Definition von Morbus Crohn
Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung (CED), die potenziell den gesamten Gastrointestinaltrakt, von der Mundhöhle bis zum Anus, befallen kann. Die Erkrankung verläuft typischerweise in Schüben.
Epidemiologie und Ätiologie
Die Erstmanifestation von Morbus Crohn tritt gehäuft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. Die genaue Ursache (Ätiologie) ist unbekannt, es besteht jedoch eine familiäre Prädisposition, die unter anderem mit Mutationen im NOD2-Gen assoziiert ist.
Pathophysiologie
Lokalisation und Befallsmuster
Obwohl prinzipiell der gesamte Verdauungstrakt betroffen sein kann, sind am häufigsten das terminale Ileum und das proximale Kolon befallen. Das charakteristische Befallsmuster ist diskontinuierlich und segmental, was bedeutet, dass gesunde Darmabschnitte ("skip lesions") zwischen entzündeten Arealen liegen. Ein weiteres wesentliches Merkmal ist die transmurale Entzündung, die alle Wandschichten des Darms erfasst.
Entzündungsprozess im akuten Schub
Während eines akuten Schubes kommt es zu einer massiven Aktivierung des Immunsystems im Darm. Dies führt zur Produktion inflammatorischer Zytokine (z.B. TNF-α), was lokale Ulzerationen, Erosionen und Nekrosen in der Darmschleimhaut zur Folge hat.
Symptomatik
Die klinischen Symptome sind oft unspezifisch. Zu den häufigsten Beschwerden gehören krampfartige Bauchschmerzen, die oft im rechten Unterbauch lokalisiert sind, sowie chronische Durchfälle. Im Gegensatz zur Colitis ulcerosa sind die Durchfälle bei Morbus Crohn nur selten blutig. Weitere häufige Symptome sind Fieber, Gewichtsverlust durch Malabsorption, Übelkeit und Tenesmen.
Extraintestinale Manifestationen
Bei vielen Patienten treten Symptome außerhalb des Darms auf. Dazu zählen unter anderem Hautveränderungen wie das Erythema nodosum, Gelenkentzündungen (Arthritis), eine ankylosierende Spondylitis oder Augenentzündungen (z.B. Uveitis, Iridozyklitis).
Diagnostik
Diagnosesicherung durch Endoskopie
Die wichtigste diagnostische Maßnahme zur Sicherung der Diagnose ist die Ileokoloskopie mit Entnahme von multiplen Biopsien. Typische endoskopische Befunde sind ein diskontinuierlicher Schleimhautbefall, ein sogenanntes Pflastersteinrelief, sowie das Vorhandensein von Fisteln und Stenosen.
Weitere diagnostische Verfahren
- Bildgebung: Zur Beurteilung der Ausdehnung im Dünndarm wird häufig ein MR-Enteroklysma (Hydro-MRT) eingesetzt. Die Sonografie kann Wandverdickungen und Abszesse aufzeigen.
- Labor: Im Blut können Entzündungsparameter erhöht und eine Anämie nachweisbar sein. Ein wichtiger Stuhlparameter ist das Calprotectin, das als Marker für die entzündliche Aktivität im Darm dient.
Therapie
Die Therapieziele sind die Einleitung einer Remission im akuten Schub (Induktionstherapie) und die anschließende Aufrechterhaltung des schubfreien Intervalls (Remissionserhaltung). Die Behandlungsstrategie richtet sich nach der Krankheitsaktivität und Lokalisation.
Medikamentöse Therapie
- Leichter bis mäßiger Schub: Hier werden primär topisch wirksame Glucocorticoide wie Budesonid eingesetzt, insbesondere bei Befall des terminalen Ileums und des Kolons.
- Schwerer Schub: Bei schweren Schüben oder extraintestinalen Manifestationen ist eine Therapie mit systemischen Glucocorticoide (z.B. Prednisolon) notwendig.
- Remissionserhaltung und komplizierte Verläufe: Zur Remissionserhaltung und bei steroidabhängigen oder -refraktären Verläufen kommen Immunsuppressiva wie Azathioprin oder moderne Biologika (z.B. TNF-α-Blocker wie Infliximab) zum Einsatz.
Operative Therapie
Eine Operation wird bei Morbus Crohn zurückhaltend indiziert und ist meist auf die Behandlung von Komplikationen wie therapierefraktären Stenosen, Fisteln oder Perforationen beschränkt. Das Prinzip der "minimal surgery" (möglichst darmerhaltend) wird dabei verfolgt.
Komplikationen
Aufgrund der transmuralen Entzündung sind Komplikationen bei Morbus Crohn häufiger als bei der Colitis ulcerosa.
- Intestinale Komplikationen: Typisch sind die Bildung von Fisteln (Verbindungsgänge zwischen Darm und anderen Organen oder der Haut), Abszessen und Stenosen, die zu einem Darmverschluss (Ileus) führen können.
- Extraintestinale Komplikationen: Hierzu zählen unter anderem Osteoporose (durch Malabsorption und Kortisontherapie), Gelenkerkrankungen (Arthritis) und die primär-sklerosierende Cholangitis (PSC).