Definition und Wirkmechanismus von Amiodaron
Amiodaron (Handelsname z.B. Cordarex®) ist ein hochwirksames Antiarrhythmikum der Klasse III. Als Kaliumkanalblocker verlängert es die Dauer des Aktionspotenzials und der Refraktärzeit in den Herzzellen, was zur Stabilisierung des Herzrhythmus beiträgt.
Indikationen
Amiodaron wird sowohl in der Akuttherapie als auch zur Dauertherapie und Rezidivprophylaxe von schweren Herzrhythmusstörungen eingesetzt.
Akuttherapie
- Behandlung hämodynamisch stabiler ventrikulärer Tachykardien.
- Einsatz bei pulslose ventrikulärer Tachykardie (pVT) und therapierefraktärem Kammerflimmern im Rahmen der Reanimation.
- Therapie von therapierefraktären supraventrikulären Tachykardien bei Patienten mit gleichzeitig bestehender, höhergradiger linksventrikulärer Dysfunktion.
Rezidivprophylaxe und Dauertherapie
- Zur Verhinderung erneuter Episoden nach erfolgreicher Defibrillation bei Kammerflimmern.
- Zur Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus nach elektrischer Kardioversion bei Vorhofflimmern.
- Als Dauertherapie bei ansonsten therapieresistenten supraventrikulären und ventrikulären tachykarden Herzrhythmusstörungen.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Die Therapie mit Amiodaron ist mit einem breiten Spektrum an Nebenwirkungen assoziiert, die regelmäßige Kontrollen erfordern.
- Schilddrüsenfunktionsstörungen: Aufgrund des hohen Jodgehalts (eine 200-mg-Tablette enthält 75 mg Jod) sind sowohl eine Hypothyreose als auch eine Hyperthyreose häufig. Dies kann bis zu einer lebensbedrohlichen thyreotoxischen Krise (Amiodaron-induzierte Thyreotoxikose, AIT) führen.
- Lungenfibrose: Eine seltene, aber sehr schwere Nebenwirkung ist die Entwicklung einer alveolären und interstitiellen Lungenerkrankung, die in eine Lungenfibrose übergehen kann.
- Amiodaron-Keratopathie: Es kommt zu gelbbraunen Ablagerungen auf der Hornhaut (Cornea verticillata), die zu Sehstörungen führen können, aber meist reversibel sind.
- Photosensibilisierung: Die Haut reagiert überempfindlich auf Sonnenlicht, was zu Erythemen und bei längerer Einnahme zu einer schiefergrauen bis dunkelvioletten Hyperpigmentierung (Pseudozyanose) führen kann.
- Neurologische Symptome: Periphere Neuropathien, Tremor, Ataxie und Kopfschmerzen können auftreten.
- Kardiale Effekte: Ein zu schneller i.v.-Gabe kann ein Blutdruckabfall folgen. Eine geringe negative Inotropie und Leitungsverzögerungen sind ebenfalls möglich.
Kontraindikationen (KI)
Amiodaron darf unter anderem in folgenden Fällen nicht angewendet werden:
- Jodallergie
- Sinusbradykardie und höhergradige AV-Blockierungen
- Bestehende Schilddrüsenerkrankungen
- Schwere Lungenerkrankungen
- Schwangerschaft, Stillzeit und bei Frauen im gebärfähigen Alter
- Gleichzeitige Einnahme von MAO-Hemmern
Wechselwirkungen und Pharmakologie
Amiodaron weist eine extrem lange Halbwertszeit von bis zu 100 Tagen auf, was bei der Steuerung der Therapie und bei Wechselwirkungen zu beachten ist.
Wichtige Wechselwirkungen
- Hemmung von CYP-Enzymen: Amiodaron ist ein potenter Hemmer verschiedener Cytochrom-P450-Isozyme (v.a. CYP3A4, CYP2C9). Dies führt zu erhöhten Plasmaspiegeln zahlreicher anderer Medikamente.
- Folgen der CYP-Hemmung:
- Cumarine (z.B. Phenprocoumon): Erhöhte Plasmaspiegel und dadurch stark erhöhte Blutungsneigung.
- Simvastatin: Erhöhtes Risiko für eine Rhabdomyolyse.
- Ciclosporin: Erhöhte Gefahr toxischer Nebenwirkungen.
- Digoxin: Amiodaron erhöht den Digoxin-Spiegel durch Hemmung des P-Glykoproteins (P-Gp) und der renalen Elimination, was das Risiko einer Digitalis-Intoxikation steigert.