🟠 ‱‱ chronische Nierenerkrankung / chronische Niereninsuffizienz /NierenschĂ€digung (CNI) (chronisches Nierenversagen, CNV)

CNI/CKD Mindmap: Essenzielle Fakten fĂŒr Medizinstudium & Ärzte. PrĂŒfungsvorbereitung zu Ätiologie, Pathophysiologie, Diagnose, Management kompakt.

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KI-generierte Zusammenfassung:

Chronische Nierenerkrankung (CNI): Definition und Terminologie

Die chronische Nierenerkrankung, auch als chronische Niereninsuffizienz (CNI) oder Chronic Kidney Disease (CKD) bezeichnet, ist definiert als eine ĂŒber einen Zeitraum von mehr als drei Monaten bestehende, irreversible Verminderung der Nierenfunktion. Sie ist von einer akuten NierenschĂ€digung abzugrenzen. Die Erkrankung fĂŒhrt zu einem fortschreitenden Verlust der exkretorischen und endokrinen Funktionen der Nieren.

Ätiologie: Die hĂ€ufigsten Ursachen

Die chronische NierenschÀdigung entwickelt sich meist schleichend als Folge anderer chronischer Erkrankungen. Die wichtigsten Ursachen sind:

  • Diabetes mellitus: Die diabetische Nephropathie, insbesondere bei Typ-2-Diabetes, ist die hĂ€ufigste Ursache und fĂŒr etwa 35 % der FĂ€lle verantwortlich.
  • Arterielle Hypertonie: LangjĂ€hriger Bluthochdruck schĂ€digt die NierengefĂ€ĂŸe und ist fĂŒr ca. 15 % der FĂ€lle ursĂ€chlich.
  • Chronische Nierenerkrankungen: Dazu zĂ€hlen primĂ€re Erkrankungen wie die polyzystische Nierenerkrankung, chronische Glomerulonephritiden oder die chronische Pyelonephritis.
  • Systemerkrankungen: Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes (SLE) oder Vaskulitiden können die Nieren ebenfalls schĂ€digen.

Stadien der chronischen Nierenerkrankung (nach KDIGO)

Die Einteilung der CNI erfolgt nach den internationalen KDIGO-Leitlinien anhand von zwei Kriterien: der glomerulÀren Filtrationsrate (GFR) und der Albuminausscheidung im Urin.

Klassifikation nach GFR (G-Stadien)

Die GFR beschreibt das pro Zeiteinheit von den Nieren filtrierte Blutvolumen und ist der wichtigste Parameter zur Beurteilung der Nierenfunktion.

  • Stadium G1: NierenschĂ€digung bei normaler GFR (≄ 90 ml/min/1,73 mÂČ)
  • Stadium G2: Milde Niereninsuffizienz (GFR 60–89 ml/min/1,73 mÂČ)
  • Stadium G3: Mittelschwere Niereninsuffizienz (GFR 30–59 ml/min/1,73 mÂČ)
  • Stadium G4: Schwere Niereninsuffizienz (GFR 15–29 ml/min/1,73 mÂČ)
  • Stadium G5: Terminale Niereninsuffizienz (Nierenversagen) mit einer GFR < 15 ml/min/1,73 mÂČ. In diesem Stadium wird eine Nierenersatztherapie (Dialyse) notwendig.

Klassifikation nach Albuminausscheidung (A-Stadien)

Die Menge an Albumin im Urin ist ein wichtiger Marker fĂŒr die SchĂ€digung der Nierenfilter und ein Progressionsfaktor.

  • Stadium A1: Normale bis leicht erhöhte Albuminausscheidung (< 30 mg/24 h oder Albumin-Kreatinin-Ratio < 3 mg/mmol)
  • Stadium A2: MĂ€ĂŸig erhöhte Albuminausscheidung (Mikroalbuminurie: 30–300 mg/24 h oder ACR 3–30 mg/mmol)
  • Stadium A3: Stark erhöhte Albuminausscheidung (Makroalbuminurie: > 300 mg/24 h oder ACR > 30 mg/mmol), was auf eine fortgeschrittene SchĂ€digung hinweist.

Symptomatik und UrÀmie

Die CNI verlÀuft lange Zeit asymptomatisch. Erste unspezifische Symptome wie Polyurie (vermehrtes Wasserlassen), Nykturie (nÀchtlicher Harndrang) oder Leistungsminderung treten oft erst in Stadium G3 auf. Im fortgeschrittenen Stadium (G4-G5) entwickelt sich das Vollbild der UrÀmie (Harnvergiftung) durch die Ansammlung harnpflichtiger Substanzen.

Symptome der UrÀmie

  • FrĂŒhsymptome: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Juckreiz (Pruritus), gelbgraues Hautkolorit und ein metallischer Geschmack oder urinartiger Mundgeruch (Foetor ex ore).
  • SpĂ€tsymptome: Neurologische Störungen wie periphere Polyneuropathie (SensibilitĂ€tsstörungen) und urĂ€mische Enzephalopathie (Konzentrationsstörungen, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, "Flapping Tremor"). Zudem kommt es zu einer erhöhten Blutungsneigung und EntzĂŒndungen seröser HĂ€ute wie Perikarditis (HerzbeutelentzĂŒndung) oder Pleuritis (RippenfellentzĂŒndung).

Diagnostik

Die Diagnose wird durch Laboruntersuchungen von Blut und Urin sowie bildgebende Verfahren gestellt.

  • Labordiagnostik: Die Bestimmung der geschĂ€tzten GFR (eGFR) aus dem Serum-Kreatinin ist zentral. Weitere wichtige Parameter sind Elektrolyte (HyperkaliĂ€mie, HypokalzĂ€mie), der SĂ€ure-Basen-Haushalt (metabolische Azidose) und die Messung der Albuminausscheidung im Urin, idealerweise als Albumin-Kreatinin-Ratio (ACR) im Spontanurin.
  • Sonografie: Im Ultraschall zeigen sich bei fortgeschrittener CNI typischerweise beidseits verkleinerte Nieren ("Schrumpfnieren") mit einem verschmĂ€lerten Parenchymsaum.

Therapie

Die Therapie zielt darauf ab, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen, Komplikationen zu behandeln und die Grunderkrankung zu kontrollieren.

Blutdruckeinstellung

Eine konsequente Blutdrucksenkung ist entscheidend, um die Nieren zu schĂŒtzen.

  • Zielblutdruck: Bei Vorliegen einer Albuminurie (≄ 30 mg/24 h) sollte der Blutdruck auf ≀ 130/80 mmHg gesenkt werden, ansonsten auf ≀ 140/90 mmHg.
  • Medikamente: Mittel der ersten Wahl sind ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Blocker (Sartane), da sie eine nephroprotektive (nierenschĂŒtzende) Wirkung haben. Sie werden oft mit Diuretika oder Kalziumkanalblockern kombiniert.

Umgang mit Medikamenten und Kontraindikationen

Viele Medikamente mĂŒssen bei CNI in der Dosis angepasst oder abgesetzt werden.

  • Absolut kontraindiziert oder mit höchster Vorsicht zu verwenden sind:
    • Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac, da sie die Nierendurchblutung und GFR senken.
    • Metformin bei einer GFR < 30 ml/min wegen des Risikos einer Laktatazidose.
    • Kaliumsparende Diuretika und Aldosteronantagonisten bei GFR < 30 ml/min wegen der Gefahr einer lebensbedrohlichen HyperkaliĂ€mie.
    • Iodhaltige Kontrastmittel sollten nur nach strenger Indikationsstellung und mit Schutzmaßnahmen verabreicht werden.

Nierenersatztherapie

Im terminalen Stadium (G5) ist eine Nierenersatztherapie erforderlich.

  • Dialyse: Verfahren wie die HĂ€modialyse oder Peritonealdialyse ĂŒbernehmen die Entgiftungsfunktion der Nieren.
  • Nierentransplantation: Sie ist die Therapie der Wahl, da sie im Vergleich zur Dialyse eine bessere LebensqualitĂ€t und Lebenserwartung bietet. Die PrĂŒfung der TransplantationsfĂ€higkeit beginnt in der Regel bei einer eGFR < 20 ml/min.

Wichtige Komplikationen

Die CNI ist eine Systemerkrankung mit weitreichenden Folgen.

  • Renale AnĂ€mie: Durch einen Mangel des in der Niere produzierten Hormons Erythropoetin (EPO) kommt es zu Blutarmut.
  • Renale Osteopathie: Eine komplexe Störung des Knochen- und Mineralstoffwechsels, die durch einen sekundĂ€ren Hyperparathyreoidismus (sHPT) ausgelöst wird und zu Knochenschmerzen und Frakturen fĂŒhren kann.
  • KardiovaskulĂ€re Erkrankungen: Patienten mit CNI haben ein massiv erhöhtes Risiko fĂŒr Herzinfarkt und Schlaganfall.
  • Elektrolytstörungen und Azidose: Insbesondere die HyperkaliĂ€mie und die metabolische Azidose sind hĂ€ufige und potenziell gefĂ€hrliche Komplikationen.