🟠 • distale Radiusfraktur (Smith-/Colles-Frakturen)
Distale Radiusfraktur (Colles/Smith-Fraktur): Lern-MindMap für Medizinstudium & Ärzte. Prüfungswissen: Klassifikation, Diagnose, Therapie.
Definition und Epidemiologie der distalen Radiusfraktur
Die distale Radiusfraktur, auch als handgelenksnaher Bruch der Speiche bezeichnet, ist eine Fraktur des Radiusknochens innerhalb von 3 cm proximal des Handgelenks. Sie ist mit einem Anteil von bis zu 25 % aller Knochenbrüche die häufigste Fraktur des Menschen, insbesondere bei Kindern und älteren Personen.
Ätiologie und Verletzungsmechanismus
Der Verletzungsmechanismus bestimmt maßgeblich den Frakturtyp. Man unterscheidet hauptsächlich zwei Formen:
- Colles-Fraktur (Extensionsfraktur): Entsteht typischerweise durch einen Sturz auf die gestreckte (dorsalextendierte) Hand.
- Smith-Fraktur (Flexionsfraktur): Wird durch einen Sturz auf die gebeugte (palmarflektierte) Hand verursacht.
Einteilung und Klassifikation
Die Einteilung von distalen Radiusfrakturen erfolgt klinisch und radiologisch. Neben der modernen AO-Klassifikation, die Frakturen nach Gelenkbeteiligung in extraartikulär (Typ A), partiell intraartikulär (Typ B) und vollständig intraartikulär (Typ C) einteilt, ist die historische Einteilung weiterhin relevant.
Wichtige Frakturtypen
- Extraartikuläre Frakturen: Hierzu zählen die klassische Colles-Fraktur und die Smith-Fraktur.
- Intraartikuläre Frakturen: Beispiele sind die Barton-Fraktur (Abscherfraktur des dorsalen Radiusrandes), die umgekehrte Barton-Fraktur (Abscherfraktur des volaren Radiusrandes) und die Chauffeur-Fraktur (Keilbruch des Processus styloideus radii).
Diagnostik
Klinische Untersuchung
Die klinische Untersuchung ist der erste Schritt zur Diagnose. Wichtige Befunde sind:
- Inspektion auf Schwellung, Hämatom und Weichteilschäden.
- Eine typische Fehlstellung wie die Bajonett- oder Fourchette-Stellung (Gabelstellung) ist ein starker Hinweis auf eine Colles-Fraktur.
- Palpation auf Druckschmerz über dem distalen Radius.
- Die Überprüfung der peripheren Durchblutung, Motorik und Sensibilität (pDMS) ist zwingend erforderlich, um Begleitverletzungen von Nerven und Gefäßen auszuschließen.
Bildgebende Verfahren
Die Diagnose wird durch eine Röntgenaufnahme des Handgelenks in zwei Ebenen (a.p. und seitlich) gesichert. Bei komplexen intraartikulären Frakturen kann eine Computertomographie (CT) zur detaillierten Beurteilung der Gelenkfläche und zur Operationsplanung notwendig sein.
Therapie der distalen Radiusfraktur
Die Wahl der Therapie hängt von der Stabilität, dem Dislokationsgrad und der Gelenkbeteiligung der Fraktur ab.
Konservative Therapie
Stabile, nicht oder nur gering dislozierte extraartikuläre Frakturen können konservativ behandelt werden. Die Therapie umfasst:
- Geschlossene Reposition: Einrichten des Bruchs unter Zug und ggf. lokaler Betäubung (Bruchspaltanästhesie).
- Ruhigstellung (Retention): Immobilisierung in einem Gipsverband oder einer Cast-Schiene für mehrere Wochen.
Operative Therapie
Instabile Frakturen, Trümmerfrakturen oder Frakturen mit Gelenkbeteiligung erfordern in der Regel eine operative Versorgung. Das Ziel ist die anatomische Wiederherstellung der Gelenkfläche und die stabile Fixierung.
- Plattenosteosynthese: Dies ist das häufigste Verfahren, bei dem der Bruch mit einer winkelstabilen Platte und Schrauben, meist von der Handflächenseite (volar) her, fixiert wird.
- Weitere Verfahren: Je nach Frakturtyp können auch Schraubenosteosynthesen (z.B. bei Processus styloideus Frakturen) oder ein Fixateur externe (bei schweren Weichteilschäden oder offenen Trümmerfrakturen) zum Einsatz kommen.