Terminologie und Definition der AO-Klassifikation
Die AO-Klassifikation ist eine international anerkannte, systematische Einteilung von Knochenbrüchen (Frakturen) mittels eines alphanumerischen Codes. Die Abkürzung "AO" steht für die 1958 gegründete "Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese".
Hauptzweck dieser Klassifikation ist die standardisierte Dokumentation von Frakturtypen, um eine präzise Kommunikation unter Medizinern zu ermöglichen und die Vergleichbarkeit von Frakturen, beispielsweise für wissenschaftliche Studien, zu gewährleisten.
Methode der Klassifikation
Der Code der AO-Klassifikation liefert detaillierte Informationen über die Lokalisation der Fraktur (welcher Knochen und welches Segment betroffen ist) sowie über den Schweregrad, der die Komplexität und die Prognose der Verletzung widerspiegelt.
1. Lokalisation
Die ersten beiden Ziffern des Codes definieren den Ort der Fraktur:
- Erste Ziffer: Gibt die Körperregion an (z.B. 1 = Humerus, 2 = Unterarm).
- Zweite Ziffer: Bezeichnet das betroffene Knochensegment (z.B. 1 = proximal, 2 = diaphysär/Schaft, 3 = distal).
2. Schweregrad (Frakturtyp)
An dritter Stelle steht ein Buchstabe (A, B oder C), der die Morphologie und Komplexität der Fraktur beschreibt. Die Bedeutung dieses Buchstabens unterscheidet sich fundamental zwischen Schaft- und Gelenkfrakturen.
Schaftfrakturen
- Typ A: Einfache Fraktur (z.B. eine simple Quer- oder Schrägfraktur).
- Typ B: Mehrfachfragmentäre Fraktur (Keilfraktur), bei der nach der Reposition Kontakt zwischen den Hauptfragmenten besteht.
- Typ C: Komplexe Fraktur, bei der kein Kontakt zwischen den Hauptfragmenten nach der Reposition möglich ist.
Gelenkfrakturen
- Typ A: Extraartikuläre Fraktur (der Bruch liegt außerhalb des Gelenks).
- Typ B: Partielle Gelenkfraktur (nur ein Teil der Gelenkfläche ist betroffen, während der Rest mit dem Schaft verbunden bleibt).
- Typ C: Vollständige Gelenkfraktur (die Gelenkfläche ist komplett vom Schaft getrennt und in mehrere Fragmente zerbrochen).
3. Prognose und weitere Spezifizierung
Zwei weitere Ziffern können zur weiteren Detaillierung angehängt werden, um Gruppen und Untergruppen zu definieren. Diese geben Auskunft über die zunehmende Komplexität und die damit verbundene Prognose (z.B. 1 = einfach, 2 = schwierig, 3 = sehr schwierig).
Beispiele für die AO-Klassifikation
Unterarmschaftfrakturen
Eine einfache, diaphysäre (im Schaftbereich gelegene) Fraktur des Radius wird als 2R2A-Fraktur klassifiziert:
- 2R: Lokalisation am Radius (Unterarm).
- 2: Diaphysäres (mittleres) Segment.
- A: Einfache Frakturmorphologie.
Humeruskopffrakturen (AO/OTA-Klassifikation)
- A-Frakturen: Extraartikuläre, unifokale 2-Fragment-Fraktur.
- B-Frakturen: Extraartikuläre, bifokale 3-Fragment-Fraktur.
- C-Frakturen: Artikulare (das Gelenk betreffende) oder 4-Fragment-Fraktur.