Definition von Aszites (Bauchwassersucht)
Aszites, umgangssprachlich auch Bauchwassersucht genannt, bezeichnet die pathologische Ansammlung von freier Flüssigkeit in der Peritonealhöhle (Bauchhöhle). Normalerweise befindet sich zwischen dem Darm und der Bauchwand keine Flüssigkeit, weshalb eine solche Ansammlung immer medizinisch abgeklärt werden muss.
Ätiologie: Ursachen des Aszites
Die Ursachen für Aszites sind vielfältig und werden in hepatische (die Leber betreffende) und nicht-hepatische Gründe unterteilt.
Hepatische Ursachen
Die mit Abstand häufigste Ursache für Aszites (in über 90 % der Fälle) ist die portale Hypertension, meist als Folge einer fortgeschrittenen Leberzirrhose. Weitere hepatische Ursachen umfassen das hepatozelluläre Karzinom, chronische oder schwere alkoholische Hepatitis sowie Lebervenenobstruktionen wie das Budd-Chiari-Syndrom.
Nicht-hepatische Ursachen
Zu den nicht-hepatischen Ursachen zählen systemische Erkrankungen, die zu einer generalisierten Flüssigkeitsansammlung führen. Hierzu gehören insbesondere die Rechtsherzinsuffizienz, das nephrotische Syndrom und schwere Hypoalbuminämie (Eiweißmangel). Auch peritoneale Erkrankungen wie die Peritonealkarzinose oder eine infektiöse Bauchfellentzündung können Aszites verursachen.
Einteilung und Klassifikation
Aszites wird klinisch nach Schweregraden und laborchemisch nach seiner Zusammensetzung eingeteilt.
Klinische Schweregrade
- Grad 1 (milder Aszites): Nur im Ultraschall nachweisbar.
- Grad 2 (moderater Aszites): Klinisch feststellbar, kann leichte Symptome verursachen.
- Grad 3 (starker Aszites): Deutlich sichtbar und meist symptomatisch.
Unterscheidung zwischen Transsudat und Exsudat
Die Analyse der Aszitesflüssigkeit, insbesondere die Unterscheidung zwischen Transsudat und Exsudat, ist entscheidend für die Ursachenfindung.
Transsudat
Ein Transsudat entsteht typischerweise durch einen erhöhten hydrostatischen Druck, wie bei der portalen Hypertension. Es ist charakterisiert durch:
- Einen niedrigen Proteingehalt (Gesamteiweiß < 3 g/dl).
- Einen Serum-Aszites-Albumin-Gradienten (SAAG) von > 1,1 g/dl.
- Ein niedriges spezifisches Gewicht (< 1,016 g/l).
- Ein klares bis bernsteinfarbenes Aussehen.
Exsudat
Ein Exsudat ist meist die Folge von entzündlichen oder malignen Prozessen. Es weist folgende Merkmale auf:
- Einen hohen Proteingehalt (Gesamteiweiß > 3 g/dl).
- Einen Serum-Aszites-Albumin-Gradienten (SAAG) von < 1,1 g/dl.
- Ein höheres spezifisches Gewicht (> 1,016 g/l).
Ein maligner Aszites, verursacht durch Tumoren wie Ovarialkarzinome oder eine Peritonealkarzinose, ist typischerweise ein Exsudat. Der Nachweis von Tumorzellen in der Zytologie ist beweisend, ihr Fehlen schließt einen malignen Aszites jedoch nicht aus.
Pathogenese
Die Entstehung von Aszites, insbesondere bei Leberzirrhose, ist ein komplexer Prozess. Die wichtigsten Mechanismen sind die portale Hypertension, die zu einer Hypervolämie im Splanchnikusgebiet führt, eine Hypalbuminämie, die den kolloidosmotischen Druck senkt, sowie eine Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS), was zu einer vermehrten Natrium- und Wasserrückresorption in der Niere führt.
Symptome und Klinik
Geringe Mengen Aszites sind oft asymptomatisch. Mit zunehmender Flüssigkeitsmenge kommt es zu einer sichtbaren Zunahme des Bauchumfangs und des Körpergewichts. Das Abdomen erscheint im Liegen "ausladend". Bei starkem Aszites können Dyspnoe (Atemnot) durch Zwerchfellhochstand und ein Nabelbruch (Tabaksbeutelphänomen) auftreten.
Diagnostik
Die Diagnostik zielt darauf ab, den Aszites nachzuweisen und seine Ursache zu klären.
Körperliche Untersuchung und Bildgebung
Während die körperliche Untersuchung (Perkussion, Undulationsphänomen) Hinweise geben kann, ist die Abdomen-Sonografie die sensitivste Methode zum Nachweis von Aszites. Bereits geringe Flüssigkeitsmengen (ab 50 ml) können als echofreier Saum um die Organe dargestellt werden.
Diagnostische Aszitespunktion (Parazentese)
Die diagnostische Punktion des Aszites ist ein zentraler Schritt zur Ursachenklärung. Sie ist bei jedem neu aufgetretenen Aszites indiziert. Routinemäßig werden folgende Parameter in der gewonnenen Flüssigkeit untersucht:
- Zellzahl und Differenzierung (Neutrophile > 250/μl deuten auf eine bakterielle Infektion hin)
- Gesamteiweiß und Albumin (zur Berechnung des SAAG und Unterscheidung von Transsudat/Exsudat)
- Mikrobiologische Kultur zum Nachweis von Infektionen
- Ggf. Zytologie bei Verdacht auf Malignität
Therapie des portalen Aszites
Die Behandlung richtet sich nach der Grunderkrankung. Beim häufigen portalen Aszites infolge einer Leberzirrhose erfolgt die Therapie nach einem Stufenschema.
Stufenschema der Aszitestherapie
- Stufe I: Basistherapie mit Natriumrestriktion (kochsalzarme Diät) und bei Hyponatriämie auch eine Flüssigkeitsrestriktion.
- Stufe II: Zusätzlich zur Basistherapie erfolgt die Gabe von Diuretika, primär ein Aldosteronantagonist wie Spironolacton, bei Bedarf in Kombination mit einem Schleifendiuretikum wie Furosemid.
- Stufe III (diuretikarefraktärer Aszites): Wenn die medikamentöse Therapie nicht ausreicht, sind regelmäßige therapeutische Parazentesen (großvolumige Punktionen) notwendig. Um einen Volumenmangel zu vermeiden, wird begleitend Albumin substituiert (6–8 g pro Liter Aszites). Als Ultima-Ratio-Verfahren kommen die Anlage eines TIPS (transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt) oder eine Lebertransplantation infrage.
Komplikationen
Die schwerwiegendste Komplikation des Aszites ist die spontane bakterielle Peritonitis (SBP). Dabei handelt es sich um eine bakterielle Infektion des Aszites ohne eine offensichtliche intraabdominelle Infektionsquelle, meist durch Translokation von Darmbakterien. Die SBP ist ein medizinischer Notfall und erfordert eine sofortige antibiotische Therapie. Weitere Komplikationen durch den erhöhten intraabdominellen Druck sind Hernien, Reflux und Dyspnoe.