Referenzbereiche und klinische Interpretation von Bilirubin
Die Bestimmung der Bilirubin-Werte im Blut und Urin ist ein entscheidender diagnostischer Schritt, insbesondere zur Abklärung eines Ikterus (Gelbsucht) und zur Differenzierung von Leber- und Gallenwegserkrankungen.
Bilirubin im Blut
Für die Blutanalyse wird Serum oder Plasma (EDTA- oder Heparin-Blut) verwendet. Die Differenzierung in direktes und indirektes Bilirubin ist für die Diagnostik essenziell.
Referenzwerte
- Gesamt-Bilirubin: Bei Erwachsenen liegt der Normwert bei unter 1,2 mg/dl (< 19 µmol/L). Bei Neugeborenen sind die Werte physiologisch deutlich höher (< 13,5 mg/dl).
- Direktes (konjugiertes) Bilirubin: Der Normalwert liegt unter 0,3 mg/dl (< 10 µmol/L). Eine Bestimmung ist meist erst ab einem Gesamt-Bilirubin von ≥ 2 mg/dl indiziert.
- Indirektes (unkonjugiertes) Bilirubin: Bei Erwachsenen liegt der Wert unter 1 mg/dl. Er wird aus der Differenz der beiden anderen Werte berechnet: Indirektes Bilirubin = Gesamt-Bilirubin – direktes Bilirubin.
Interpretation erhöhter Werte (Hyperbilirubinämie)
Eine pathologisch erhöhte Bilirubinkonzentration im Blut (Hyperbilirubinämie) gibt entscheidende Hinweise auf die Ursache des Ikterus:
- Erhöhung vorwiegend des indirekten Bilirubins: Dieser Befund deutet auf einen prähepatischen Ikterus (z.B. bei verstärkter Hämolyse) oder einen intrahepatischen Ikterus ohne Cholestase hin.
- Erhöhung vorwiegend des direkten Bilirubins: Dies ist typisch für eine intrahepatische Cholestase oder einen posthepatischen Ikterus (z.B. bei einem Verschluss der Gallenwege).
Bilirubin im Urin
Die Untersuchung erfolgt aus einer Spontan-Urinprobe, die für den Transport vor Licht geschützt werden muss.
Befunde und Interpretation
- Physiologischer Befund: Im Normalfall ist Bilirubin im Urin nicht nachweisbar (negativ).
- Pathologischer Befund (Bilirubinurie): Nachweisbares Bilirubin im Urin ist immer ein pathologisches Zeichen. Es tritt nur auf, wenn das wasserlösliche, konjugierte (direkte) Bilirubin im Blut erhöht ist. Eine Bilirubinurie ist daher ein klares Zeichen für einen intra- oder posthepatischen Ikterus.
- Wichtiger diagnostischer Hinweis: Bei einem rein prähepatischen Ikterus, bei dem ausschließlich das unkonjugierte (indirekte) Bilirubin erhöht ist, bleibt der Urinbefund für Bilirubin negativ, da unkonjugiertes Bilirubin an Albumin gebunden und somit nicht nierengängig ist.
Die finale Interpretation der Befunde sollte immer im Zusammenhang mit weiteren Parametern wie dem Urobilinogen im Urin und der Stuhlfarbe erfolgen.