🟠 • Divertikulitis (Divertikelentzündung), Sigma-Divertikulitis
Divertikulitis MindMap für Mediziner: Essentielles Lernmaterial zur effizienten Prüfungsvorbereitung. Ätiologie, Klinik, Diagnose, Therapie kompakt auf den Punkt gebracht.
Definition der Divertikulitis
Die Divertikulitis, umgangssprachlich auch als Divertikelentzündung bezeichnet, ist eine Entzündung von Divertikeln. Bei Divertikeln handelt es sich um kleine Ausstülpungen der Darmwand, die sich vorwiegend im Dickdarm, insbesondere im Colon sigmoideum (Sigma), bilden. Treten im Zusammenhang mit diesen Divertikeln Symptome oder Komplikationen auf, spricht man von einer Divertikelkrankheit.
Symptome der Divertikulitis
Das Leitsymptom der akuten Divertikulitis sind plötzlich einsetzende oder sich langsam entwickelnde Schmerzen im Unterbauch. Da die Entzündung meist das Sigma betrifft, sind die Schmerzen typischerweise im linken Unterbauch lokalisiert, weshalb die Erkrankung auch als "Linksappendizitis" bekannt ist. Weitere charakteristische Symptome sind:
- Lokalisierter Druckschmerz, oft begleitet von einer tastbaren, schmerzhaften Verhärtung ("Walze") und lokaler Abwehrspannung.
- Fieber, häufig subfebril, manchmal mit Schüttelfrost.
- Veränderungen des Stuhlgangs, wie Durchfall (Diarrhö) oder Verstopfung (Obstipation).
- Übelkeit; Erbrechen tritt hingegen seltener auf.
Ein wichtiger Hinweis: Eine reine Divertikelblutung, eine weitere mögliche Manifestation der Divertikelkrankheit, verläuft oft ohne begleitende Schmerzen.
Diagnostik
Die Diagnose einer Divertikulitis basiert auf der Anamnese, der körperlichen Untersuchung, Laborwerten und bildgebenden Verfahren. Die Bildgebung ist entscheidend, um die Diagnose zu sichern und das Ausmaß sowie mögliche Komplikationen zu beurteilen.
Körperliche Untersuchung und Labor
Bei der Untersuchung fällt ein starker Druckschmerz im linken Unterbauch auf. Die Laboranalyse zeigt in der Regel erhöhte Entzündungsparameter, insbesondere eine Leukozytose (Anstieg der weißen Blutkörperchen) und eine deutliche Erhöhung des C-reaktiven Proteins (CRP).
Bildgebende Verfahren
- Computertomographie (CT) des Abdomens: Die CT ist die Methode der Wahl zur Diagnosesicherung. Sie kann die entzündeten Divertikel, eine Verdickung der Darmwand, entzündliche Reaktionen im umgebenden Fettgewebe (Phlegmone) und Komplikationen wie Abszesse oder eine Perforation zuverlässig darstellen.
- Sonografie (Ultraschall): Auch im Ultraschall können typische Zeichen wie eine verdickte Darmwand (sog. Kokarden-Phänomen) oder Abszesse erkannt werden.
- Koloskopie (Darmspiegelung): In der akuten Entzündungsphase ist eine Koloskopie wegen des erhöhten Risikos einer Darmperforation streng kontraindiziert. Sie wird erst nach vollständiger Abheilung (ca. 4–6 Wochen später) durchgeführt, um andere Erkrankungen, insbesondere ein Kolonkarzinom, auszuschließen.
Therapie der Divertikulitis
Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Entzündung, der häufig anhand der CDD-Klassifikation (Classification of Diverticular Disease) eingeteilt wird. Während unkomplizierte Fälle oft ambulant behandelt werden können, erfordern komplizierte Verläufe eine stationäre Aufnahme.
Konservative Therapie
Bei unkomplizierten Formen der Divertikulitis steht die konservative Behandlung im Vordergrund. Diese umfasst:
- Körperliche Schonung und eine vorübergehende Nahrungskarenz (Darmruhe).
- Analgesie: Zur Schmerzlinderung werden Schmerzmittel (Analgetika) und bei krampfartigen Beschwerden krampflösende Medikamente (Spasmolytika), wie Butylscopolamin, verabreicht. Bei sehr starken Schmerzen kann das Opioid Pethidin eingesetzt werden, da es eine geringere krampffördernde Wirkung auf die Darmmuskulatur hat.
- Antibiotika: Eine antibiotische Therapie ist bei komplizierten Verläufen (z.B. mit Abszessbildung) oder bei Patienten mit Risikofaktoren indiziert. Es werden Breitbandantibiotika eingesetzt, die sowohl gramnegative Bakterien als auch Anaerobier abdecken, wie z.B. die Kombination aus Ciprofloxacin und Metronidazol oder Piperacillin/Tazobactam.
Invasive und Operative Therapie
Bei schweren oder komplizierten Verläufen sind invasive oder operative Eingriffe notwendig.
- Abszessdrainage: Größere, abgekapselte Abszesse können oft minimalinvasiv durch eine CT-gesteuerte Punktion und Drainage entlastet werden.
- Operation: Eine Operation ist bei bestimmten Indikationen unumgänglich. Man unterscheidet Notfalleingriffe von dringlichen oder geplanten (elektiven) Operationen.
- Notfall-Indikation: Die wichtigste Indikation für eine sofortige Operation ist die freie Perforation des Darms (CDD Typ 2c), die zu einer lebensbedrohlichen Bauchfellentzündung (Peritonitis) führt. In diesem Fall wird häufig eine sogenannte Hartmann-Operation durchgeführt, bei der der betroffene Darmabschnitt entfernt und ein vorübergehender künstlicher Darmausgang angelegt wird.
- Weitere Indikationen: Dringliche Operationen sind bei Abszessen, die nicht durch eine Drainage behandelt werden können, sowie bei Fistelbildung oder narbigen Engstellen (Stenosen) erforderlich. Eine geplante Operation kann bei Patienten mit wiederkehrenden Entzündungsschüben sinnvoll sein.
Mögliche Komplikationen
Eine Divertikulitis kann zu ernsthaften und potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
- Darmperforation: Dies ist die gefährlichste Komplikation. Ein Durchbruch der Darmwand führt zum Austritt von Stuhl in die Bauchhöhle und verursacht eine schwere Bauchfellentzündung (Peritonitis), die sofort operiert werden muss.
- Abszessbildung: Es kann sich eine abgekapselte Eiteransammlung (Abszess) in der Umgebung des entzündeten Darmabschnitts bilden.
- Fistelbildung: Chronische Entzündungen können zur Bildung von unnatürlichen Gängen (Fisteln) zwischen dem Darm und benachbarten Organen, wie der Harnblase (kolo-vesikale Fistel), führen.
- Stenose: Wiederholte Entzündungen können zu narbigen Verengungen (Stenosen) des Darmlumens führen, die langfristig einen Darmverschluss (Ileus) verursachen können.