⭕⚠️ • akutes Koronarsyndrom (ACS)
ACS verstehen: Pathophysiologie, Diagnose (EKG, Biomarker) & Therapie. Ideal für Medizinstudenten & Ärzte.
Definition des akuten Koronarsyndroms (ACS)
Das akute Koronarsyndrom (ACS) ist ein Oberbegriff für potenziell lebensbedrohliche Krankheitsbilder, die durch eine koronare Minderperfusion (eine unzureichende Blutversorgung des Herzmuskels) verursacht werden. Es handelt sich hierbei nicht um eine eigenständige Erkrankung, sondern um eine Arbeitsdiagnose. Diese wird gestellt, da eine rein klinische Unterscheidung zwischen einer instabilen Angina pectoris und einem akuten Myokardinfarkt (NSTEMI oder STEMI) initial nicht möglich ist.
Ursachen (Ätiologie)
Die häufigste Ursache für ein ACS ist die stenosierende koronare Herzkrankheit (KHK). Dabei führt die Ruptur einer arteriosklerotischen Plaque in einer Koronararterie zur Bildung eines Thrombus (Blutgerinnsels), der das Gefäß verengt oder verschließt und so die Minderperfusion des Myokards auslöst. Seltenere Ursachen sind Koronarspasmen oder eine Koronarembolie.
Einteilung nach EKG-Befund
Die initiale Einteilung des ACS erfolgt anhand des Elektrokardiogramms (EKG) und ist entscheidend für das weitere Vorgehen:
- STE-ACS (ST-Hebungs-ACS): Kennzeichnet ein akutes Koronarsyndrom mit einer persistierenden ST-Strecken-Hebung im EKG. Dies entspricht in der Regel einem ST-Hebungsinfarkt (STEMI). Auch ein neu aufgetretener Linksschenkelblock kann als Äquivalent gewertet werden.
- NSTE-ACS (Nicht-ST-Hebungs-ACS): Umfasst das akute Koronarsyndrom ohne ST-Hebung. Hierzu zählen der Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) und die instabile Angina pectoris.
Symptomatik
Leitsymptom: Brustschmerz
Das Leitsymptom des ACS ist ein akut einsetzender, starker Schmerz, der meist retrosternal (hinter dem Brustbein) oder links parasternal lokalisiert ist. Der Schmerz wird oft als drückend, brennend oder einschnürend beschrieben und ist von einem starken Enge- oder Beklemmungsgefühl begleitet. Typischerweise strahlt der Schmerz aus in:
- Linke Schulter und linker Arm
- Hals, Unterkiefer oder Oberbauch
- Seltener in den rechten Arm oder beide Arme
Weitere Symptome und Besonderheiten
Häufig treten vegetative Begleitsymptome wie Kaltschweißigkeit, Übelkeit, Erbrechen und Blässe auf. Weitere Anzeichen können Dyspnoe (Atemnot) und ein akutes Vernichtungsgefühl mit Todesangst sein. Bei Frauen, älteren Patienten und Diabetikern kann die Symptomatik atypisch sein oder ganz fehlen (sogenannter "stummer Infarkt"), was die Diagnose erschwert.
Diagnostik bei Verdacht auf ACS
Bei Verdacht auf ein akutes Koronarsyndrom sind sofortige diagnostische Maßnahmen zur schnellen Risikobewertung und Therapieentscheidung essenziell.
Unmittelbare Diagnostik
Die beiden wichtigsten Säulen der Initialdiagnostik sind:
- 12-Kanal-EKG: Muss schnellstmöglich, idealerweise innerhalb von 10 Minuten nach dem ersten medizinischen Kontakt, geschrieben und befundet werden. Es dient der entscheidenden Unterscheidung zwischen STE-ACS und NSTE-ACS.
- Kardiale Biomarker: Eine sofortige Blutentnahme zur Bestimmung der Herzenzyme, insbesondere des hochsensitiven kardialen Troponins (hs-cTnT), ist zwingend erforderlich. Ein Anstieg des Troponins bestätigt eine Myokardschädigung und differenziert den NSTEMI von der instabilen Angina pectoris.
Die Kombination aus Anamnese, klinischer Symptomatik, EKG-Befund und Troponin-Wert führt zur endgültigen Diagnose.
Therapie: Notfallmaßnahmen
Die Therapie des ACS beginnt bereits präklinisch durch den Rettungsdienst und zielt darauf ab, den Schmerz zu lindern, die Myokardischämie zu begrenzen und Komplikationen zu verhindern.
Allgemeine Sofortmaßnahmen
- Lagerung mit erhöhtem Oberkörper (ca. 30°) zur Entlastung des Herzens
- Beruhigung des Patienten und Immobilisation (keine körperliche Anstrengung)
- Sauerstoffgabe nur bei Hypoxämie (Sauerstoffsättigung < 90 %)
- Anlage eines intravenösen Zugangs und kontinuierliches Monitoring der Vitalparameter
Medikamentöse Therapie (MONA-Schema)
Das MONA-Schema dient als Merkhilfe, wobei die Indikation für jede Maßnahme individuell geprüft werden muss:
- M - Morphin: Zur Linderung starker Schmerzen und zur Sedierung.
- O - Oxygen (Sauerstoff): Nur bei nachgewiesener Hypoxämie indiziert.
- N - Nitroglycerin: Zur Vasodilatation bei persistierenden Schmerzen oder Hypertonie, kontraindiziert bei Hypotonie.
- A - ASS (Acetylsalicylsäure): Eine sofortige Gabe von 150–300 mg p.o. oder 75–150 mg i.v. ist bei jedem Patienten mit Verdacht auf ACS entscheidend, um die Thrombozytenaggregation zu hemmen.
Zusätzlich wird eine gerinnungshemmende Therapie mit Heparin eingeleitet, um die Thrombusbildung zu stoppen.
Prävention
Die Prävention zielt darauf ab, das Auftreten eines ACS zu verhindern (Primärprävention) oder ein erneutes Ereignis abzuwenden (Sekundärprävention). Zentrale Maßnahmen umfassen die Reduktion beeinflussbarer kardiovaskulärer Risikofaktoren durch Lebensstiländerungen (Bewegung, Gewichtsnormalisierung, Nikotinkarenz) sowie eine medikamentöse Dauertherapie mit ASS und Statinen.