkung als Cortisol. Es wird bei schweren Entzündungen, Hirnödemen und in der Diagnostik des Cushing-Syndroms eingesetzt.
- Betamethason: Ein Stereoisomer von Dexamethason mit ähnlichen Eigenschaften.
- Triamcinolon: Ein weiterer Vertreter dieser Gruppe.
Einteilung nach topischer Wirkstärke
Für die lokale Anwendung auf der Haut werden Glukokortikoide in vier Klassen eingeteilt:
- Klasse I (schwach wirksam): z.B. Hydrocortison
- Klasse II (mittelstark wirksam): z.B. Prednicarbat, Methylprednisolonaceponat
- Klasse III (stark wirksam): z.B. Betametasonvalerat, Mometasonfuroat
- Klasse IV (sehr stark wirksam): z.B. Clobetasolpropionat
Wirkungsweise
Glukokortikoide entfalten ihre Wirkung über die Bindung an intrazelluläre Rezeptoren und die anschließende Beeinflussung der Genexpression. Ihre Hauptwirkungen sind:
- Antiinflammatorisch (entzündungshemmend)
- Immunsuppressiv (das Immunsystem unterdrückend)
- Antiallergisch
- Einfluss auf den Stoffwechsel: Insbesondere Förderung der Glukoneogenese und Lipolyse.
Typische Anwendungsgebiete (Indikationen)
Aufgrund ihrer breiten Wirkung werden Glukokortikoide bei einer Vielzahl von Erkrankungen eingesetzt:
- Entzündliche Erkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis)
- Autoimmunerkrankungen
- Allergien und Asthma bronchiale
- Hauterkrankungen wie Neurodermitis
- Zur Immunsuppression nach Organtransplantationen
- Als Hormonersatztherapie bei Nebenniereninsuffizienz (M. Addison)
Nebenwirkungen (UAW)
Die unerwünschten Arzneimittelwirkungen treten vor allem bei systemischer Langzeitanwendung oder hoher Dosierung auf.
Zu den wichtigsten Nebenwirkungen zählen:
- Cushing-Syndrom (iatrogen)
- Osteoporose
- Diabetes mellitus (Steroiddiabetes)
- Gewichtszunahme und Stammfettsucht
- Erhöhtes Infektionsrisiko
- Hautatrophie ("Pergamenthaut")
- Muskelschwäche und Myopathie
- Psychische Veränderungen (z.B. Euphorie, Depression)
- Wachstumshemmung bei Kindern
Kontraindikationen (KI)
Die Anwendung von Glukokortikoiden erfordert eine sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung.
Absolute Kontraindikationen
- Systemische Pilzinfektionen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
Relative Kontraindikationen
Hier ist besondere Vorsicht geboten:
- Magen-Darm-Ulkera
- Schwere Osteoporose
- Akute virale oder bakterielle Infektionen (z.B. Tuberkulose)
- Schwer einstellbare Hypertonie oder Diabetes mellitus
- Schwangerschaft (insbesondere im ersten Trimenon)
- Zeitraum von 8 Wochen vor bis 2 Wochen nach Schutzimpfungen mit Lebendimpfstoffen
Eine Langzeittherapie darf niemals abrupt beendet werden. Sie muss immer langsam ausgeschlichen werden ("Tapering"), um eine potenziell tödliche Addison-Krise durch eine unterdrückte körpereigene Cortisolproduktion zu verhindern. Bei lebensbedrohlichen Zuständen können relative Kontraindikationen an Bedeutung verlieren.