Definition und Terminologie der Analgosedierung
Die Analgosedierung bezeichnet die kombinierte und gleichzeitige Verabreichung von Schmerzmitteln (Analgetika) und Beruhigungsmitteln (Sedativa). Ziel ist es, einen Zustand der Sedierung (Beruhigung, Dämpfung) und Analgesie (Schmerzlinderung) zu erreichen. Ein Patient, der diese Medikamente erhält, wird als analgosediert bezeichnet.
Indikationen und Grundprinzipien
Eine Analgosedierung wird bei verschiedenen Zuständen in der Intensivmedizin erwogen, darunter Angst, starke Schmerzen, schwere Gasaustauschstörungen oder zur Dämpfung eines Hypermetabolismus. Dabei gelten zwei entscheidende Grundprinzipien:
- Die Indikation muss zwingend notwendig sein.
- Die Notwendigkeit der Analgosedierung muss täglich neu geprüft und bewertet werden.
Analgosedierung in der Intensivmedizin
Ziele
Das Hauptziel ist eine möglichst schmerz-, angst- und stressfreie Behandlung des Intensivpatienten. Weitere Ziele umfassen:
- Psychomotorische Ruhigstellung (Sedierung, Anxiolyse, Amnesie)
- Vegetative Abschirmung zur Vermeidung überschießender Kreislaufreaktionen
- Toleranz gegenüber invasiven Maßnahmen wie der maschinellen Beatmung
- Reduktion des Sauerstoffverbrauchs
Sedierungstiefe und Überwachung
Eine zu tiefe Sedierung ist mit Risiken wie verlängerter Beatmungsdauer und erhöhter Mortalität verbunden. Daher wird eine adäquate, möglichst flache Sedierungstiefe angestrebt. Die zentralen Ziele der Überwachung sind:
- Der Patient muss neurologisch beurteilbar bleiben.
- Die Kooperationsfähigkeit des Patienten soll erhalten bleiben.
Die Beurteilung der Sedierungstiefe erfolgt klinisch und mithilfe validierter Scores.
Anzeichen für eine zu flache Sedierung
Klinische Zeichen einer unzureichenden Sedierung umfassen Tachykardie, Schwitzen, Abwehrbewegungen, Husten oder das "Kämpfen" gegen das Beatmungsgerät (Gegenatmung/Pressen).
Richmond Agitation and Sedation Scale (RASS)
Die RASS gilt als Goldstandard zur Beurteilung der Sedierungstiefe. Die Skala reicht von +4 (gewalttätig, "rasend") über 0 (wach und ruhig) bis -5 (nicht erweckbar, keine Reaktion auf Reize). Ein Zielbereich ist oft ein RASS-Score von 0 bis -2, um den Patienten kooperativ, aber ruhig zu halten.
Ramsay-Skala
Die Ramsay-Skala ist ein weiteres Instrument zur klinischen Einschätzung der Sedierung, das von Stufe 1 (ängstlich-agitierter Patient) bis Stufe 6 (komatöser Patient ohne Reaktion auf Schmerzreize) reicht.
Medikamente und Kombinationen
Typische Medikamentenkombinationen
- Für beatmete Patienten mit starken Schmerzen: Häufig wird ein Opioid (z.B. Sufentanil) mit einem Sedativum wie Clonidin oder einem Benzodiazepin (z.B. Midazolam) kombiniert. Die Kombination mit Propofol ist aufgrund der kurzen Wirkdauer und guten Steuerbarkeit besonders für kurze Prozeduren oder das Weaning geeignet.
- Bei Schädel-Hirn-Trauma (SHT) oder Hirndruck: Hier kann die Kombination eines Opioids mit einem Barbiturat (z.B. Thiopental) zur Senkung des zerebralen Sauerstoffverbrauchs indiziert sein. Vorsicht ist geboten, da die lange Halbwertszeit von Thiopental zu starker Kumulation, verzögertem Erwachen und einer eingeschränkten neurologischen Beurteilbarkeit führen kann.
- Bei Erhalt der Spontanatmung: Die Kombination von Ketamin und einem Benzodiazepin (z.B. Midazolam) bietet den Vorteil einer stabilen Analgesie bei geringer Atemdepression und kaum Blutdruckabfällen.
Kontextsensitive Halbwertszeit
Dieser Begriff beschreibt, wie die effektive Halbwertszeit eines Medikaments von der Dauer seiner Infusion abhängt. Bei vielen Opioiden und Sedativa führt eine längere Infusionsdauer durch Anreicherung im Gewebe zu einer deutlich verlängerten Wirkdauer nach dem Absetzen der Infusion. Dies ist für die Steuerbarkeit der Analgosedierung und die Planung des Aufwachens (Weaning) von entscheidender Bedeutung.
Delir als Komplikation
Definition und Formen
Das Delir ist eine akute, meist reversible, organisch bedingte Psychose mit fluktuierendem Verlauf. Leitsymptome sind neu aufgetretene Bewusstseins- und Orientierungsstörungen. Man unterscheidet ein hyperaktives Delir (motorische Unruhe, Aggressivität) und ein hypoaktives Delir (Verlangsamung, Apathie).
Therapie des Delirs
Die wichtigste therapeutische Maßnahme ist die Ursachenbekämpfung. Der Grundsatz lautet:
- Elimination von allen Faktoren, die ein Delir auslösen oder fördern können.
Dazu gehören die Korrektur von Stoffwechselentgleisungen, eine adäquate Schmerztherapie, frühzeitige Mobilisierung, die Sicherstellung eines Tag-Nacht-Rhythmus und die Überprüfung der Medikation auf delirfördernde Substanzen. Medikamentöse Therapien (z.B. mit Melperon oder Clonidin) sollten nur symptomorientiert und zeitlich begrenzt eingesetzt werden.