Einteilung der Diuretika nach Wirkort und Substanzklasse
Diuretika werden basierend auf ihrem Wirkort im Nephron und ihrem spezifischen Wirkmechanismus in verschiedene Gruppen eingeteilt. Die Hauptwirkung der meisten Diuretika besteht in einer Steigerung der Elektrolytausscheidung (Salurese), was sekundär zu einer erhöhten Wasserausscheidung (Diurese) führt.
Aldosteronantagonisten (Mineralcorticoidrezeptor-Antagonisten, MRA)
Diese Gruppe, auch als MRA bekannt, umfasst Wirkstoffe wie Spironolacton (z.B. Aldactone®), Eplerenon (z.B. Inspra®) und Kaliumcanrenoat.
Wirkungsweise
Aldosteronantagonisten entfalten ihre Wirkung im spätdistalen Tubulus und im Sammelrohr der Niere. Sie blockieren die Wirkung von Aldosteron, was zu einer vermehrten Ausscheidung von Natrium und Wasser führt, während gleichzeitig die Rückresorption von Kalium und Wasserstoffionen verstärkt wird. Ihr natriuretischer Effekt ist eher schwach.
Indikationen
- Primärer und sekundärer Hyperaldosteronismus
- Chronische Herzinsuffizienz (Eplerenon bereits ab NYHA II zur Prognoseverbesserung)
- Leberzirrhose mit Aszites
- Nephrotisches Syndrom
- Therapierefraktäre kardiale, renale und hepatogene Ödeme
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
- Hyperkaliämie: Dies ist die wichtigste und gefährlichste Nebenwirkung, insbesondere bei Niereninsuffizienz oder in Kombination mit ACE-Hemmern. Regelmäßige Kontrollen des Serum-Kaliums sind daher zwingend erforderlich.
- Hyponatriämie
- Gastrointestinale Beschwerden (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö)
- Endokrine Störungen (nur bei Spironolacton): Gynäkomastie, erektile Dysfunktion, Amenorrhö und Hirsutismus können die Langzeittherapie limitieren.
Kontraindikationen (KI)
- Hyperkaliämie (Serumkalium > 5 mmol/l)
- Akute oder schwere chronische Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min)
- Hypovolämie und schwere Hyponatriämie
- Schwangerschaft und Stillzeit (insbesondere Spironolacton)
Kaliumsparende Diuretika
Zu dieser Gruppe gehören die Wirkstoffe Amilorid (z.B. in Amiloretik®) und Triamteren. Obwohl Aldosteronantagonisten ebenfalls kaliumsparend wirken, werden sie aufgrund ihres spezifischen Wirkmechanismus als eigene Gruppe geführt.
Wirkungsweise
Sie hemmen den epithelialen Natriumkanal (ENaC) auf der luminalen Seite im spätdistalen Tubulus und im Sammelrohr. Ihre Hauptwirkung ist die Reduktion der Kaliumausscheidung, während die natriuretische und diuretische Wirkung gering ist.
Indikationen
Kaliumsparende Diuretika werden fast ausschließlich in fixen Kombinationspräparaten mit Hydrochlorothiazid (HCT), einem Thiaziddiuretikum, eingesetzt. Ziel ist es, dem durch das Thiazid verursachten Kaliumverlust entgegenzuwirken. Die Indikationen entsprechen daher denen der Thiazide, insbesondere bei Patienten mit einem Risiko für eine Hypokaliämie.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
- Hyperkaliämie, insbesondere bei Niereninsuffizienz oder Kombination mit anderen kaliumsparenden Medikamenten (z.B. ACE-Hemmer, Sartane).
- Metabolische Azidose
- Gastrointestinale Beschwerden, Müdigkeit, Schwindel und Muskelkrämpfe
- Megaloblastäre Anämie (durch Folsäureantagonismus)
Kontraindikationen (KI)
- Hyperkaliämie
- Ausgeprägte Leber- oder Niereninsuffizienz (GFR < 30 ml/min) wegen der hohen Hyperkaliämiegefahr
- Schwere Hyponatriämie
- Folsäuremangel
- Schwangerschaft und Stillzeit
Osmotische Diuretika (Osmodiuretika)
Hierzu zählen Substanzen wie Mannit (Mannitol) und Sorbit (Sorbitol), die als hyperosmolare Lösungen intravenös verabreicht werden.
Wirkungsweise
Osmodiuretika werden glomerulär filtriert, aber kaum tubulär rückresorbiert. Sie erhöhen den osmotischen Druck im Tubuluslumen, binden Wasser und verhindern dessen Rückresorption. Wichtig ist, dass sie keine primäre Natriurese bewirken und daher nicht zur Behandlung von Ödemen geeignet sind, die auf einer Natriumretention beruhen.
Indikationen
- Therapie und Prophylaxe des Hirnödems bei erhöhtem Hirndruck
- Behandlung des akuten Winkelblockglaukoms (Glaukomanfall)
- Prophylaxe der akuten Niereninsuffizienz (z.B. postoperativ oder bei Rhabdomyolyse)
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Die Hauptgefahr liegt in einer akuten Volumenbelastung des Kreislaufs durch Flüssigkeitsverschiebungen aus dem extravasalen in den intravasalen Raum zu Beginn der Therapie.
Kontraindikationen (KI)
- Herzinsuffizienz und Lungenödem, da die initiale Volumenbelastung zu einer Exazerbation führen kann.
- Dehydratation und Hypovolämie
- Anhaltende Anurie oder Oligurie nach einer Testinfusion
- Intrakranielle Blutungen
Carboanhydrase-Hemmer
Der wichtigste Vertreter dieser Gruppe ist Acetazolamid.
Wirkung
Carboanhydrase-Hemmer wirken am proximalen Nierentubulus, wo sie das Enzym Carboanhydrase blockieren. Dies führt zu einer verminderten Rückresorption von Bicarbonat und Natrium. Ihre diuretische Wirkung ist jedoch relativ schwach, da die nachgeschalteten Tubulusabschnitte den Natriumverlust kompensieren können.
Indikationen
- Akutes und chronisches Glaukom: Die Hauptindikation. Acetazolamid senkt den Augeninnendruck durch eine Reduktion der Kammerwasserproduktion.
- Prophylaxe und Therapie der Höhenkrankheit.
Weitere diuretisch wirksame Substanzgruppen
Vasopressinantagonisten
Diese neuere Wirkstoffklasse, auch Vaptane genannt, blockiert die Wirkung von Vasopressin (ADH) an den Sammelrohren der Niere und fördert so eine reine Wasserausscheidung (Aquarese) ohne signifikanten Elektrolytverlust.
Substanzen mit sekundärer diuretischer Wirkung
Einige Medikamente und Substanzen haben eine diuretische Nebenwirkung, werden aber nicht primär zu diesem Zweck eingesetzt. Dazu gehören SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine), Xanthine (z.B. Theophyllin, Koffein) und Ethanol.